Rhein-Berg – Alles gesperrt in und um die Rhein-Berg-Galerie. Gaffende Zuschauer, Kabelrollen, Catering und viel wichtiges Gedöns. Die Hauptstraße gehörte in der vergangenen Woche mal wieder einem Film-Team. Mit der vierten Staffel der Comedy-Reihe „Knallerfrauen“ (Hauptrolle Martina Hill) war allerdings nicht unbedingt der ganz große Glamour angesagt. Da hatte der Kreis schon Besseres zu bieten. Ein nostalgischer Rückblick – nicht nur für Cineasten! Seit Jahrzehnten ist der Rheinisch-Bergische Kreis Schauplatz für Filmgeschichten. Immer wieder finden die Location-Scouts der Produktionsgesellschaften pittoreske Drehorte – dumm nur, dass sie im Film dann meistens nicht im Bergischen liegen, sondern im Ruhrpott, Allgäu, Österreich oder gar in England . . .
Wie zum Beispiel Haus Steinbreche in Refrath, wo vor 50 Jahren der mutmaßlich erste Film gedreht wurde: „Die Schlüssel“ nach einem Roman von Francis Durbridge, einer jener berühmten TV-Straßenkehrer. Haus Steinbreche wurde zum Landsitz Royal Falcon – sogar mit britischem Briefkasten. Auch die Wirkungsstätte von „Forstinspektor Buchholz“, der von 1989-93 für die ARD-Serie in Schloss Lerbach einzog, lag im Film deutlich südlicher.
Die Dauer-Soap „Verbotene Liebe“ verleugnet ihre Wurzeln ebenfalls. Seit 2004 fanden die Dreharbeiten auf dem Gelände von Schloss Ehreshoven bei Overath statt; das Damenstift ist längst zur Pilgerstätte für Fans geworden. Im Film heißt Ehreshoven Schloss Königsbrunn und ist Wohnsitz der Adelssippe von Lahnstein, deren Intrigen das Fernsehpublikum immerhin 20 Jahre lang in Atem hielten. Ende Juni hat die ARD die Seifenoper eingestellt, nach 4664 Folgen. Tierarzt Dr. Herbert Deesen dagegen durfte seine Praxis authentisch verorten – die gleichnamige Doku-Serie von Animal Planet spielte just in Herrenhöhe bei Overath, wo der Doc heute noch praktiziert.
Fette Jahre von 2007 bis 2009
2003 wird das Mediterana zum Wellnesshotel in Ghana („Welcome Home“), 2005 die Bergisch Gladbacher Polizeiwache zum Ruhrpott-Krankenhaus für Götz George im WDR-Film „Später Sommer“.
2007 bis 2009 sind besonders „fette“ Jahre. Mehrere Folgen mit „Rennschwein Rudi Rüssel“ werden in Overath, Lindlar und Umgebung gedreht. Gut Leffelsend in Immekeppel ist der Stammsitz der Filmleute vor Ort. Der Ur-Ur-Ur-Enkel des prominenten Ferkels erobert die Herzen der Overather im Sturm, obwohl auch sie im Film leider nicht vorkommen, denn da liegt das Bauerngut in der Lüneburger Heide.
2008: „Alarm für Kobra 11“ im Kürtener Splashbad. Zwei Tage und Nächte liefert sich die 70-köpfige Crew wilde Verfolgungsjagden über Wasser und Wiese; immerhin spielt die Actionserie am Rand der Autobahn 4.
„Schlaflos“ in der Grünen Ladenstraße
In Gut Hungenbach steht derweil der Schauspiel-Star Rolf Hoppe am Herd, als Patriarch eines fiktiven Restaurants, das um seinen zweiten Stern kämpft. „Martha geht tanzen“ heißt der ARD-Film, der das Kürtener Landgut 90 Minuten lang ganz groß rausbringt. Hoppe lobt, „dass es hier wie in meiner Heimat im Erzgebirge aussieht“.
„Schlaflos“, ein städtischer Psychothriller mit Senta Berger, entsteht in der Grünen Ladenstraße. Clou: In der gleichen Nacht führt die Polizei ihre Aktion „Sichere Innenstadt“ durch, um Angsträume der Bürger zu schließen. Das führt zu der kuriosen Situation, dass just in jener Nacht alles hell erleuchtet und ziemlich angstfrei ist. Mariele Millowitsch ist als Kommissarin Marie Brandt im VPH unterwegs. Gedreht wird in der Notfallambulanz, die aber ein Kölner Krankenhaus sein soll.
