Der seit Montag gültige Sonderfahrplan stößt gerade im Schülerverkehr auf viel Kritik.
EinschnitteOberbergs Eltern reagieren genervt auf den neuen Busfahrplan der Ovag
Am Bergneustädter Wüllenweber-Gymnasium dauert die sechste Stunde neuerdings nur 40 Minuten, zumindest für die Schülerinnen und Schüler, die zwischen Immicke und Belmicke zu Hause sind. Die Hausaufgaben werden bereits zeitig formuliert und das sei auch bitter nötig, berichtet Direktorin Monika Türpe. Denn wenn die Othetaler fünf Minuten vor dem Gong verabschiedet werden, müssen sie die Beine in die Hand nehmen. Punkt 13.30 Uhr schließt der Busfahrer am Graf-Eberhard-Platz im Zentrum die Türen und tritt aufs Gaspedal. Wer bis dahin nicht im Bus sitzt, muss eine ganze Stunde warten.
So hektisch der Schultag für den Nachwuchs vom Otheufer also endet, so gemächlich beginnt er am Morgen. Auch das hängt mit der Linie 313 zusammen. Um 6.51 Uhr hält der Bus etwa auf der Belmicke. Kurvt er planmäßig durch das Othetal, stehen die Kinder und Jugendlichen um 7.02 Uhr in der Neustädter City. Für den Fußweg zum Gymnasium haben sie diesmal reichlich Zeit, der Unterricht beginnt erst 48 Minuten später.
Bergneustädter Grundschüler stehen viel früher auf dem Schulhof
Zeitgleich sind im Stockdüstern übrigens auch die Sonnenschüler unterwegs – den Grundschülern bleiben für den Gang auf den Bursten sogar satte 63 Minuten, was der Schule Probleme bei der Aufsicht bereitet, wie Schulleiterin Gabriele von Blücher betont. Bisher begann die Frühschicht auf dem Pausenhof nämlich um 7.45 Uhr, doch nun stehen die Kinder aus dem Othetal schon eine halbe Stunde zuvor auf dem Gelände. „Bei allem Verständnis für die Nöte der Ovag: Die Zumutbarkeit für die Kinder ist hier überschritten“, so von Blücher.
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Seit Montag versuchen sich die Schülerinnen und Schüler, ihre Eltern und die Schulen der Region mit dem Sonderfahrplan der Oberbergischen Verkehrsgesellschaft (Ovag) zu arrangieren. Mit dem neuen Linienplan reagiert die Ovag auf den gravierenden Fahrermangel, Verbindungen wurden gestrichen oder ausgedünnt. Schon bei der Bekanntgabe des neuen Konzepts Ende November hatte die Ovag allerdings betont, gerade die für Schüler relevanten Fahrten sollten erhalten bleiben. Doch besonders für den Schülerverkehr hagelt es nun Kritik.
Nicht nur die Othetaler schimpfen auf die neuen Fahrzeiten der 313. In Wipperfürth-Ohl mussten am Montag Kinder den übervollen Bus der Linie 336 aus Marienheide wieder verlassen, meldet das Sekretariat des Engelbert-von-Berg-Gymnasiums. Schüler der Engelskirchener Ortschaften Schnellenbach, Remerscheid und Wallefeld, die das Gummersbacher Lindengymnasium ansteuern, sind neuerdings entweder 65 Minuten vor Unterrichtsbeginn am Bahnhof der Kreisstadt oder sie nehmen den späteren Bus der Linie 317 und müssen dann in zwei Minuten vom Bahnhof an die Moltkestraße sausen.
