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BensbergHolzhaus-Siedlung verschwindet – letztes Schlicht-Haus abgerissen

Lesezeit 3 Minuten

Einst gehörten sieben Doppelhäuser zu der Schlicht-Siedlung in Bensberg. Jetzt wird das letzte Holzhaus abgerissen.

Bergisch Gladbach – Fast ist es eine Duplizität der Ereignisse. Während sich oben im Einkaufsviertel von Bensberg ein großer Bagger durch das Betonskelett des Kaufhauses frisst, verändert sich auch in der Siedlung Reiser und Mondsröttchen das Bild. Allerdings ist es, anders als im Stadtkern, ein leiser Abschied. Es gibt auch keine Schaulustigen.

Das letzte Schlicht-Wohnhaus verschwindet in diesen Tagen. Aus der Ferne wirkt das aus einer Holzkonstruktion gefertigte Wohnhaus putzig und charmant; auch als Hexenhäuschen am Königsforst (der ja nicht weit entfernt liegt) könnte das kleine Wohnhaus durchgehen. Aber die Bausubstanz mit der bereits verschwundenen Gipsplattenfassade ist nicht mehr zu retten gewesen, das Dach mit seinen roten Ziegeln brüchig, die Schlagläden an den Fenstern verwittert.

In seinem Kern ist das Schlicht-Haus marode und in keiner Weise mehr zeitgemäß. „Im Parterre drei Zimmer, im Dachgeschoss eine Einliegerwohnung mit zwei Zimmern, das Klosett für beide Parteien befand sich im Erdgeschoss“, beschrieb im Herbst 2011 Anwohner Willi Eckenroth die Häuschen; Eckenroth hatte 42 Jahre im Haus Reiser 24 gewohnt. Was auf den ersten Blick wie ein normales Wohnhaus aussah, war tatsächlich nicht mehr als eine bessere Baracke.

Letztes seiner Art

Das Haus, an dem jetzt der Bagger nagt, ist das allerletzte seiner Art. Sieben alte Doppelhäuser gab es einstmals. Schon im Herbst 2011 waren die ersten vier Häuser abgerissen, die abgeräumten Baugrundstücke von der Stadt vermarktet worden. Eines der Häuser hatte da schon seit über zehn Jahren leergestanden. Bei anderen waren die Mieter verstorben. Nun also schlägt das letzte Stündchen für die Schlicht-Häuser. 1946 und 1947 hatte die Stadt die Doppelhaushälften „in einfacher Bauweise“ errichtet. Bis zuletzt war die Stadt auch Eigentümerin der Siedlung.

Das Land hatte die Bensberger Unternehmerfamilie Offermann zur Verfügung gestellt. Die Wohnungsnot war nach dem Zweiten Weltkrieg überall groß. In Bensberg hatten die belgischen Besatzungsstreitkräfte zusätzlich Wohnhäuser für die Familien der Armee-Angehörigen beschlagnahmt. Als „Behelfswohnungen für Besatzungsverdrängte“ wurden die Siedlungshäuser von der Verwaltung geführt. Als die damalige Stadt Bensberg 1972 die Schlicht-Häuser abstoßen will, ist es Bewohner Willi Eckenroth, der sich mit der Nachbargemeinschaft gegen die Pläne wehrt.

Die Siedler setzen sich schließlich durch, die Stadt gewährt ihnen ein lebenslanges Wohnrecht in ihren Schlicht-Häusern. Die aufmüpfigen Bewohner seien nach dem Protest von der Stadt in Ruhe gelassen worden. „Aber die Stadt hat auch keinen Pfifferling mehr in die Häuser investiert“, erinnerte sich Eckenroth 2011, als es die erste Abrisswelle der Schlichthäuser gegeben hatte. Mit dem Abriss des letzten Hauses endet ein Bensberger Nachkriegskapitel.