Eine Frau sieht rot: Eine Mutter (32) stürzte sich in Refrath auf ihre Nebenbuhlerin, schlug, zerrte am Kopftuch. Jetzt war der Prozess.
ProzessEhefrau schlägt Nebenbuhlerin in Bergisch Gladbach und zerrt am Kopftuch
Im Refrather Zentrum ist der Teufel los, als am 10. September 2023 abends zwei Frauen Anfang 30 aufeinandertreffen. Es geht um einen Ehemann, und es gibt Schläge, Beleidigungen und den Versuch der verlassenen Angreiferin, ihrer Nebenbuhlerin das aus religiöser Überzeugung getragene Kopftuch vom Kopf zu reißen – das alles vor den drei Kindern auf der Dolmanstraße am Sonntagabend.
Elf Monate später hat die Attacke der 32-jährigen Ehefrau auf die gleichaltrige Nebenbuhlerin ein Nachspiel vor Gericht. Richterin Miriam Kuschel verurteilt die überwiegend geständige Amara G. (Namen geändert) zu 400 Euro Strafe.
Prozess im Hochsommer: Gericht ohne Roben, Kontrahentinnen mit Kopftüchern
Im nicht klimatisierten Bensberger Hochtemperatur-Gerichtssaal 100 gibt es an diesem Tag eine ungewöhnliche Szenerie: Richterin, Staatsanwältin, Verteidigerin und Protokollant sitzen, vom Robenzwang entbunden, in westlicher sommerlicher Kleidung, dagegen betreten Amara G. und die attackierte Beria P. in langen, bis zu den Füßen reichenden Kleidern und mit Kopftüchern den Raum.
Amara G., deutsche Staatsbürgerin, spricht über sich. Die Beziehung ihres Ex-Mannes Abdul zu Beria P. habe 2019/20 begonnen - und ihre eigene Ehe damit geendet. Zurück ins eigene Elternhaus wollte die in traditionellen Verhältnissen groß gewordene dreifache Mutter wegen der damit verbundenen Enge nicht mehr. Sie begann eine Therapie, wurde noch selbstständiger. Und dann sagt sie: „Ja, ich habe sie geschlagen, aber nicht getreten und nicht beleidigt.“ Sie sei selbst geschockt gewesen über ihren „Blackout“.
Auf Nachfrage der Richterin wird sie konkreter, was mit ihr los gewesen sei. Die drei Kinder (11/9/6) seien an dem Wochenende bei ihr gewesen. In Refrath sollten sie wieder an Vater Abdul und die neue Gefährtin übergeben werden. Tags zuvor habe sie aber auf dem Oberkörper eines Sohnes eine große Narbe entdeckt und gefragt, woher die stamme. Antwort: „Das war Tante Beria.“
Völlig aufgewühlt sei sie zum Treffen gekommen, habe gefragt und sei dann zu der im Auto sitzenden Beria gegangen und habe ihr mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. „Ich habe rotgesehen und sie geschlagen, aber ich habe sie nicht beleidigt und nicht bedroht. Es ging um meinen kleinen Sohn.“
Ehemann versucht, Frauen auseinander- und Kinder im Blick zu behalten
Beria stieg aus, Abdul versuchte, die Frauen auseinander- und die Kinder im Blick zu behalten. Amara stürzte in ein Gebüsch, das Tohuwabohu dauerte an, bis zwei Männer kamen und Amara beruhigten. Beria ließ sich von Abdul überreden, jetzt nicht die Polizei zu rufen, erstattete aber tags darauf doch Anzeige.
Im Prozess tritt Abdul G. (34), mittlerweile Ex-Ehemann und von Beruf Kundenberater, als erster Zeuge auf. Er bleibt im Ungefähren. Auf eine Nachfrage antwortet er: „Da haben mir hinten die Augen gefehlt.“ Immerhin haben sich die Dinge seither positiv entwickelt: Die Kinder leben weiterhin zwar überwiegend bei ihm, kommen aber regelmäßig auch zur Mutter. Absprachen werden nicht mehr über den damit völlig überforderten ältesten Sohn getroffen, sondern direkt zwischen Vater und Mutter via E-Mail.
Beria P., von Beruf ebenfalls Kundenberaterin, schildert die Attacke weniger einfühlsam. „Sie kam angelaufen und schrie. Sie war sehr laut und aggressiv.“ Und dann sei Amara auch schon am Auto gewesen, „gab mir einen Schlag auf den Hinterkopf und zog an meinem Kopftuch". Amara habe geschlagen und getreten und sie als „Schlampe“ und „Hure“ beleidigt. Sie als Angegriffene habe gefragt: „Wie kannst du als Muslima, die selbst ein Kopftuch trägt, mir auf öffentlicher Straße mein Kopftuch herunterreißen?“
Die Anklägerin beantragt 40 Tagessätze zu 15 Euro wegen Körperverletzung und Beleidigung für die nicht vorbestrafte dreifache Mutter aus dem Frauenhaus: „Es war natürlich eine hochemotionale Situation, aber sie hat überreagiert. Es geht nicht, mit der Hand ins Gesicht zu schlagen.“ Die Verteidigerin nennt 600 Euro zu viel. Die Richterin verhängt 400 Euro und erlaubt Ratenzahlung: „Es war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.“