Hilfe am virtuellen GartenzaunProjekt „Kompetenz-Digital“ in Lindlar startet
Bislang ging’s ja gut ohne: Ohne App, ohne Internet, ohne Kreditkarte. Die Bank um die Ecke, der Bäcker akzeptiert ohnehin kein EC und der Hausarzt schwört aufs Fax. Das war vor Corona.
Die Pandemie hat die Region seit einem Jahr in die erzwungene Distanz geschickt und die Digitalisierung beschleunigt. „Dadurch „steuern wir auf eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu“, sagt Kai Zander vom Quartiersbüro von Lindlar-verbindet.
Kreis will Erfahrungen für andere Orte nutzen
Ältere Menschen, Menschen mit geringem Einkommen oder auch anderen Handicaps werden von weiten Teilen des gesellschaftlichen Lebens abhängt, bleiben sie analog. Rund 4400 Menschen betrifft das allein in der Gemeinde Lindlar, schätzt Zander, der bundesweite Zahlen als Vergleich heruntergerechnet hat.
Das neue Projekt „Kompetenz-Digital“ soll das ändern. Das Konzept steht und Freitag war der offizielle Start. Das Projekt wird von der Stiftung Wohlfahrtspflege mit weit über 100 000 Euro gefördert und soll Menschen helfen, Smartphone, Tablet oder Computer zu nutzen, um länger ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Erfahrung mit Vernetzung
Der Trägerverein der Quartiersarbeit in Lindlar hat bereits Erfahrung mit Vernetzung. 2016 richtete „Lindlar verbindet“ das soziale Telefon ein, bei dem Angebote wie Fahrdienst, Taschengeldbörse und Bürgerbus per Telefon abgefragt werden können. „Eben weil wir viele Menschen nicht über das Internet erreichen konnten“, erinnert sich Vorstand Wolfgang Schröder. Das soll sich nun ändern – zu viel des Alltags ist digitalisiert worden, als dass man außen vor bleiben könne.
Fragen und Antworten zu „Kompetenz-digital“
Was soll das Projekt „Kompetenz digital?“Das Projekt soll gerade Menschen helfen, die nicht mit digitaler Technik aufgewachsen sind, die Technik anzuwenden.
Was habe ich im Alltag davon?Gerade Seniorinnen und Senioren können sich wieder ein Stück Unabhängigkeit zurückerobern, wenn sie zum Beispiel Bankgeschäfte wieder selbst von Zuhause erledigen können. Wenn sie kurzen Kontakt zu Kindern und Enkeln halten können.
Erklärt mir jemand, wie ich WhatsApp starte?Ja. Aber vor allem sollen Nutzerinnen und Nutzer lernen, wie sie sicher mit ihrem Smartphone souverän umgehen können. Kurz: Hilfe zur digitalen Selbsthilfe. Das ist der Baustein Digital-Begleitung, der rein ehrenamtlich organisiert wird und bei dem sogenannte Digitale Begleiter als Ansprechpartner da sind und auch nach Hause kommen.
Neben der Technik, was ist mit Alltagshilfe?Das Projekt soll stetig erweitert und ausgebaut werden. Als erster konkreter Ansatz hat sich die Kreissparkasse Köln für die Nutzung ihrer Online-Dienste angeschlossen. Auch die „Gesundheitsregion Köln/Bonn“ wird Angebote beisteuern.
Ziel ist es, eine Lindlar-App zu entwickeln, die Angebote für Menschen in der Gemeinde bündelt. Funktioniert die App, soll sie ebenfalls stufenweise weiterentwickelt werden. Zum Projektstart kündigte Frank Herhaus vom Oberbergischen Kreis an, dass Ergebnisse und Erfahrungen auch in eine Kooperation zur geplanten Dorf-App für den gesamten Oberbergischen Kreis fließen sollten.
Bekommt Lindlar jetzt eine eigene Shopping-App?Die Aktionsgemeinschaft Lindlar, in der sich lokale Händler und Dienstleister organisiert haben, arbeitet mit dem Quartiersbüro im Projekt „Laden.Leben.Lindlar“ zusammen. Möglich ist dabei ein einheitliches, digitales Einkaufszentrum. Darin können sich einzelne Läden präsentieren, die tatsächliche Abwicklung des Einkaufs bleibt weiter bei den Läden. Kerngedanke soll, wie auch bei– den sozialen Aspekten – die Vernetzung sein. Vernetzt werden soll auch das Rathaus mit den verfügbaren Online-Angeboten.
Wer ist meine Ansprechpartnerin?Simone Weißenborn wird die Arbeit der Digital-Begleiter steuern. Anfragen werden unter der Telefon-Nummer 0 22 66/ 4 40 72 04 koordiniert. Erreichbar ist sie auch per E-Mail an: simone.weissenborn@lindlar-verbindet.de. Als nächstes wird die Internet-Seite www.lindlar-digital.de freigeschaltet.
Ergebnis ist ein Projekt, das technische Hilfe, Fortbildung und Vernetzung bündelt. Es bringt die lokale Nachbarschaftshilfe ins weltweite Netz. Es soll ein Beispiel werden, wie die Technik im Alltag vor allem älteren Menschen helfen kann.
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Entsprechend groß ist die Basis, von der Kompetenz-Digital gefördert wird: Bundestagsabgeordneter Dr. Carsten Brodesser (CDU) unterstützt das Projekt und mit im Boot ist neben der Gemeinde der Oberbergische Kreis. In Gummersbach sehe man das Modell als Chance für viele Kommunen. „Wir wollen aus den Erfahrungen lernen“, so Dezernent Frank Herhaus.