Sozialklausel für UnterkunftskostenFlüchtlinge sollen nicht in Schuldenfalle geraten
Lindlar – Ende 2020 hatte der Rat eine neue Gebührenordnung für Flüchtlingsunterkünfte verabschiedet, die einen Quadratmeterpreis von 35,70 Euro festlegt. Der Sozialausschuss stimmte jetzt einstimmig dafür, diese Satzung um eine Sozialklausel zu ergänzen. Das Ziel: Niemand soll aufgrund der Benutzungsgebühren in eine Schuldenfalle geraten. In Einzelfällen kann die Verwaltung künftig die Gebühren stunden oder erlassen.
Das Thema Gebührenordnung für Flüchtlingsunterkünfte beschäftigt Politik und Verwaltung schon seit Jahren. Die Verwaltung hatte der Vorlage für den Sozialausschuss umfangreiche Berechnungen beigefügt, um die Kosten zu belegen. „35 Euro pro Quadratmeter sind viel Geld“, so Thorben Peping (SPD). Man könne zustimmen, erwarte von der Verwaltung aber einen jährlichen Bericht über den Umgang mit der Sozialklausel.
Grünen-Politiker kritisiert Aussage von CDU-Abgeordnetem
Sven Engelmann (CDU) lobte die Verwaltung, alles sei sehr gut nachvollziehbar. „Wer eine Chefarztbehandlung im Maritim bucht, muss auch mehr ausgeben als ein Kassenpatient.“ Patrick Heuwes (Grüne) kritisierte das als „gefährliche Aussagen. Es handelt sich um Menschen, die zu uns kommen und Hilfe brauchen.“ Grüne und die FDP stimmten der um die Sozialklausel erweiterte Satzung zu.
Gebühren für Flüchtlingsheime
35,70 Euro pro Quadratmeter, so hoch sind die Gebühren für die Unterbringung von Aussiedlern, Asylbewerbern und Flüchtlingen seit dem 1. Januar in Lindlar. Zuvor lagen sie bei 26,70 Euro pro Quadratmeter, ein Plus von über 30 Prozent. Die Gebühr sei nicht mit einer Miete vergleichbar, sondern sei ein „Full-Service-Paket“, so Beigeordneter Michael Eyer. Falls etwa eine Waschmaschine kaputt gehe, werde sie von der Gemeinde ersetzt. Auch die Hausmeister werden darüber bezahlt.
Die meisten Bewohner von Unterkünften bekommen von der Gebühr nicht viel mit, weil diese entweder vom Sozialamt oder vom Jobcenter übernommen wird. Problematisch kann es vor allem bei sogenannten Selbstzahlern werden, die über ein eigenes Einkommen verfügen.
Siegfried Charlier, Vorsitzender der Flüchtlingsinitiative „Willkommen in Lindlar“ (Winli), verfolgte die Diskussion als Zuhörer. Er kritisierte, mit der Sozialklausel seien die Flüchtlinge von der Gnade der Verwaltung abhängig, sie biete keinen Rechtsanspruch. Zudem berücksichtige die Gemeinde in ihrer Berechnung nur die Kosten, nicht aber die Transferleistungen von Bund und Land. Aus Sicht der Verwaltung haben diese Transferleistungen nichts mit der Unterbringung zu tun.
Derzeit würde die neue Härtefallregelung bei keinem Bewohner greifen, so die Verwaltung auf Nachfrage unserer Zeitung. Die Frage sei allerdings eher „rechtstheoretischer Natur“, so Michael Eyer. Würde sich die finanzielle Situation für die Betroffenen ändern, würde das Sozialamt den Fall überprüfen. Anträge auf Stundung oder Erlass von Forderungen würden üblicherweise von den Betroffenen gestellt. Bei Personen, die aus einem anderen Rechtskreis kommen und die Bestimmungen in ihrer neuen Heimat nicht kennen würden, werde das Sozialamt selbst aktiv und unterstütze die Betroffenen, so Eyer.
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Vor dem Kölner Verwaltungsgericht läuft noch ein Klageverfahren. Nach Auskunft der Gemeinde geht es um eine Anfechtungsklage gegen einen Gebührenbescheid 2019. Im Rahmen dieses Verfahrens wird das Gericht auch die Rechtmäßigkeit der dem Gebührenbescheid zugrundeliegenden gemeindlichen Gebührensatzung für Flüchtlingsunterkünfte – insbesondere auch die Gebührenkalkulation – untersuchen.