Ohne Anschluss blieben zunächst auch die Drabenderhöher, die um 7 Uhr mit der 319 nach Bielstein und von dort weiter zum Wiehler Gymnasium wollten. Carla Weber, deren 15-jähriger Sohn vergeblich wartete, ist sauer: „Dieser Bus fährt seit fünf Wochen nicht. Wir haben deshalb viel Hoffnung in die Fahrplanumstellung gesetzt, die ja alles verlässlicher machen sollte. Und nun fährt der Bus immer noch nicht.“
Ovag-Geschäftsführerin nimmt Kritik ernst
Andere Drabenderhöher erhielten auf ihre schriftliche Beschwerde hin vom Ovag-Kundenzentrum den Rat, das On-Demand-Angebot Monti zu nutzen. Weber dazu: „Mal ehrlich: Wie soll denn ein voll besetzter Schulbus in den Monti passen?“
Ovag-Geschäftsführerin Corinna Güllner nimmt die Kritik aus dem Kreis durchaus ernst. „Wir möchten das Busfahren ja gerne attraktiver machen, aber momentan bewegen wir uns leider in die Gegenrichtung.“ Mit der Linie 319 in Drabenderhöhe und der Verbindung zum Berufskolleg Dieringhausen habe man bereits zwei Routen identifiziert, bei denen sofort Handlungsbedarf bestehe. „Notfalls setzen wir da Verwaltungsmitarbeiter ans Steuer.“
In dieser Woche werde man weitere Beschwerden auswerten. Möglich seien Änderungen zum Beispiel zum Ende des Schulhalbjahres Ende Januar. Güllner stellt aber auch klar, dass es bei Einschneidungen bleiben wird. Bei 900 Haltestellen und 40 weiterführenden Schulen sei es unmöglich, alle Wünsche zu erfüllen.
Das mobile Ovag-Konzept „Monti“ ist gestern auch für die Gemeinde Marienheide vorgestellt worden. Das Pilotprojekt eines flexiblen On-Demand-Angebotes (nach Bedarf) des Oberbergischen Kreises mit Autos ähnlich einem „London-Taxi“ soll das Anbinden der Dörfer an den Kernort für die Dinge des täglichen Bedarfs barrierefrei ermöglichen. 2021 in Wiehl gestartet und inzwischen auch in Nümbrecht eingesetzt, sind ab sofort auch zwei Fahrzeuge in Marienheide unterwegs.
„Hiermit schaffen wir für die Bürger neue Nutzungsmöglichkeiten, insbesondere abseits der Hauptlinien. Mit einer klugen Vernetzung der ÖPNV-Angebote können wir zu einer nachhaltigeren und besseren Mobilität für viele Menschen im Kreis beitragen“, sagte Landrat Jochen Hagt. Dass „Monti“ ein Erfolgsprojekt sei, betonte Ovag-Geschäftsführerin Corinna Güllner:„Wir sind klein gestartet und haben uns kontinuierlich verbessert – in diesem Jahr erwarten wir noch den 50 000. Fahrgast“, so Güllner. Insbesondere die Monti-Fahrer hätten an dem Gelingen mitgewirkt, so Güllner. Dazu benötigten die Fahrer keinen Busführerschein.
Marienheides Bürgermeister sieht im Monti eine große Chance
Marienheides Bürgermeister Stefan Meisenberg sieht in „Monti“ eine Chance, nachdem der Bürgerbus in der Gemeinde gescheitert war. Insgesamt 67 Bushaltestellen sowie 137 virtuelle Haltestellen per App „Ovag-monti“ (Zahlung per Kreditkarte oder Paypal) werden künftig in Marienheide angefahren. Auch telefonisch kann „Monti“ unter der Nummer (0 22 61) 91 12 71 gebucht werden. Fahrgäste mit Deutschlandticket oder VRS-Ticket zahlen lediglich den „On-Demand“-Zuschlag in Höhe von 2 Euro für Erwachsene und 1 Euro für Kinder.
Wer kein Ticket hat, erwirbt zusätzlich einen Einzelfahrschein per App oder im Fahrzeug selbst. Die Bedienzeiten für Marienheide sind: Montag bis Donnerstag von 6 bis 22 Uhr; Freitag von 6 bis 24 Uhr; Samstag von 8 bis 24 Uhr sowie Sonntag von 8 bis 22 Uhr.