Seit über 20 Jahren verschwundenKürtener suchen nach historischem Denkmal
- Ein Dorf sucht sein Kreuz: Vor über 20 Jahren ist das historisch bedeutsame Wegekreuz einfach verschwunden.
- Das unter Denkmalschutz stehende Kreuz von Durhaus bei Biesfeld scheint wie vom Erdboden verschluckt.
- Aber die Mitglieder des Kürtener Geschichtsvereins geben nicht auf. Unter „Chefermittler” Kunibert Förster recherchieren sie auf Hochtouren.
Kürten – Das hat etwas von „Aktenzeichen XY ungelöst“: Gesucht wird in Kürten ein historisch bedeutsames Wegekreuz. Verschwunden ist es vor 20 und mehr Jahren. So genau weiß es keiner mehr.
Eine Phantomzeichnung gibt es auch: Eichenholz, gefasst, 4,50 Meter, entstanden um 1800, geschnitzt mit Giebel und geschweiften Balken, darauf die Wundmale und Folterwerkzeuge Christi. Am Fuß eine kleine Nische, unterhalb ein geschnitzter Kelch und eine geschnitzte Uhr, deren Zeiger auf 3 Uhr stehen, der Todesstunde Christi.
Das letzte „Lebenszeichen“ hat es 1994 gegeben. Seitdem verliert sich die Spur des unter Denkmalschutz stehenden Wegekreuzes von Durhaus bei Biesfeld. Liegt es in einem Keller? In einer Scheune? Steht es an einem unbekannten Ort? Niemand weiß es.
Bei der Polizei sind es „Profiler“, die in schwierigen Kriminalfällen eine Fallanalyse erstellen und damit dem Täter auf die Spur kommen wollen. Diese „Profiler“ sind in Kürten die Mitglieder des Geschichtsvereins. Kunibert Förster ist der „Chefermittler“, der sich an das Kreuz erinnert hat und seit Monaten recherchiert. Einen Anlass dafür habe es nicht gegeben, sagt er. „Ich will der Sache einfach auf den Grund gehen.“
Vom Erdboden verschluckt
Er hat Kontakt aufgenommen mit Karin Wette, der für den Denkmalschutz zuständigen Mitarbeiterin im Kürtener Planungsamt, und nachgefragt beim Amt für Denkmalpflege im Rheinland des Landschaftsverbands, bei den politischen Fraktionen in Kürten, den Interessengemeinschaften und den Alteingesessenen. Irgendwer muss doch mitbekommen haben, was aus dem Wegekreuz geworden ist, hofft Förster.
Aber es scheint so, als sei es vom Erdboden verschluckt. Dabei gilt das Kreuz, rund 200 Jahre alt und von einem unbekannten Meister angefertigt, als eines der wertvollsten im Bergischen Land. Die Darstellung der Folterwerkzeuge Christi auf den Holzbalken hebt es heraus aus der Vielzahl der Wegekreuze. Es könnte in der selben Werkstatt entstanden sein, aus der auch die Wegekreuze in Herkenrath-Breite (heute am Sander Dorfplatz), in Bechen-Wehrkotten, Dürscheid-Hove und Breibach stammen. Der Name des Meisters ist nicht überliefert. Fachleute sprechen von den fünf Kreuzen einer Bechen-Dürscheider Gruppe.
Besondere Kreuze
Die Arma-Christi-Kreuze sind in der Regel aus Holz gefertigt. Im Unterschied zu normalen Wegekreuzen weisen sie die Besonderheit auf, dass sie keinen Korpus tragen. Stattdessen zeigen sie die Wundmale Christi, dargestellt durch die durchbohrten Hände und Füße und das durchbohrte blutende Herz. Sie zeigen auch die Marterwerkzeuge, mit denen Christus gequält wurde. Die Arma-Kreuze kommen hauptsächlich in Süddeutschland vor, in Österreich, Südtirol und der Schweiz. Weil die bergischen Arma-Kreuze sich sehr ähnlich sind, wird vermutet, dass sie vom gleichen Künstler oder aus der gleichen Werkstatt stammen. Fünf Kreuze sind bekannt: in Durhaus (vermisst), Dürscheid-Hove (Original verbrannt, Kopie), Breibach (heute in der Biesfelder Kirche), Sand (saniert 2002, Replik am Standort Breite) und Bechen-Wehrkotten.
Über Jahrhunderte stand das Kreuz an Ort und Stelle, am Fachwerkhaus Durhaus 1. Aussagen zu den Stiftern fehlen auf den sogenannten Arma-Kreuzen – das lateinische „arma“ heißt auf Deutsch „Waffen“. Wir Heutigen wissen nicht, weshalb das Kreuz gerade in diesem einsamen Weiler zwischen Biesfeld und Dürscheid aufgestellt wurden. Wie es ausgesehen hat, wissen wir allerdings sehr genau.
1998 nicht mehr aufzufinden
Das ist dem Kürtener Heimatfreund Werner Lüghausen zu verdanken. Er hat in den 1980er und 1990er-Jahren alle Kreuze akribisch gemalt, auch das Durhauser. 1982 sei es gut erhalten gewesen, berichtet er in seinem Kürtener Wegekreuz-Buch (erschienen 1999). „Heute 1998 ist es nicht mehr aufzufinden“, heißt es im nächsten Satz. Angeblich habe es zwischenzeitlich in einem Stall des ehemaligen Heimatmuseums gelegen.
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Lüghausen hat das Durhauser Kreuz als Titelmotiv seines Buches ausgewählt. Ausgehend von dieser Information nahm Förster die Fährte auf. Ende der 1980er Jahre sei das Wegekreuz in einem sehr schlechten Zustand gewesen, berichtet er. Es habe zuletzt auf dem Bauernhof Gut Schiff in Herrenstrunden auf seine Instandsetzung gewartet. Hans-Gerd Eyberg, dem Gut Schiff gehört, erinnere sich, dass es sein Vater Franz Eyberg um 1990 an jemanden zur Sanierung weitergegeben habe. Förster: „Aber diese Information ist nicht sicher.“ Auf Gut Schiff ist es jedenfalls nicht mehr auffindbar.
Förster hat weiter über den Landeskonservator ermittelt, dass es 1989 eine Sanierungsanfrage der Gemeinde Kürten an den Landschaftsverband gegeben habe. Im Jahr 1994 habe es laut Aktenlage zwei Ortstermine auf Gut Schiff gegeben. Förster: „Ein Auftrag ist aber nach Aussage des Denkmalamtes nicht erfolgt.“ Danach verliert sich die Spur des Kreuzes. Sachdienliche Hinweise nimmt „Chefermittler“ Förster entgegen.