Mit Pea aus Refrath tritt zum ersten Mal eine Gladbacherin in der Vox-Show „Das perfekte Diner“ auf. Ein Kamerateam begleitet sie, wie sie Fisch auf dem Markt einkauft. Immer wieder gibt es Sieger aus dem Kreis, zuletzt den Kürtener Fotografen Horst Fadel.
Im Bergischen Löwen wird 2009 ein ganz besonderer Film uraufgeführt: Der Action-Heimatfilm „Tom Morgan“ spielt fast komplett in Bergisch Gladbach. In den Hauptrollen: Patrick Duske und Burkhardt Unrau als sein zwielichtiger Widersacher Burks, Fritz Roth als schlitzohriger Bestatter, Wolfgang Bosbach und Ferdinand Linzenich. Höhepunkt ist eine Verfolgungsjagd nach einer spektakulären Flucht aus dem Casino Gladbach, ein Hubschrauberflug übers Colosseum (Rhein-Berg Galerie). Insgesamt haben 40 Bergisch Gladbacher mitgespielt.
Aufs Klo in die Kita
2010 will der Rapper Eko Fresh für ein Vampir-Video in der evangelischen Gnadenkirche eine katholische(!) Trauung inszenieren. Pfarrer Werner schreitet ein und improvisiert einen ökumenischen Gottesdienst. Das Video wird ein Youtube-Hit.
Venauen in Rösrath wird 2011 zur Kulisse für Yvonne Catterfeld als „Das Mädchen auf dem Meeresgrund“. Das ZDF hat im Inneren des Schlosses das Büro des berühmten Meeresforschers Hans Hass nachgebaut, dessen Frau Lotte Catterfeld in dem Doku-Film spielt. Max Ballauf und Freddy Schenk finden in ihrem Tatort „Fette Hunde“ eine Leiche im Luftschutzbunker an der Rotdornallee in Hoffnungsthal. Das Mordopfer stammt allerdings nicht aus dem Zweiten Weltkrieg, in dem der Bunker errichtet wurde, sondern ist ein Drogenkurier aus Afghanistan. Der Geschichtsverein begleitet die Dreharbeiten unter Tage, aufs Klo dürfen die Akteure in der Kita Purzelbaum.
Daniel Brühl spielt 2012 Formel-1-Star Niki Lauda. Die 120-köpfige Hollywood-Crew dreht die Schlüsselszene des Films „Rush“ im Rathaus von Bergisch Gladbach, das als Wiener Standesamt fungiert und rot gestrichen wird. Hier heiratet Lauda seine Marlene (Alexandra Maria Lara). Zudem wird das Foyer des Rathauses zur Bank umgebaut – ein Aufwand, der der Stadt immerhin mit 5500 Euro vergütet wird.
2013: „Der letzte Bulle“ wird in eine Schießerei verwickelt an der Tiefgarage zur Schloßstraße in Bensberg, die Anrheiner machen das Gladbacher Rathaus zum Kölner Gerichtsgebäude. In der Hotelküche des Grandhotels Schloss Bensberg kocht sich der Tamile Maravan mit seinem Love Food ins Herz der Züricher Schickeria – und ins Bett von Jessica Schwarz. Die romantische Auswandererkomödie „Der Koch“ wird für Regisseur Ralf Huettner ein großer Kinoerfolg.
Tierisches Finale mit Cordula Strathmann
Ein Dreh beschert 2014 besonders viel Medienrummel vor dem Whiskey Bill. Das Forsbacher Vergnügungslokal ist für eine Tatort-Szene mit Hannelore Elsner und Götz George total abgeschottet. Der stargespickte Krimi „Besondere Schwere der Schuld“ über einen entlassenen Sexualstraftäter (George) wird bundesweit Staub aufwirbeln. Im Film heißt das Lokal „Zum Wiesgen“ und steht in einem Ruhrpottkaff.
Tierisches Finale: Ilse, eine Schwarzbunte aus Oberodenthal, ist der jüngste Star aus heimischer Erde. In der ARD-Vorabendserie „Die Kuhflüsterin“ mit Cordula Strathmann, die seit 3. Juli jeweils freitags ab 18.50 Uhr läuft, heißt das Rindviech Mutti und wohnt im fiktiven Ort Oberbreitbach – der immerhin im Bergischen liegen darf. Endlich daheim!