Seit 50 Jahren arbeitet Günter Allmann in der Küche. Heute führt er eines des besten Restaurants im Oberbergischen Kreis.
KüchenchefWie Günter Allmann seine Rezepte fürs Reichshofer Ballebäuschen komponiert
Wenn's Spaß macht, ist es nie zu viel Arbeit – auch dann nicht, wenn sie über mehr als acht Stunden und bis nachts dauert. So beschreibt jedenfalls Günter Allmann seine ganz persönliche Work-Life-Balance. Er ist Küchenchef und Betreiber des bekannten Restaurants „Ballebäuschens“ und feiert das 50-jährige Berufsjubiläum. Der Gault & Millau 2023 zeichnete ihn wieder mit einer weißen Kochmütze aus.
Die Freude an seinem Beruf erfüllt den 66-Jährigen bereits seit fünf Jahrzehnten: Am 1. August 1973 trat der gebürtige Kölner seine Ausbildung zum Koch an, in den Jahren darauf kochte er in der Domstadt beim späteren Sterne-Italiener Alfredo sowie im ersten original japanischen Restaurant, er wurde rasch Ausbilder und Chefkoch und krempelte bereits mit 27 Jahren erfolgreich die Küchen von Kölner Ratskeller und Flora um.
Erfahrungen bei Alfredo und in der Kölner Flora gesammelt
Seit 32 Jahren leitet er nun mit seiner Frau Marlies Allmann das eigene Restaurant in Reichshof-Hespert und erfreut sich vor allem an den unmittelbaren Reaktionen seiner Gäste: „Wir erleben in der Küche direkt die Stimmung mit, sei es die andächtige Ruhe beim Essen oder das leise harmonische Geplauder dazwischen.“
Als Schulabgänger hatte er eigentlich die Idee, im Wald die Tiere zu beobachten. Denn das war eine seiner Lieblingsbeschäftigungen, wenn er mit seiner Mutter deren Heimatort in der Eifel besuchte. Doch als er sich über die Laufbahn als Forstwirt informierte, missfielen ihm die vorgeschriebenen Laufbahnen und hohen Hürden bei der Aufnahmeprüfung.
Rezepte entstehen am Schreibtisch
„Also musste ein Plan B her, und irgendwie kam mir der Gedanke in den Kopf, dass ich vielleicht Koch werden könnte“, erzählt Günter Allmann. Dass dies seine eigentliche Berufung ist, das hätten andere vor ihm gewusst: „Du bist bestimmt Koch geworden? Du hast doch schon früher immer gerne für Lehrer und Mitschüler gekocht“, hatte ihm eine ehemalige Lehrerin auf den Kopf zugesagt.
Als Profikoch komponiert er nun seine Rezepte am Schreibtisch. „Meine Gerichte entstehen im Kopf“, beschreibt er das. Dass er sich dabei deren unterschiedliche Aromen und Konsistenzen je nach variierenden Zutaten genau vorstellen kann, ist für Außenstehende ein Mysterium – für ihn selbst nicht: „Vielleicht ist das ein Stück weit Talent, das ich während meiner langen Berufsjahre trainiert und geschult habe.“
Im Rückblick ist er vor allem seinem Ausbilder im damaligen Esso Motor Hotel in Köln sehr dankbar: „Er nahm sich viel Zeit, vermittelte mir die Leidenschaft fürs Kochen und gab mir Einblicke in überregionale Gerichte und betriebswirtschaftliche Grundlagen der Küchenführung.“
Günter Allmann selbst sei ein „strenger, aber gerechter“ Ausbilder gewesen, sagt seine Frau Marlies Allmann, die bei ihm in den 1980er Jahren als Köchin in die Lehre gegangen ist. Heute ist sie der Mensch, der ihn am ehesten kritisieren darf. „Wenn sie mich auf etwas hinweist, dann hat das nämlich meistens Hand und Fuß“, sagt Chefkoch Allmann.
Er selbst sei übrigens gar nicht so furchtbar kritisch, wenn es um Gerichte aus anderen Küchen gehe, betont Allmann. Er weiß, dass es in seinem Freundeskreis großen Respekt davor gibt, ihn zum Essen einzuladen. Diese Scheu findet er unbegründet: „Wo immer ein Gericht ehrlich und frisch zubereitet ist, ist es gut.“
100 Variationen der Sauce hollandaise
Wer auf Speisewürze und fertige Würzmischungen verzichte, könne grundsätzlich nicht viel falsch machen, findet er. Der Spitzenkoch befürchtet nur, dass das klassische Wissen beim Kochen langsam verloren geht: „Kaum jemand bereitet noch die Soßen von Grund auf selbst zu oder kennt gar die hundert Variationen der Sauce hollandaise.“
Sein Wissen hat er auch an die beiden von ihm ausgebildeten Köche im Ballebäuschen weitergegeben. Sein Traum wäre, dass die beiden oder die seit Jahrzehnten bei ihm mitarbeitenden Servicekräfte einmal das Restaurant in Hespert übernehmen. Allerdings habe das noch Zeit, ergänzt er.
Und so beginnen auch seine nächsten Arbeitstage mit zwei Tassen Kaffee, dem Wunsch, erst einmal möglichst nicht angesprochen zu werden und dem ausführlichen Lesen der Lokalzeitung in Papierform.