Die Lage in Bergisch Gladbach spitzt sich zu. Es fehlen Wohnungen zur Unterbringung Geflüchteter.
MigrationZustrom Geflüchteter in Bergisch Gladbach hält an
Bei der Unterbringung von Geflüchteten gerät die Stadt Bergisch Gladbach an ihre Belastungsgrenze. „Es ist eng, wirklich sehr eng“, sagt Simone Engelberth, Leiterin der städtischen Abteilung soziale Förderung, in der Sitzung des Sozialausschusses am Donnerstagabend. Die Zuweisung von Geflüchteten sei in den letzten Monaten stark gestiegen. Auch der Zustrom von Kriegsvertriebenen aus der Ukraine halte an.
Die Lage spitzt sich zu. 1329 geflüchtete Menschen – darunter 450 Kriegsvertriebene aus der Ukraine – sind aktuell in den städtischen Unterkünften untergebracht. Dazu gehören auch rund 150 angemietete Wohnungen. Zwar beziffert die Stadt die Anzahl der Gesamtkapazitäten der städtischen Unterkünfte auf 1510 Plätze. Die Differenz entstehe, weil eine Doppelbelegung von Zimmern zwar angestrebt sei, es aber Bewohner gebe, die etwa aus gesundheitlichen Gründen einzeln untergebracht werden müssten.
Wie unberechenbar die Lage ist, verdeutlicht Engelberth an einem Beispiel: Für August seien vier Neuzugänge seitens des Landes angekündigt gewesen. Tatsächlich seien aber 44 Menschen angekommen. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch einmal erleben muss, wie Familien mit Koffern in der Hand bei uns im Flur stehen“, sagt Engelberth. Für alle in der Abteilung gestalte sich die Arbeit als schwierig und belastend: „Wir wissen nicht, wie wir neue Kapazitäten schaffen sollen.“
„Meine Kollegin übertreibt nicht“, bestätigt Fachbereichsleiterin Sabine Hellwig, „wir sind die ganze Zeit konstant auf der Suche Unterbringungsmöglichkeiten.“ Aber es fänden sich nur noch in Einzelfällen Wohnungen. Gerade sei es geglückt, eine Immobilie mit 32 Plätzen anzumieten.
In der Not reaktivierte die Stadt zuletzt die Industriehalle an der Hermann-Löns-Straße, die sie eigentlich längst als Unterkunft hatte aufgeben wollen. Die Halle bietet Platz für 100 Personen als Anlaufstelle für Asylbewerber. „Aktuell gibt es dort nur noch 21 freie Plätze“, berichtet Engelberth.
Stadt konnte bisher vermeiden, Turnhallen zu belegen
Im Containerdorf Lückerath als Quartier für ukrainische Kriegsgeflüchtete vorgesehen, hat die Stadt mithilfe zusätzlicher Module im vergangenen Jahr die maximale Belegung auf 300 Personen verdoppelt. Die Anfrage dieser Zeitung, wie viel Platz aktuell dort noch ist, beantwortet die Stadtverwaltung am Freitag nicht.
Im Ausschuss sind sich alle einig, dass der soziale Wohnungsbau intensiv vorangetrieben werden müsse, um die Wohnungsnot – nicht nur für Flüchtlinge – zu lindern. Bisher konnte die Stadt darauf verzichten, Turnhallen zu belegen. Aber ausschließen konnte Dezernent Ragnar Migenda dies angesichts des anhaltenden Zustroms bereits vor einem Jahr nicht mehr.
Für Geflüchtete ist es auch abgesehen vom leergefegten Wohnungsmarkt schwer, Fuß zu fassen. Immer weniger freiwillige Helfer stehen der Stadt zur Seite. „Die Ehrenamtlichen schaffen das nicht mehr. Sie bräuchten dringend eine Atempause“, sagt CDU-Politikerin Bibi Opiela, selbst in der Flüchtlingsarbeit aktiv, „manche machen ihre Begegnungscafés gar nicht mehr auf, weil sie nicht mehr wissen, wohin mit den Menschen.“