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Bilanz und AusblickMorsbach erlebt 2024 zwischen großer Einheit und tiefer Zerrissenheit

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Im vergangenen September wurde in der Ortsmitte von Morsbach das Fassadenbild der Künstlerin Nadja Schwendemann an der Morsbach-Promenade eingeweiht.

Im vergangenen September wurde in der Ortsmitte von Morsbach das Fassadenbild der Künstlerin Nadja Schwendemann an der Morsbach-Promenade eingeweiht.

Vor allem in der Gemeindepolitik hat es so manchen Paukenschlag gegeben, der noch nachhallt. Und bald gibt es einen neuen Bürgermeister.

„Ein historischer Moment“: Das waren die Worte von Morsbachs Bürgermeister Jörg Bukowski während der Ratssitzung im Januar 2024, nachdem der Gemeinderat nahezu einstimmig den Haushalt für das aktuelle Jahr verabschiedet hatte. Angelika Vogel von den Grünen erinnerte sich, dass das in Morsbach zuletzt vor rund 35 Jahren so gewesen sei.

Wochen zuvor hatte der Rathauschef von einem „traurigen, historischen Moment“ gesprochen, als der neue Haushalt eingebracht wurde und Bukowski erklären musste, dass die Gemeinde erstmals in diesem Jahrhundert nicht mehr an einem Haushaltssicherungskonzept vorbeikomme. Kurz darauf durfte sich Kämmerer Klaus Neuhoff allerdings über Nachzahlungen bei der Gewerbesteuer in Höhe von rund drei Millionen Euro freuen – und so war dieses Thema erst einmal vom Tisch. Bukowski dämpfte die Stimmung jedoch etwas: „Langfristig ist es keine Lösung, sich auf solche Glücksfälle zu verlassen.“

Auf dem Sportplatz des SV Morsbach geht es zügig voran, in Sachen Jugendherberge dagegen gar nicht

Nach dem vielversprechenden Auftakt war das Jahr 2024 geprägt von zahlreichen Bauvorhaben. Ein Herzblutprojekt in Kooperation mit dem SV Morsbach ist die Sanierung des Sportplatzes „Auf der Au“, nachdem länger die Möglichkeit im Raum gestanden hatte, an die Hahner Straße umzuziehen. Bereits im April erfolgte der Abbruch des alten Imbissgebäudes, im Mai hatte der SV den knapp 20 Jahre alten Kunstrasen in Eigenleistung entfernt. Nach den Tiefbauarbeiten im Sommer wurde im Herbst der neue Kunstrasen verlegt. Für dieses Jahr geplant sind noch der Bau einer Tribüne, einer barrierefreien Zuwegung und eines Sanitärgebäudes.

Ebenfalls im April schien sich eine neue Zukunft für die inzwischen seit rund sechs Jahren leerstehende Jugendherberge abzuzeichnen. Ein Siegener Investor stellte seine Idee vor, die Gebäude des Deutschen Jugendherbergswerks als Förderschule zu nutzen. Nach aktueller Auskunft des Bürgermeisters gibt es in dieser Hinsicht allerdings bislang keine neuen Entwicklungen.

Nach einer „Grünen Oase“ erhält Lichtenberg auch einen neuen Festplatz

Fortschritt erlebte jedoch die Gestaltung des Festplatzes in Lichtenberg: Nachdem bereits im Jahr zuvor die benachbarte „Grüne Oase“ eröffnet worden war, konnte im Juni auf der einen Hälfte des Platzes eine barrierefreie, multifunktionale Sportanlage eingeweiht werden. Ebenfalls in jenem Monat fand im kleinen Ort Überholz der Spatenstich für den flächendeckenden Breitbandausbau durch das Unternehmen Muenet statt. Zudem startete der Bau des ersten Nahwärmenetzes in der Gemeinde. In Holpe werden nun das Feuerwehrgerätehaus und die benachbarte Johanniter-Kita gemeinsam beheizt, der Anschluss weiterer Wohngebäude ist möglich.

