Bergisch Gladbach – Dieser junge Radler, vielleicht Ende 20, fährt schnurstracks auf dem Streifen, und die im Stau stehenden Pkw überholt er locker. Der kleine Fahrradmotor summt leise. Mit einigen Pedaltritten ist der Radfahrer an der Kreuzung Kölner Straße. Sportklamotten weisen den Mann als radaffin aus.
Das Wichtigste zuerst: Diese Zählung ist nicht repräsentativ. Die Redaktion hat am Dienstag eine Stunde die Räder auf dem neuen Test-Radschutzstreifen an der Buddestraße gezählt. Von 16.20 Uhr bis 17.20 Uhr in der Hauptverkehrszeit. Ergebnis: Zwölf Radfahrer nutzten in 60 Minuten das neue Angebot, darunter ein Kind auf dem Gehweg.
Im Schnitt radelte also alle fünf Minuten jemand vorbei. Zu sehen waren überwiegend erfahrene Radfahrer, die sich sicher an der Fahrzeugschlange vorbei bewegten. Auch vorbei an dicken Lastwagen mit Anhänger und an Linienbussen, die hier oft unterwegs sind. Die Frage des Tages: Sind zwölf Radfahrer mehr als vorher? Und hat sie der neue Radstreifen in Bewegung gebracht? Antworten auf diese Fragen suchen die Verkehrsplaner der Verwaltung in dem „voraussichtlich“ bis November laufenden Versuch. Der Radstreifen jedenfalls soll das Radfahren unterstützen.
Der Autoverkehr war am Redaktions-Testtag sehr deutlich intensiver als der Radverkehr, wie immer auf dieser Passage. Aber die Wegnahme der Auffädelspur zugunsten des Radverkehrs brachte an diesem Tag die Autofahrer nicht an den Rand einer Katastrophe. Einige Minuten Wartezeit mussten sie im Stau stehen, aber das tun sie an dieser Stelle ja fast immer.
Teile des Mobilitätskonzeptes
Der Radstreifen auf der Buddestraße in Bensberg ist Teil des Mobilitätskonzepts der Stadt. Ziel ist die Schaffung eines zusammenhängenden Netzes an Radwegen, idealerweise an den Hauptachsen. Die Idee eines Radschnellwegs auf dem etwas abseits gelegenen alten Bahndamm von der Stadtmitte nach Bensberg spielt aus diesem Grund aktuell bei der Stadt nur eine untergeordnete Rolle. Hinzu kommen komplexe Planungsfragen beim Bahndamm, die sich aus dem seit Jahren laufenden Projekt Autobahnzubringer ergeben. (cbt)
Auch einen überlangen Rückstau bis runter nach Lückerath gab es diesmal nicht, wie an anderen Tagen. Allerdings sind noch viele Gladbacher im Urlaub, und an einem dunklen Regentag im November könnte es daher auch ganz anders aussehen.
Statt Buddestraße durch Bensberg-Mitte
Der Grund für das halbwegs geschmeidige Vorankommen könnte auch an den Autofahrern selbst liegen. Sie nutzen verstärkt den Weg über die Gladbacher Straße und damit durch Bensberg-City. Das war am Testtag ganz deutlich zu erleben. In jeder Grünphase an der Kreuzung von Budde- und Gladbacher Straße bogen zehn oder elf Pkw zielgerichtet ab. Über die Gladbacher Straße geht es bei entsprechender Ortskenntnis schnell zu Kölner oder Wipperfürter Straße.
Und von Ortskenntnis der allermeisten Autofahrer ist auszugehen. Der Trend, statt der schwer zu planenden Staustrecke Buddestraße durch Bensberg-Mitte zu fahren, scheint sich jedenfalls festzusetzen. Die Innenstadt-Umfahrung auf der Buddestraße hat mit dem Radangebot offenbar für Autofahrer an Attraktivität verloren. Andere Ausweich-Strecken (über Saaler Straße, die Berzeliusstraße oder durch die Siedlung Milchbornbach) scheinen eher die Ausnahme zu sein: sie sind zu kompliziert und zu weit zu fahren.
Fehlender Radstreifen an der Kölner Straße schreckt ab
Die Radfahrer sind übrigens auch auf der Gladbacher Straße anzutreffen, sogar in etwa gleich stark wie auf der Buddestraße. Offenbar zieht das neue Radangebot nicht alle Pedalfreunde an. Der kurze Weg zum Einkaufen in Bensberg könnte ein Grund sein, die zu erklimmende Steigung der Gladbacher Straße ist mit Elektro-Unterstützung locker zu bewältigen.
Gut möglich, dass auch der noch fehlende Radweg an der Kölner Straße abschreckt. Dem neuen Schutzstreifen fehlt an dieser Stelle die Verbindung, und jeder Radfahrer muss auf die Fahrbahn. Hier sucht die Stadt mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub ADFC nach einer passenden Lösung.