Im Gertrudisheim wird nun kräftig gefeiert. Auch der traditionelle Pfarrkarneval hat dort nach sechs Jahren Abstinenz wieder seinen Platz.
Tolle TageIn Morsbach kehrt der vermisste Karneval endlich zurück auf den Kirchhügel
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Mit kunterbuntem Dschungelspaß und dem Wohnverbund St. Gertrud hat am Sonntag der Reigen der Karnevalsveranstaltungen im Morsbacher Gertrudisheim begonnen – nach sechsjähriger Zwangspause. Hier tritt gerade die Kindergarde der KG Morsbach auf.
Copyright: Michael Kupper
Er weiß genau, wie er seinen Hundertsten feiern will: mitten im Saal stehend, ein Glas kühles Kölsch in der Hand, unzähligen Gästen zuprostend. Aber das muss warten. Aloys Pagel ist erst 75 und gerade hat er einen Stuhl in den Händen, für Kölsch ist da kein Platz. Und auch keine Zeit: An diesem Samstagmorgen gehört der Morsbacher zur emsigen Schar, die das frisch sanierte Gertrudisheim schön machen für die tollen Tage: Nach sechs Jahren der Abstinenz kehrt der Karneval zurück auf den Kirchhügel.
Nachdem am 31. Oktober 2018 ein Brand im Gertrudisheim gewütet hat, kann das Gebäude am Heinrich-Halberstadt-Weg bis zum Ende der Instandsetzung nicht mehr genutzt werden: Im April vergangenen Jahres wurde die Wiedereröffnung gefeiert.
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Mio Schneider ist einer der Jüngsten in der Helferschar in Morsbach, hier packt er an mit (von links) Brigitte Kötting, Oliver Puhl, Heike Schmidt und Papa Tobias.
Copyright: Jens Höhner
Und seit diesem Sonntag ist auch der Karneval endlich wieder zu Hause in Morsbachs guter Stube: „Karneval im Dschungel – Einfach famos!“ ist das Motto, mit dem der Wohnverbund St. Gertrud den Reigen der Feste und Sitzungen dort gestartet hat. Am Tag zuvor wuchten Helfer Pagel, Kathrin Hoberg vom Wohnverbund, und Michael Dietershagen, Vorsitzender des Trägervereins für das Gertrudisheim, den goldenen Thron auf die Bühne, auf dem Prinz Jocki (Joachim Nix) als Dschungelkönig dann Platz nimmt und die Insignien erhält.
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Morsbacher Wohnverbund St. Gertrud darf den Feierreigen eröffnen
„Das ist für uns eine besondere Ehre“, sagt Leiterin Heike Schmidt. 2002 hat sie mit den Bewohnerinnen und Bewohnern da zum ersten Mal gefeiert, jetzt steht für sie die letzte Party an: Die 65-Jährige geht in den Ruhestand. „Anfangs habe ich mit dem Karneval doch sehr gefremdelt, aber längst ist er mir ans Herz gewachsen“, verrät sie, sichtlich gerührt.
Dem Dschungel-Spaß folgt am Dienstag der Seniorenkarneval, am Freitag dürfen Morsbachs Kinder dort toben (ab 16 Uhr) und am Samstag steigt ab 18.31 Uhr der legendäre Pfarrkarneval: Der ist inzwischen eine viele Jahrzehnte alte Tradition im Schatten der Basilika St. Gertrud, die bis in die 1930er Jahre zurückreicht – ganz genau weiß das in Morsbach heute niemand mehr. Nur 2017 fällt der Karnevalskult in den jüngeren Jahren vor dem Feuer mal aus, weil sich keine Organisatoren dafür finden. Und am Rosenmontag ist dort Party nach dem großen Umzug.
Oliver Puhl tritt in Morsbach in die Fußstapfen seines Vaters Werner
„Alles im Pfarrkarneval ist selbst gemacht und kommt aus Morsbach, er ist warmherzig, familiär – und wir alle haben ihn sehr vermisst“, sagt Oliver Puhl. Für den 41-Jährigen, heute die rechte Hand von Moderator Frank Rinscheid und einer der Organisatoren, ist dieser Karneval zudem ein großes Erbe: Sein Vater Werner hat dieses Spektakel viele Jahre lang moderiert, im Januar 2023 ist er 72-jährig verstorben. „Seitdem ich denken kann, war ich im Pfarrkarneval dabei“, sagt sein Sohn.
Für Aloys Pagel ist es dagegen nun das erste Mal – „das erste Mal, dass ich als Zuschauer im Saal sitze und dann nichts mehr hinter den Kulissen machen muss“, freut er sich.
Übrigens: Die Sitzung ist längst ausverkauft, alle 226 Tickets sind weg. Und während es sich Pagel auf seinem Sitz dann gemütlich macht, steigt Brigitte Kötting als Müeschbejer Määdchen in die Bütt. „Ich habe diesmal viel mehr gereimt als früher“, schildert die 73-Jährige. „Ich bin gespannt, wie das ankommt.“ Sie ist ebenso seit einer jecken Ewigkeit immer mitten drin statt nur dabei. „Jeder tut hier, was er am besten kann, jeder bringt sich ein.“
Mitten drin und ziemlich glücklich ist auch Michael Dietershagen: Der 56-Jährige gehört zu denjenigen, die im Frühjahr 2020 den Trägerverein gegründet haben mit dem Ziel, die etwa 50 Jahre alte Kirchenimmobilie für Morsbach und für die Gemeinschaften in der Gemeinde zu erhalten: „Und dafür hat sich jeder Einsatz bisher richtig gelohnt.“