Essen – Der Zugverkehr kommt zum Erliegen, Flugzeuge bleiben auf dem Boden, Stadien und Konzerthallen leer: Der seit Tagen erwartete Orkan „Sabine” hat große Teile von Nordrhein-Westfalen am Sonntag lahm gelegt. Am frühen Abend stellte die Deutsche Bahn sowohl den Fernverkehr als auch die Regionalzüge vollständig ein. Alle Züge sollten nur noch bis zu einem geeigneten Bahnhof fahren und dort stehen bleiben. Auch viele Flugzeuge blieben am Boden. Umgestürzte Bäume blockierten nicht nur Gleise, auch auf vielen Straßen kam es zu Sperrungen. Die fast überall verstärkten Feuerwehren rückten aus, um das Chaos zu beseitigen.
Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 130 Stundenkilometern sollte „Sabine” Prognosen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zufolge über NRW fegen. „Das ist keine ungefährliche Situation”, sagte DWD-Meteorologe Malte Witt. Zunächst traf der Sturm am Nachmittag die höheren Lagen im Sauerland und der Eifel, bevor er sich am Abend über fast alle Regionen des Landes ausbreiten sollte. Die Wetterexperten sprachen am Sonntag für große Teile des Landes die zweithöchste Unwetterwarnstufe aus.
An den großen Flughäfen in Düsseldorf und Köln/Bonn blieben etliche Flugzeuge am Sonntag am Boden. In der Landeshauptstadt fielen bereits am Sonntag rund 120 Starts und Landungen aus, auch am Montag sollten mehr als 70 Flüge ausfallen. Am Flughafen Köln/Bonn gab es mehr als 40 Annullierungen. Auch Paderborn/Lippstadt strich mehrere Flüge. Die Airline Eurowings entschied sich sogar dafür, ihren Betrieb an allen deutschen Flughäfen fast vollständig einzustellen. Doch auch bei Autofahrern sorgte „Sabine” für Komplikationen: Mehrere Bundes- und Landstraßen waren schon am Nachmittag nicht mehr problemlos befahrbar.
„Der Höhepunkt des Orkans erreicht NRW am Abend und in der ersten Hälfte der Nacht”, sagte Meteorologe Malte Witte vor Beginn des Sturms. Auch am Montag solle es jedoch noch stürmisch mit Orkanböen bleiben. „In festen Gebäuden ist man sicherlich besser aufgehoben.”
„Sabine” brachte sogar Freizeit und Kultur an vielen Stellen zum Erliegen. Das mit Spannung erwartete rheinische Derby Gladbach gegen Köln war bereits am Sonntagmorgen abgesagt worden, da eine sichere Abreise der Fans nicht gewährleistet werden könne. Die Stadt Dortmund wies alle städtischen Häuser an, am Nachmittag ihre Pforten zu schließen und Veranstaltungen ausfallen zu lassen, wie sie am Sonntag mitteilte. Dazu gehören neben Museen, Schwimmbädern und Sportanlagen auch die Oper und das Konzerthaus.
In Köln wurde der Bereich um den Dom weiträumig abgesperrt - um niemanden in die Gefahr von Steinschlägen zu bringen. Fans von Schlagersängerin Andrea Berg, die Karten für das Konzert im westfälischen Halle hatten, mussten sich statt mit Andrea mit „Sabine” zufrieden geben. Das Konzert entfiel ersatzlos. Bochum hingegen zeigte sich kämpferisch: Das Schauspielhaus wollte seine Vorstellungen von „Iwanow” und „Geister” trotzdem zeigen, wie das Theater auf Twitter ankündigte - versehen mit dem Hashtag #WirspielentrotzSabine.
Unabhängig davon, wie schlimm „Sabine” das Land verwüstet, werden die Auswirkungen am Montag deutlich spürbar sein. Etliche Städte lassen den Unterricht an ihren Schulen ausfallen - darunter Köln, Düsseldorf, Essen, Aachen, Mülheim und Gelsenkirchen. Am Sonntag schlossen sich kurzfristig auch noch Münster, Dortmund sowie weitere Kreise und Gemeinden an.
Viele Berufstätige dürfte es am Montag vor Probleme stellen, dass auch etliche Kindertagesstätten - darunter in Köln, Düsseldorf und Solingen - geschlossen bleiben sollen. Sowohl an vielen Schulen als auch Kindertagesstätten soll es aber eine Notbereitschaft geben. (dpa/lnw)