Über 250 Besucher kamen zu einer Bürgerversammlung in Kürten. Beraten wurde über neue Unterkünfte für Geflüchtete.
MigrationKürtener Bürger haben Bedenken wegen Standorten für Geflüchtete
Jubel gab es kaum für die neuen Wohnplätze, in denen die Gemeinde Geflüchtete unterbringen möchte. Ganz im Gegenteil: Für die Standorte in Kürten-Mitte (60 Plätze), Spitze (60 Plätze) und Broch (90 Plätze) übten die Anwesenden teils scharfe Kritik. Über 250 Personen waren zur Infoveranstaltung der Gemeinde ins Bürgerhaus gekommen, davon mussten rund 50 im Foyer stehen.
Auf dem Podium versuchten Bürgermeister Willi Heider, Leo Wulf aus dem Kernteam der Initiative Fluchtpunkt Kürten, Amtsleiterin Monika Chimtschenko sowie weitere Mitarbeitende die Zwänge der Kommune zu erklären. Teils geriet die Mikrofonanlage dabei an ihre Leistungsgrenze.
Kürten: Über 300 Plätze für Geflüchtete fehlen
Hintergrund der Versammlung: Durch weitere Migranten, die der Kommune vom Land NRW zugewiesen werden (185 Personen), und den Wegfall mehrerer bislang angemieteter Wohnungen fehlen der Kommune bis Jahresende 335 Plätze, eine große Herausforderung, „Wir müssen für eine menschenwürdige Unterbringung sorgen. Die Gemeinde hat keine andere Wahl“, versuchte Heider zu erklären.
Und er sagte, dass die Kommune ihr Ziel mit den drei Standorten lange noch nicht erreicht habe. „Wir müssen uns möglichst bald weitere Flächen anschauen.“ Wo das sein könnte, blieb an diesem Abend offen. Für Broch und Spitze plane die Gemeinde auf sechs Jahre Wohnmodule aufzustellen, in Kürten an der Jugendherberge gegebenenfalls auch langfristig.
Kürten plant feste Wohnhäuser für Geflüchtete
Außerdem werde die Gemeinde „in allen Ortslagen“ feste Wohnhäuser für Geflüchtete errichten, für jeweils bis zu 40 Menschen, so in Dürscheid und Bechen, auf einem schmalen Grundstück in Waldmühle eine kleinere. Dies alles benötige aber drei bis fünf Jahre Vorlauf. Deshalb die Module als Zwischenlösung. Zum Standort Spitze, auf einer Wiese nahe der Kreuzung, sagte ein Besucher: „Zwei Kneipen, eine Tankstelle, da ist sonst nichts.“
Barbara Frielingsdorf, Rektorin der Gemeinschaftsgrundschule im nahen Dürscheid, berichtete, dass an ihrer Schule nur noch sechs Plätze frei seien. Sie wisse nicht, wie sie weitere Kinder unterbringen könne. Auch bei Offenem Ganztag und Randstunde gebe es keine Kapazitäten. Im Kitabereich gebe es schon jetzt Probleme. Es müsse über die Folgen der Entscheidung gesprochen werden. Dies alles müsse auch im neuen Schulentwicklungsplan (kommt 2024) berücksichtigt werden.
Der Bürgermeister ging darauf nicht ein, dies sei nicht das Thema des Abends, sagte er. Kritik auch am Standort in Broch, auf einer Wiese gegenüber der Firma Nordhaus. „In Broch gibt es sechs Häuser. Wie soll da die Integration gelingen?“, fragte eine Anwohnerin. Sie sei nicht verpflichtet, sich für die Integration einzusetzen und habe ihr eigenes Leben.
Den Vorwurf, die Fläche sei aufgrund weitläufiger Verwandtschaft des Bürgermeisters ausgewählt worden, wies Heider zurück: „Ich bin mit vielen Menschen in Kürten verwandt.“
Zu laut für die Geflüchteten
Auch die Fläche an der Jugendherberge geriet in die Kritik. Der Sportplatz unten im Tal sei Treff der Autotuner-Szene, die Beschallung oft extrem. Die Geflüchteten würden unter diesen Verhältnissen leiden. Heider betonte, dass alle drei Standorte mit guter Infrastruktur versehen seien, auch mit Buslinien. Einkaufsmöglichkeiten seien für die Bewohner gut erreichbar.
Die Gemeinde richte auch eine vierte Hausmeisterstelle neu ein, kündigte der Bürgermeister an. Daneben gebe es die beiden Sozialarbeiter. Der Fluchtpunkt übernehme weitere wichtige Integrationsarbeit. Dessen Mitglied Leo Wulf warb um verstärkte Bemühungen der Bürger und berichtete von Erfolgen bei der Arbeitssuche.
„Wir dürfen die Mitmenschen nicht alleine lassen, wir müssen sie an die Hand nehmen. Die Leute kommen in Kürten an, wenn man sie mitnimmt.“ Der Fluchtpunkt suche dringend weitere Integrations-Unterstützer.