Mit großer Mehrheit haben die Gladbacher Fraktionen im Stadtrat das Klimaschutzkonzept der Stadt verabschiedet.
KlimaschutzkonzeptBergisch Gladbacher Fraktionen einigen sich in letzter Minute
Seit Dienstagabend, kurz nach 18 Uhr, hat die Kreisstadt ein Klimaschutzkonzept. Und eines, das in großen Teilen von einer sehr deutlichen Ratsmehrheit mitgetragen wird. Bis kurz vor der Ratssitzung hatten zwischen CDU und FDP auf der einen, Grünen, SPD und Freier Wählergemeinschaft (FWG) die Kontakte auf allen Ebenen geglüht. In der Ratsdebatte folgte eine weitere Unterbrechung zur überfraktionellen Beratung.
Das Ziel der Bemühungen: Gemeinsamkeit. Der Stadtgesellschaft sollte nicht der Eindruck vermittelt bekommen, die Fraktionen seien in der wichtigen Klimafrage zerstritten. Noch am Montag hatten CDU und FDP einen neuen Änderungsantrag zum Thema Überprüfung (sogenannte Smart-Regel – „spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert“) eingereicht, der jetzt in der Grünen-Fraktion auf Zustimmung stieß.
Am Ende war es ein Abstimmungsmarathon mit dem Ringen um jeden Satz: Über vier Abschnitte des Konzepts wurde im Rat separat abgestimmt, und dreimal gelang ein möglichst großer Konsens der fünf beteiligten Fraktionen. Nur beim Thema einer umfassenden und grundlegenden Bürgerberatung waren sich die Ratsvertreter uneinig; hier setzten sich Grüne, SPD und Freie Wählergemeinschaft durch.
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„Das nennt man Demokratie. Und darauf können wir stolz sein“, erklärte Bürgermeister Frank Stein (SPD) nach der Abstimmung. Die Schärfe, die im Hauptausschuss SPD-Fraktionschef Klaus W. Waldschmidt mit Vorwürfen gegen CDU und FDP eingebracht hatte, blieb aus.
Vor der Sitzung hatten Ökoverbände Bedenken geäußert: Am Ratssaal in Bensberg hatten sich Vertreter von BUND, Ernährungsrat und Klimafreunden versammelt. Mit Transparenten bekundeten sie Sorge, das Konzept könne verwässert werden, wie Stefan Häusler, Vorsitzender der Klimafreunde, berichtete. „Das ist wirklich ein freudiges Ereignis“, sagte die Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Theresia Meinhardt als Eingangsstatement zur Klimadebatte. „Dank an alle Beteiligten.“
Schmelzende Polkappen
Der andere Co-Vorsitzende der Grünen, Dr. Friedrich Bacmeister, hatte den Klassiker „Grenzen des Wachstums“ von 1972 mitgebracht und hielt ihn in die Höhe. Falls die Polkappen schmölzen, stehe halb Holland unter Wasser, warnte er. Die Bereiche Ernährung und Gesellschaft fehlten im Konzept, auch über Reisen und Flüge werde nichts gesagt.
Es blieb die einzige kritische Stimme aus den Reihen der Grünen. „Es gab inhaltlich keinen so großen Unterschied“, bestätigte Dr. Michael Metten, Fraktionsvorsitzender der CDU. Er sei froh, dass die Fraktionen doch noch „gemeinsam ein Korsett hinbekommen“ haben.
Von sinnvoll aufeinander abgestimmtem Maßnahmen sprach Dorothee Wasmuth, Fraktionsvorsitzende der FDP. „Natürlich freuen wir uns mit einem gewissen Maß an Stolz“, sagte Dr. Benno Nuding, Fraktionsvorsitzender der FWG. Der Vertagungsantrag seiner Fraktion aus dem Frühjahr habe entscheidend zur Einigung beigetragen.
AfD-Vertreter fordert mehr wissenschaftliche Expertise
Kritisches kam von Fabian Schütz (Bergische Mitte). Das Konzept habe zu wenig Konkretes vor Ort, seine Fraktion werde sich in Teilen enthalten. Auch der Fraktionsvorsitzende der AfD, Günther Schöpf, zeigte sich nicht begeistert. „Zu wenig Wissenschaft, zu viel Ideologie“ sei im Konzept. Inhaltlich liegen dem Konzept mehrere Dokumente zugrunde. Der sogenannte Grundlagenplan ordnet die Klimaveränderungen global ein, bei der Abstimmung hierüber stimmten nur die beiden AfDler im Rat dagegen.
Es folgte die Abstimmung über Prüfaufträge, zu definierende Meilensteine und Controlling, Kern des Antrags von CDU und FDP. Im Hauptausschuss hatte es noch eine Ablehnung gegeben, nun stimmten SPD und Grüne bei viermal Nein fast geschlossen mit. Ein Papier von Grünen und SPD mit kleineren inhaltliche Ergänzungen und Einschüben zum Kerntext der Verwaltung fand im Gegenzug auch die Zustimmung von CDU und FDP.
Die Bergische Mitte enthielt sich, von der AfD kam ein Nein. Als vierter und letzter Baustein ging es um Beratungsangebote, diesmal ohne Konsens der Fraktionen. CDU und FDP folgten ihrer Linie und stimmten dagegen. Grüne, SPD und FWG setzten sich mehrheitlich durch. Künftig könnte es ums Geld gehen.
Halbe Eiskugel pro Einwohner
Finanziell, warnte im Rat bereits der Beigeordnete Ragnar Migenda, sei ein Ausgabenansatz von 90.000 Euro im Jahr, wie von CDU und FDP dargelegt, nicht ausreichend. Bislang seien die Klimaplaner von 1,50 Euro pro Jahr und Einwohner ausgegangen, neue Berechnung gingen Richtung 2 Euro und mehr. Migenda nannte jährliche Kosten zwischen 285- und 456 000 Euro für die Stadt. 90.000 Euro seien umgerechnet nur 80 Cent pro Einwohner, rechnete er vor. „Das ist heute eine halbe Eiskugel.“ Die Mahnung dahinter: So preisgünstig sei der Schutz fürs Klima auf kommunaler Ebene nicht zu bekommen.
Die städtische Klimamanagerin Jana Latschan konstatierte, dass das Konzept von vornherein allen Fördervorgaben entspreche.
Überprüft wird nun dennoch, das konnten CDU und FDP mit ihrem Ergänzungsantrag erreichen.