Das Team um Inhaber Bruno Kapp und Küchenchef Marco Leone setzt alle Hebel in Bewegung, um die Wirtschaft in Vierbuchermühle zu erhalten.
Lebenswerk gerettetIn Waldbröl macht das „Haus am Mühlenberg“ doch nicht dicht
Nein, viele Worte möchte er nicht verlieren. Am liebsten würde Bruno Kapp gar nichts sagen. Zu schwer wiegt der Kloß im Hals, wenn der 69 Jahre alte Gastronom daran denkt, was ihm in den vergangenen Tagen widerfahren ist: Kaum hatte sein Sohn Christian die schwere Entscheidung gefällt, das Hotel und Restaurant „Haus am Mühlenberg“ Ende Dezember für immer dichtzumachen, da regte sich prompt im Team der beliebten Ausflugsgaststätte in Waldbröl der Widerstand: „Kommt gar nicht in Frage“, beschloss Küchenchef Marco Leone und sagte der Familie Kapp im Namen aller Beschäftigten jegliche Hilfe zu, damit der Betrieb in der Gastwirtschaft mitten in der kleinen Ortschaft Vierbuchermühle weitergehen kann wie bisher.
„Vergesst also den Dezember“, sagt Bruno Kapp – und schluckt. Er sagt aber auch: „Wir suchen jetzt nach einem Pächter.“ Seit 1856 ist die frühere „Mühle unter vier Buchen“ bereits im Besitz seiner Familie, 1928 reisen die ersten Sommerfrischler an, um sich dort zu erholen. 1946 eröffnet Max Kapp die erste Pension, der Bruno Kapps Vater Peter im Jahr 1961 den Namen „Haus am Mühlenberg“ gibt und zudem mit der „Mühlenklause“ die erste Schankstube einrichtet.
Seither ist die Gastwirtschaft mit Biergarten, Spielplatz, Wildgehege und Angelteich Ziel von Wanderern, die im Süden Waldbröls oder im Windecker Ländchen, auf dem Bergischen Panoramasteig oder dem Waldmythenweg unterwegs sind. „Beide Strecken verlaufen sozusagen mitten durch unser Haus“, erklärt Bruno Kapp. Zuletzt hat er eine Ladestation für E-Bikes aufgebaut, denn auch für Bikerinnen und Biker jeglicher Art ist das „Haus am Mühlenberg“ der Ort für eine Pause. 1953 hat die alte Getreidemühle erst den Betrieb eingestellt, zwei Jahre später wird sie dann abgebrochen.
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Auch der frühere Ministerpräsident Johannes Rau hat in Waldbröl Kühles getrunken
2001 stirbt Peter Kapp im Alter von 83 Jahren, Enkel Christian, heute 38 Jahre alt und selbst Vater von drei Kindern, vertritt die dritte Generation. „Leider ist er gesundheitlich angeschlagen, deswegen wollte er die Gaststätte aufgeben“, schildert Vater Bruno. Er selbst steht seit 1991 an den Zapfhähnen, auch Ministerpräsident Johannes Rau freute sich dort über ein kühles Kölsch: „In den 1990er war er als Gast einer privaten Feier mal bei uns“, verrät Kapp. Ein Foto des Wuppertalers Rau ziert eine der Wände in dem verwinkelten Gebäude, unzählige historische Aufnahmen hängen in den Fluren. Als legendär gilt dort das jährliche Oktoberfest, traditionell steigt dieses stets im September.
Die Nachricht, das „Haus am Mühlenberg“ werde schließen, hat sich derweil nicht nur in der Marktstadt wie ein Lauffeuer verbreitet. „Das wäre eine echte Katastrophe gewesen“, urteilt etwa der Stammgast Ingo Solbach aus Hermesdorf. „So viele Familienfeste haben wir da gefeiert und wir haben uns dort immer sehr wohl gefühlt.“ Er sei glücklich, dass die Wirtschaft der Stadt Waldbröl und die Umgebung nun doch erhalten bleibe.
In Waldbröl-Vierbuchermühle will künftig niemand mehr auf die Uhr schauen
Dafür sorgen vor allem Küchenchef Leone, sechs Festangestellte und 14 Aushilfen. „Diese Gaststätte darf einfach nicht schließen. Jeder von uns geht gerne zur Arbeit – also kämpfen wir und helfen, wo wir nur können“, erklärt der 39-jährige Waldbröler. Seit sieben Jahren rührt er in den Töpfen und Pfannen, an keinem anderen Arbeitsplatz habe es ihm bisher so gut gefallen, versichert Leone – und seinem Chef schießen erneut die Tränen in die Augen. Künftig werde niemand aus der Mannschaft mehr auf die Uhr schauen, sondern immer dort helfen, wo es gerade brenne, verspricht der Koch und ergänzt: „Wir haben so vieles bewegt, einen großen Umbau gestemmt und auch gemeinsam vieles durchgestanden, so ein Zusammenhalt ist selten.“ Dazu gehöre natürlich auch die Corona-Pandemie.
Die habe sein Betrieb auch deswegen überstanden, weil es weder eine Pacht zu zahlen, noch Schulden zu begleichen gebe, setzt Inhaber Bruno Kapp hinzu. Nach dieser schweren Zeit habe er zwei Ruhetage, Dienstag und Mittwoch, eingeführt, damit seine Beschäftigten mehr von ihrer Freizeit haben. Die Zahl der Gästezimmer im Hotel hat er auf 21 reduziert.
„Das ist auch mein Tipp an die Kolleginnen und Kollegen: Behandelt Euer Team gut“, sagt der gelernte Hotelkaufmann. 1992 muss er erleben, wie ein Feuer das „Haus am Mühlenberg“ völlig zerstört, im Oktober vor zwei Jahren steht dort die Überdachung des Biergartens in Flammen – Waldbröls Wehr aber gelingt es, mit 60 Einsatzkräften Schlimmeres zu verhindern.
Nachdem bekanntgeworden war, die Gastwirtschaft werde schließen, hätten ihm vor allem Stammgäste die Bude eingerannt, blickt Bruno Kapp zurück. Jetzt hat er alle Hände voll damit zu tun, die neue Nachricht zu verbreiten. Denn für ihn ist das „Haus am Mühlenberg“ nicht weniger als ein Lebenswerk.