Bienenvölker und ObstbäumeNümbrechter legt öffentlichen Nutzgarten an
Nümbrecht – Georg Bee hat sich allerhand vorgenommen: Der 55-jährige Nümbrechter möchte seinen weitläufigen Garten und ein von der Gemeinde gepachtetes Nachbargrundstück in einen historischen Nutzgarten verwandeln. Nach der Fertigstellung soll das rund 2300 Quadratmeter große Areal öffentlich zugänglich sein, zumindest an den Wochenenden.
Schon seit einigen Monaten arbeitet der gebürtige Darmstädter an der Umsetzung, und mit ein bisschen Phantasie kann man sich bereits vorstellen, wie es einmal aussehen könnte auf dem Gelände unterhalb des Ortskerns, gleich neben dem Feuerwehrhaus. Manches steht ja schon, Pflaumen- und Birnbäume zum Beispiel, und die drei jungen Apfelbäume, die Bee vor drei Jahren gesetzt hat und die später einmal heimische Sorten tragen sollen: Winterglockenapfel, Rheinisches Seidenhemdchen, Bergischer Herrenapfel.
„Als ich vor 15 Jahren nach Nümbrecht kam, habe ich mich auf die Suche nach der dörflichen Identität gemacht“, sagte Georg Bee, als er seine Idee vor einiger Zeit im Gemeindeentwicklungsausschuss vorstellte. „Ich habe festgestellt, dass diese Identität in Gefahr ist.“
Lebhafte Gruppe von Schlotterkämmen
Früher habe es Nutzgärten überall gegeben, in Städten, Städtchen und Dörfern. „Heute sind sie auch in Nümbrecht kaum noch zu finden.“ Bee schwebt sozusagen der Gegenentwurf zum ökologisch wertlosen Schottergarten vor. Bei ihm soll Artenvielfalt herrschen, Insekten sollen sich wohlfühlen, auch das Ortsklima profitieren. Im oberen Teil des abschüssigen Geländes hat er letzte Woche eine Wildblumenwiese ausgesät. Unten, gleich an der Straße, soll Hafer wachsen, „das traditionelle oberbergische Getreide“, erklärt er.
Daneben murmelt der Lindchenbach unverrohrt durch den Garten. Auf kleinen Parzellen in der Mitte werden Kartoffeln, Zwiebeln, Kohl, Porree angebaut. Zum Düngen holt Bee , angelehnt an eine Kreislaufwirtschaft wie in der biologischen Landwirtschaft, Pferdemist aus Oedinghausen. Der Garten selbst ist zu klein für vierbeinige Haustiere. Dafür dient er einer lebhaften Hühner-Gruppe als Refugium. Der Hahn und einige der acht Hühner sind reinrassige Bergischer Schlotterkämme, gehören also einer heute vom Aussterben bedrohten, alten bergischen Rasse an und passen somit ebenso perfekt ins Gesamtkonzept wie der Bienenstock mitten im Garten. „Fahrrad-Imker“ Felix Macht betreut die vier Bienenvölker, die dort leben und ihren eigenen Anteil am Wachsen und Gedeihen der Blumen und Früchte haben.
Schon jetzt ist die Anlage ein Idyll und eine Insel der Ruhe. Jedenfalls, bis Georg Bee seinen 1-Achs-Traktor der Marke Holder aus den 1960er Jahren anschmeißt. Dann wird es schon mal lauter. Das Gerät, das Bee gebraucht in Morsbach gekauft hat, nutzt er zum Beispiel zum Pflügen des weniger abschüssigen Teils seines Gartens.
Reflektieren im früheren Holz- und Sarglager
Zurzeit legt der 55-Jährige ein Feuchtbiotop an, das ein Versumpfen des Bereiches darunter verhindern soll. Die Liste geplanter weiterer Projekte ist lang. Auszug: Aktivierung des alten Brunnens, Anbau eines Gewächshauses zwecks Anzucht und Überwinterungsort für Tomate, Gurke, Paprika. Renovierung der zweigeschossigen Scheune der ehemaligen Schreinerei Oberdörster, die, so Bee, auf dem Fundament eines alten Bauernhauses steht, „das locker aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammt“.
Im oberen Stockwerk, dem ehemaligen Holz- und Sarglager, möchte Georg Bee Räume zur pädagogischen Nutzung einrichten, wo etwa Schüler nach einem Streifzug durch den Nutzgarten reflektieren können, was sie gelernt haben. Da kommt der Beruf des 55-Jährigen durch: Bis 2019 war er Lehrer für Kunst, Religion und Technik an der Gesamtschule in Waldbröl – bis ihn drei Schlaganfälle innerhalb kurzer Zeit ausbremsten.
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Mit der Biologischen Station Oberberg ist der Nümbrechter in Gesprächen über ein entsprechendes pädagogisches Programm. Im Rahmen der Bergischen Gartenarche möchte er in seinem historischen Nutzgarten Flächen zur Verfügung stellen, um gezielt alte Kulturpflanzen zu retten. Perspektivisch könnte sogar die Umsetzung des „Solawi“-Gedankens, also die Idee einer Solidarischen Landwirtschaft, in Betracht kommen.
Auch mit der Gemeinde steht Bee in Kontakt. Da geht es etwa um die Frage der Zuwegung zu dem öffentlich zugänglichen Garten. Politik und Verwaltung hatten sich bei der ersten Projektvorstellung jedenfalls hinsichtlich des Gesamtprojektes schon mal einhellig positiv geäußert.