Wiehl – Es dauert, bis sich Axel Kamelgan aus dem schmalen Fahrersitz geschält, die Glieder durchgeschüttelt und die Knochen sortiert hat. Viel Platz ist nicht im Cockpit des Plymouth PD Special, Baujahr 1933. Und das ist das älteste Fahrzeug, das am Samstag bei der „Tour der 1000 Kurven“ an den Start gegangen ist. Ausgerichtet wird die 27. Ausfahrt dieser Art nach zwei Jahren Pause von der Renngemeinschaft Oberberg und dem ADAC. Und die Tour mobiler Historie legt eine Mittagspause ein auf dem Gelände der Erzquell-Brauerei in Wiehl-Bielstein. Doch wer rasten will, muss auch dort eine Prüfung meistern.
Weltweites Unikat mit einem Aufbau aus Aluminium
Das haben der frühere Gummersbacher und Kölner Kamelgan und sein Beifahrer Maik Pauli aus Schwelm soeben getan: Sie müssen eine Lichtschranke passieren, eine Schleife fahren und erneut durch die Messanlage – und das in exakt 30 Sekunden, gemessen wird die Hundertstel genau.
In 29,2 Sekunden haben Kamelgan und Pauli das erledigt. Jetzt klettern sie aus dem Plymouth, beantworten Fragen. „Aluminium-Aufbau – alles Original“, sagt Kamelgan und ergänzt: „Dieses Fahrzeug gibt es nur einziges Mal.“ Im Internet habe er diesen Schatz vor zwei Jahren entdeckt. Am Ende belegt das Duo Platz 33 in seiner Klasse.
Klasse „Tourensport“: Erich Loos (Siegen) und Beifahrer Michael Reineck (Freudenberg)
Klasse „Touristik“: Michael Krause (Waldbröl) und Beifahrer Jörg Beekes (Wiehl)
Klasse „Sportlich“: Edgar Zimmermann (Hückeswagen) und Beifahrer Jan Sieper (Wuppertal) (höh)
Mit einem schmucken Alltagsfahrzeug ist derweil Stefan Opp aus Solingen unterwegs: Er und sein Co-Pilot Klaus Schewior aus Jüchen erreichen mit einem altweißen Opel Kadett von 1970 das Brauereigelände um 12.35 Uhr. „Den Kadett wollte ich haben, weil ich früher schon einen hatte“, erklärt Opp seine Wahl. „Und genau diesen wollte ich, weil die Erstzulassung am 7. September 1970 erfolgte – mein zehnter Geburtstag.“ Das Fahren mit diesem Wagen sei echtes Handwerk, weil technische Hilfsmittel fehlen. „Aber dadurch fährt man viel aufmerksamer, kommuniziert auch mehr mit der Umgebung“, sagt Opp, der auf Platz vier landet.
Am Ende erreichen noch 100 Fahrzeuge Wipperfürth
Zwischen absolvierter Prüfung, Mittagssnack und Weiterfahrt gibt es Geschichten wie diese. 102 Fahrzeuge haben sich am Morgen in Lindlar auf die etwa 140 Kilometer lange Strecke begeben, losgeschickt von Lindlars Bürgermeister Dr. Georg Ludwig. Sie nehmen Kurs auf Wipperfürth, den Marktplatz erreichen am Nachmittag indes nicht alle: 100 Fahrzeuge kommen an. Ein Stopp in Bomig soll der Neuformation dienen, doch da bremst ein Unfall kurz die „Tour der 1000 Kurven“ – keiner der Teilnehmenden ist beteiligt. Nach Angaben der Polizei gibt es drei Leichtverletzte dort.
Unterwegs sind die Fahrzeuge in drei Klassen. Und je sportlicher die Klasse, desto weniger Hinweise gibt es zur Route, die von den Beifahrerinnen und Beifahrern in bester Entdeckermanier erarbeitet werden muss. „Es gibt etwa Kartenausschnitte, Pfeile und auch Baumaffen“, schildert Lea Klein, Sprecherin der Renngemeinschaft. Baumaffen, das sind Zahlen, die etwa an Zäunen hängen und notiert werden müssen. Immer aber gilt es, auf der Tour vier Geschicklichkeitsprüfungen zu bewältigen.
Mit vier Kollegen steht in Bielstein Vereinskollege Andreas Schulek an der Technik und misst die Zeit. Und er achtet darauf, dass die Räder immer in Bewegung sind, so verlangen es die Regeln. „Sonst gibt’s Strafpunkte“, betont er. In 29,4 Sekunden meistern Dieter Heinen aus Aachen und Begleiter Peter Beckers aus Niederzier diese Herausforderung in einem rassigen MG 1600 MK II von 1959. Sie müssen ohnehin Feingefühl beweisen: Bleibt das Fahrzeug stehen, verabschiedet sich der Motor. Am Ziel freuen sich Heinen und Beckers über Platz sechs.