Im August wurde in Morsbach die Querung über die Wisser hinter dem Kulturbahnhof hergestellt, die zusammen mit der baugleichen Brücke am Kurpark eine naturnahe, barrierefreie Verbindung der beiden Areale herstellt. Aufsehen erregte die Bemalung der bis dahin kahlen Rückwand eines Gebäudes am Morsbach, gegenüber der neugestalteten Promenade an der Bachstraße. Im Auftrag des Heimatvereins hatte die Morsbacher Künstlerin Nadja Schwendemann in mehrwöchiger Arbeit von einem Hubsteiger aus eine idyllische Landschaft auf die Fassade gezaubert, im September wurde das Gemälde eingeweiht.

Geplante Energie-Projekte sorgen in der Gemeinde Morsbach für Unmut

Für großen Unmut in der Bevölkerung und bei Naturschützern sorgten 2024 mehrere Planungen auf dem Energiesektor. In der Zeit um den Jahreswechsel stellte die Firma Altus ihr Projekt vor, die bestehenden drei Windräder auf dem Höhenrücken oberhalb von Wendershagen durch vier neue, 250 Meter hohe Anlagen zu ersetzen – zwei davon in der Gemeinde Morsbach, die beiden anderen auf Friesenhagener Boden.

Im Frühsommer gingen Bewohnerinnen und Bewohner des Asbachtals auf die Barrikaden, nachdem bekanntgeworden war, dass das Kölner Unternehmen Rheinenergie in Kooperation mit der Aggerenergie dort den Solarpark Asbachtal auf einer Fläche von nahezu 30 Hektar errichten will. Dass die Investoren das Projekt mit größeren Reihenabständen zwischen den Solarpaneelen als ökologisch anpriesen, beruhigte die Anwohnerschaft nicht, sie fürchtet eine langfristige Verschandelung des Landschaftsbildes.

Nicht mal von den Grünen gibt es in Morsbach Schützenhilfe

Schützenhilfe bekam sie auch von den Grünen nicht – Bernadette Reinery-Hausmann sagte im September im Rat: „Der Klimawandel hat die Menschen mit voller Wucht getroffen und wir müssen jetzt handeln.“ In derselben Sitzung wurde mehrheitlich das „Kommunale Konzept Erneuerbare Energien“ für die Gemeinde Morsbach beschlossen, das Ziel als eine Energieautarkie beinhaltet.

Ein Paukenschlag im Herbst war der Antrag auf Liquidation der Morsbacher Entwicklungsgesellschaft (MEG), die im Oktober zunächst in nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung beschlossen wurde. Dies beanstandete Bürgermeister Jörg Bukowski jedoch zunächst formal und auch inhaltlich, da die Konsequenzen eines solchen Schrittes durch die Einbindung der MEG in mehrere laufende Projekte noch nicht absehbar seien. Sechs Wochen später stimmte das Gremium mit knapper Mehrheit – nun formal gültig – für die Auflösung. Jan Schumacher von der BFM-UBV orakelte: „Der 25. November 2024 wird als ein Tag in Erinnerung bleiben, an dem wir große Chancen aus der Hand gegeben haben.“

Von der Einigkeit, die Anfang des Jahres in der Morsbacher Politik geherrscht hatte, war gegen Ende 2024 kaum noch etwas zu spüren. So bekam der zuvor beschlossene Doppelhaushalt im Dezember nur eine ganz knappe Mehrheit, allerdings wurden die Wirtschaftspläne für die Gemeindewerke dabei nicht beschlossen. Die waren dadurch knapp zwei Monate handlungsunfähig, erst Anfang Februar wurde dieser Schritt mit Mühe nachgeholt, nachdem Geschäftsführerin Yvonne Hüsch mehrmals nachgebessert hatte.

Bis dato gibt es drei Kandidaten für die Wahl der Rathausspitze im kommenden Herbst. Bleibt abzuwarten, ob sich bis dahin wieder eine Einigungsfähigkeit wie Anfang 2024 einstellen wird.