Bergisch Gladbach – Jahre des Stillstands, Jahre der Debatten liegen hinter den Gladbacher Bahndamm-Plänen, auch als Autobahnzubringer bekannt. Als politischer Zankapfel hat es die brachliegende Eisenbahntrasse der „Sülztalbahn“ zwischen Bergisch Gladbach und Frankenforst/Bensberg zu zweifelhaftem Ruhm gebracht.
Historie
Die Bahnstrecke von Bergisch Gladbach nach Bensberg wurde am 15. Oktober 1870 eröffnet, von Köln aus hatte die Bahn am 4. Dezember 1868 Bergisch Gladbach erreicht. Am 29. September 1965 stellte die Bahn den Personenverkehr zwischen Gladbach und Bensberg ein, 1989 den Güterverkehr. Eine Reaktivierung als Gütergleisstrecke mit Umschlag im Gewerbegebiet Zinkhütte endete 2012. Die letzte Fahrt auf den Gleisen war die Diesel-V60-Lok, die im September 2019 mit „Rheingold“-Waggons nach Bergisch Gladbach kam.
Jetzt gibt es wichtige Neuigkeiten in der Sache. Ein „Leuchtturmprojekt“ der Ratskooperation Grüne-SPD-FDP soll in Sichtweite kommen: der Radschnellweg auf dem Bahndamm, zwischen der Stadtmitte mit Einstieg an der Tannenbergstraße und Frankenforst (der letzte Brückenschlag zur Kölner Straße ist zugebaut), auf etwa vier Kilometern. Das würde ein komfortables kreuzungsfreies Radeln bedeuten, wie es auf ähnlichen Strecken zwischen Wipperfürth und Wuppertal oft anzutreffen ist.
Was soll beschlossen werden?
Am kommenden Dienstag soll der Ausschuss für Stadtentwicklung und Mobilität für Gespräche zwischen DB Netz AG (Tochter der Deutschen Bahn) und der Stadt stimmen. Die Bahn ist Eigentümerin der alten Trasse der Sülztalbahn. Abgestimmt werden soll, wie ein durchgängiger Radweg von der Innenstadt bis Frankenforst auf dem Bahndamm umzusetzen ist. Vom Autobahnzubringer ist im Beschluss keine Rede. Auslöser der Planungen ist eine neue Entlastungsstraße, die in der Stadtmitte am Gleisdreieck entstehen soll (von der Buchholzstraße zum Refrather Weg). Auch über sie wird in der Sitzung beraten.
Was ist mit dem Autobahnzubringer?
Der Autobahnzubringer L286/Ortsumgehung Bergisch Gladbach/Refrath wird seit Jahrzehnten geplant, er spaltet die Stadtgesellschaft. Ein erster Bauabschnitt geht von der Innenstadt bis zur Frankenforster Straße, im Landesstraßen-Bedarfsplan ist er bei Stufe 1 „Vorrangig zu planen“ einsortiert, das weitere Stück von Frankenforst bis zu einer neuen Anschlussstelle an die Autobahn ist „weiterer, Bedarf“.
Seit 2015 wartet die Verwaltung auf die Vorplanung für das sogenannte Linienbestimmungsverfahren, die Unterlagen liegen beim NRW-Verkehrsministerium. Aktuell bewegt sich nichts. In Bergisch Gladbach hat seit dem Wechsel der Mehrheiten der Bau von Radwegen Priorität.
Was sagt die Deutsche Bahn?
Die Bahn ist die Schlüsselakteurin. Sie muss sich mit der Stadt auf das Radschnellweg-Konzept verständigen. Ein Selbstläufer wird das nicht. Denn es gibt einen konkurrierenden Grundsatzbeschluss des Regionalrats Köln vom 2. Oktober 2020. Im Wortlaut: „Der Regionalrat fordert insbesondere die DB Netz AG auf, für sämtliche vom Regionalrat zur Trassensicherung vorgesehen Bahnstrecken bereits gestellte Anträge auf »Freistellung von Bahnbetriebszwecken« nicht weiter zu verfolgen.“
Vorstellbar ist also, dass die Bahn den Gladbacher Anlauf höflich mit Nein beantwortet. Der Regionalrat fordert dann die Bahn weiter auf, laufende Freistellungsverfahren einzustellen und zu berücksichtigen „dass (perspektivisch) ein Verkehrsbedürfnis besteht, jedenfalls aber langfristig eine Nutzung der Infrastruktur zu erwarten ist.“ Man könnte auch sagen: Liebe Bahn, hebt bloß keine alten Strecken auf.
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Der überfraktionelle Antrag von CDU, SPD, Grünen, FDP, Linke und Freien Wählern nennt exemplarisch 22 Bahnstrecken, darunter „Bergisch Gladbach – Bergisch Gladbach Lückerath“, die alte Trasse der Sülztalbahn. Begründet wird der Anlauf mit der Stärkung des ÖPNV, Neuplanungen seien wegen der hohen Siedlungsdichte mit erheblichen Einschränkungen und hohen Kosten verbunden. Regional wichtige Strecken sollen auf diese Weise gesichert werden.
Wie argumentiert die Verwaltung?
Wie die Bahn zwischen Regionalrat-Beschluss und Stadt entscheidet, erscheint völlig offen. In der Verwaltung wird auf die Insolvenz von Zanders hingewiesen; die Papierfabrik hatte die Strecke zuletzt für Gütertransporte genutzt. Die DB habe die Gleisanschlussverträge mit Zanders aufgehoben, so die Verwaltung, erforderlich sei aber auch eine nach Eisenbahnrecht gültige Stilllegung. Damit könnte die Strecke für andere Verkehrsarten genutzt werden. Fakt ist: Letztlich entscheidet die DB Netz AG.
Was passiert als erstes?
Kurzfristig soll der vorhandene Radweg am Fuß des Bahndamms verbessert werden, er quert Straßen und entspricht nicht modernen Radtrassen. Verständigt sich die Stadt mit der Bahn auf den Radschnellweg, soll ein Fachbüro mit Planungen beginnen. Gelder sollen in den Haushalt 2022/2023 kommen.
Wie teuer wird der Radschnellweg?
Bei den Kosten des Radschellwegs rechnet die Stadt mit 500 Euro je laufendem Meter Radweg (April 2019), insgesamt mit 2 Millionen Euro. Nicht dabei sind die Vorarbeiten: Flächenerwerb, Rodung, Bau von Zubringer-Rampen und Entfernung der Gleise.
Welche Bahnpläne gibt es?
Der Radschnellweg würde das Aus für alle Gedankenspiele einer Stadtbahn auf dem Bahndamm bedeuten. Zuletzt hatte der Kreis eine Machbarkeitsstudie für die Reaktivierung der ehemaligen Straßenbahnstrecke von Thielenbruch nach Gladbach/Zanders-Gelände beschlossen. In Höhe Refrather Weg kreuzt die Straßenbahntrasse die Eisenbahntrasse. Überlegungen eines Stadtbahnanschlusses an den Bahndamm schienen zuletzt Fahrt aufzunehmen. In Frankenforst hätte ein Anschluss an die Stadtbahntrasse 1 gelingen können.