SondereinsatzGladbacher Feuerwehr bringt Hilfe für die Retter in Butscha
Bergisch Gladbach/Butscha – Die Sirenen warnen bereits vor dem nächsten Angriff, während Feuerwehrleute noch Menschen aus total zerbombten Häusern holen, mit C-Rohren auf die Flammen halten, die aus dem schlagen, was einmal Wohnungen waren.
Dabei haben die Retter in der Ukraine vielerorts selbst kaum noch Ausrüstung. Zumal im von der russischen Armee so grausam angegriffenen Butscha nordwestlich von Kiew. Dorthin hat am Wochenende die Bergisch Gladbacher Feuerwehr zwei ausgemusterte Feuerwehrfahrzeuge, einen weiteren Rettungswagen und rund 30 Tonnen Hilfsgüter, von Medikamenten über medizinisches Gerät bis hin zu Notstromaggregaten, Schutzausrüstung und Grundnahrungsmitteln auf die Reise gebracht.
„An die Tour werde ich mein ganzes Leben lang zurückdenken“, sagt Bürgermeister Frank Stein mit fester Stimme, als er am Sonntagmittag mit dem Konvoi zurückgekehrt ist. „Am bewegendsten war für mich, die Menschen an der Grenze zu sehen, die immer noch vor dem Krieg fliehen: Einen älteren Mann haben sie auf einem Wägelchen über die holprige Straße geschoben.“
Um 5 Uhr in der Frühe hat sich der Konvoi am Freitag auf den Weg gemacht. Zur Abfahrt ist auch der Leiter des Gladbacher Krisenstabs, Thore Eggert, gekommen. Gemeinsam mit Nicole Haag vom Vorbereitungsteam der Feuerwehr verteilt er Proviantpakete an die Fahrer.
Innerhalb weniger Tage und doch in ungezählten Stunden hat Vize-Feuerwehrchef Frank Haag den Konvoi und die Formalitäten mit seiner „Bodencrew“ vorbereitet. Manches medizinische Material ist sogar bis aus Bremen geholt worden.
Hilfsorganisationen helfen sich untereinander
Die zwei Sattelzüge, die mit den Einsatzfahrzeugen und einem Mannschaftstransportwagen für den Rücktransport der Fahrer auf die Reise gehen, hat die Humanitäre Hilfe Overath kurzfristig zur Verfügung gestellt.
Einer der Fahrer, Stefan Malczewski, der wie Niklas Habers von der Overather Feuerwehr kommt, hat jüngst erst einen Sattelzug für den Hilfstransport der Overather Hilfsorganisation in Kooperation mit dem Gladbacher Verein Hilfe Litauen Belarus an die ukrainische Grenze gebracht. Die Hilfsorganisationen unterstützen sich gegenseitig.
Fahrer, Strecke, Spenden
Hilfskonvoi in Zahlen
4 Einsatzfahrzeuge, zwei Löschfahrzeuge und zwei Rettungswagen, hat die Feuerwehr mit Hilfe der polnischen Partnerstadt Pszczyna auf den Weg nach Butscha gebracht.
30 Tonnen Hilfsgüter in zwei Sattelaufliegern der Humanitären Hilfe Overath wurden mit dem Hilfskonvoi der Gladbacher Feuerwehr in die Ukraine gebracht.
2814 Kilometer legten die Hilfstransporteure der Feuerwehr binnen 50 Stunden zurück. Kurz hinter der ukrainischen Grenze holten Helfer aus Butscha Fahrzeuge und Hilfsgüter ab.
50 000 Euro hat die Bethe-Stiftung für die noch laufende Spenden-Verdoppelungsaktion zur Verfügung gestellt.
12 Fahrer waren dabei: Frank Stein, Jörg Köhler, Hans Jörg Fernkorn, Dominik Möller, Martin Bolte, Elmar Schneiders, Niklas Habers, Stefan Malczewski, Timo Stein, Udo Steingass, Marc Ommerborn und Dirk Kästel. (wg)
Gladbachs Feuerwehrchef Jörg Köhler sitzt am Freitagmorgen selbst am Steuer eines Konvoi-Fahrzeugs. Mit dabei ist auch Dirk Kästel von der Bethe -Stiftung, die die städtische Spendenaktion mit einer großzügigen Summe von 50 000 Euro als Verdoppelungsspende unterstützt. Kästel berichtet Erich Bethe von unterwegs laufend über die Tour. „Eine tolle Organisation“, würdigt er die Vorbereitung.
Zunächst geht’s in Gladbachs polnische Partnerstadt Pszczyna, die ihrerseits eine Partnerschaft mit Butscha pflegt und schon beim ersten Hilfsgüterkonvoi der Gladbacher Feuerwehr vor drei Wochen half. Diesmal bringen die Deutschen die Hilfsgüter bis über die ukrainische Grenze. Feuerwehrchef Köhler fühlt sich an die Zeit erinnert, als er durch Afrika gereist ist: Stundenlang dauert die Abfertigung an der EU-Außengrenze – vor allem auf dem Rückweg.
Dabei ist der Hilfskonvoi gar nicht weit in die Ukraine hineingefahren. Nur ein paar hundert Meter, gerade mal so weit, wie die Männer aus Butscha, die die Hilfsgüter abholen, sich der Grenze nähern dürfen, da sie das Land zurzeit nicht verlassen dürfen. Sie haben ebenfalls zwei Sattelzüge dabei. Mit Hilfe von Hubwagen und Metallplatten, die zwischen die Ladeflächen gelegt werden, laden die Männer die Hilfsgüter um.
„Bewegend, wie sehr sie sich über die Hilfsgüter gefreut haben – und wie herzlich die Atmosphäre war“, erzählt Jörg Köhler. „Und wir waren nicht der einzige Hilfskonvoi“, ergänz Feuerwehrsprecher Elmar Schneiders: „Italiener, Engländer, Deutsche, teilweise auch mit Feuerwehrfahrzeugen, haben wir auf dem Weg in Richtung Ukraine gesehen. Und wie viele Autofahrer uns als Hilfskonvoi unterwegs einen »Daumen nach oben« gezeigt haben – echt bewegend.“
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„Das Engagement der Bevölkerung und vieler Unterstützer war wirklich unglaublich“, freut sich Köhler über die Hilfe, angefangen von Bauunternehmern, Spediteuren und einer Versicherung über Apotheker und Behörden bis hin zu zahlreichen Privatpersonen. „Und der Zusammenhalt der Crew war wirklich hervorragend“, sagt der Feuerwehrchef, als er und seine Mitstreiter am Sonntag nach Non-Stop-Fahrt von der ukrainischen Grenze mit regelmäßigen Fahrerwechseln wieder in Gladbach sind. „Hoffentlich nur, ist dieser Krieg bald endlich zu Ende.“