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Geplante UnterkunftAnwohner in Odenthal-Höffe fühlen sich mit 60 Geflüchteten überfordert

Lesezeit 4 Minuten
Ein rotes Plakat steht an einer Straße. Darauf der Protest einer Bürgerinitiative gegen den Bau eines Flüchtlingsheims in Odenthal.

Eine Bürgerinitiative kritisiert den geplanten Bau einer Flüchtlingsunterkunft in Odenthal-Höffe.

Beim Informationsabend erläuterte die Odenthaler Verwaltung die Gründe und Entwürfe für das Bauvorhaben. Die Anwohner äußerten Kritik am Vorgehen.

Höffe ist ein kleiner Ortsteil von Odenthal, mit gerade einmal 123 Einwohnern. Am Donnerstagabend dürfte er wie ausgestorben gewirkt haben. Denn zur Informationsveranstaltung über die geplante Flüchtlingsunterkunft neben dem Feuerwehrgerätehaus, zu dem die Gemeinde eingeladen hatte, waren rund 200 Personen ins Schulzentrum gekommen. Neben Anwohnern auch weitere Odenthaler und Mitglieder der Ratsfraktionen.

Die Positionen waren schnell klar: Hier der Verwaltungsvorschlag (der bisher auch die Mehrheit der Politik hinter sich zu haben scheint), auf dem 1.300 Quadratmeter großen Areal in Höffe zweigeschossig zu bauen, mit bis zu fünf Wohnungen pro Etage für insgesamt maximal 60 Personen. Die Gründe: Die Zuweisungen von Menschen nach Odenthal halten an, die Unterkünfte seien überfüllt, die Gemeinde ist aber verpflichtet weiter aufzunehmen.

Die Gemeinde will keine Container und Baracken mehr

Auf der anderen Seite die Bürgerinitiative, die das geplante Gebäude für überdimensioniert und die Infrastruktur aus mehreren Gründen für ungeeignet hält. Sie kann sich dort maximal eine provisorische Unterkunft für vielleicht 15 Menschen vorstellen.

Container und Baracken – die möchte die Gemeinde aber nicht mehr einsetzen. Nachhaltig will sie bauen, abgeschlossene Wohneinheiten, die später auch als Sozialwohnungen genutzt werden könnten. Langfristig sei das kostengünstiger, meint sie.

Die Unterkunft Steinhauser Busch ist marode und verursacht hohe Kosten

Nach Höffe soll ein Teil der 80 Menschen umziehen, die bisher am Steinhauser Busch wohnen. „Die meisten Menschen leben schon lange hier. Die sehen Sie täglich im Bus“, versuchte Integrationsbeauftragte Claudia Kruse die Sorge vor den neuen Nachbarn zu nehmen. Hintergrund ist, dass das ehemalige Awo-Feriendorf am Steinhauser Busch - lange nur als provisorische Unterbringung geplant - marode ist.

Die Nachtspeicheröfen sorgten zudem für exorbitante Kosten. 102.000 Euro (zum Vergleich: Im Schwarzbroich 25.000 Euro) zahle die Gemeinde, die seit Sommer Eigentümerin der Immobilie ist, jährlich für den Strom dort. Schlimmer aber die Bau- und Brandschutzmängel.

Bürgermeister: „Die Unterbringung ist nicht menschenwürdig“

„Die Unterbringung ist nicht menschenwürdig“, sagte Bürgermeister Robert Lennerts (parteilos). Zum Beweis hatte die Verwaltung Fotos aus Hütten und Haupthaus mitgebracht, auch von einer fensterlosen Kammer, in der eine Familie mit Kind untergebracht werden musste. Zweifler im Saal lud sie zur Ortsbesichtigung ein.

Lösen würde Höffe das Gesamtproblem der Unterbringung allerdings allein schon zahlenmäßig nicht. Aber bereits bei den Baukosten von geschätzt drei Millionen Euro (bisher standen 2,5 Millionen im Raum) ging ein Raunen durch die Reihen. „Wer zahlt das?“, wollte ein Zuhörer wissen. Wenig erfreulich die Antwort: Das müsse die Gemeinde allein stemmen, so der Bürgermeister. Geld von Bund oder Land gebe es dafür nicht.

Kritik: „Drei Millionen Euro Kosten - keine zusätzlichen Plätze“

Man gebe also für Höffe „drei Millionen Euro plus“ aus und habe am Ende nicht einen einzigen Platz für Flüchtlinge mehr geschaffen, machte Nicole Baron, die in Höffe wohnt und sachkundige Bürgerin der FDP ist, ihre Rechnung auf. Ihre Fraktion lehnt den Flüchtlingsneubau bisher als einzige Fraktion im Rat kategorisch ab.

Auf Nachfragen, was nach dem Abriss Am Steinhauser Busch entstehen soll, sagte der Bürgermeister: Das müsse die Politik in den nächsten Jahren entscheiden. Aber, das machte er deutlich, es sollten sowohl dieses als auch das Grundstück in Höffe „entwickelt“ werden und nicht dauerhaft brach liegen.

Bürger fordern die Überprüfung aller Kapazitäten - inklusive Trauerhalle

„Warum keine sukzessive Renovierung am Steinhauser Busch?“, wollte eine Frau aus Höffe wissen. „Weil wir kein gutes Geld schlechtem hinterherwerfen wollen“ meinte der Bürgermeister mit Blick auf den Gesamtzustand der Anlage. Helfen würde hingegen eine größere Bereitschaft, privaten Wohnraum für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen.

Ein Schotterparkplatz neben einem Feuerwehrgerätehaus.

Auf dem 1.300 Quadratmeter großen Areal neben dem Feuerwehrgerätehaus soll der Neubau entstehen. Bisher wird das Gelände als Wanderparkplatz und Wendehammer genutzt.

Vor zehn Jahren seien in Höffe 30 Flüchtlinge auf engstem Raum untergebracht gewesen, berichtete ein damaliger ehrenamtlicher Helfer. Schon das sei problematisch gewesen: „Dort 60 unterzubringen, ist unverantwortlich.“ Man fordert die Überprüfung aller anderen Kapazitäten, sogar die Trauerhalle in Selbach wurde wieder ins Spiel gebracht. Zwischendurch immer wieder Applaus für die eine oder andere Seite im Saal, auch für die Arbeit der Ehrenamtlichen, so den Arbeitskreis Asyl.

Kritiker: „Die Integration ist nicht zu leisten“

Man habe keine Probleme damit, „Gäste“ in Höffe aufzunehmen, meldete sich ein Mann der Bürgerinitiative gegen den Bau zu Wort. Doch die Infrastruktur reiche nicht aus, die Integration sei zahlenmäßig hier nicht zu leisten. Da müsse man mit Blick auf die Geflüchteten fragen: „Was tun wir ihnen damit an?“ Für Sabine Dekant vom Integrationsteam, sichtlich angefasst von den Schicksalen, die ihr täglich begegnen, stellte sich diese Frage anders: „Was muten wir diesen Menschen denn gerade zu?“.

Trotz des Appells des Bürgermeisters, die Flüchtlingsunterbringung nicht zum Wahlkampfthema zu machen, war der Abschluss wenig versöhnlich: „Die Parteien sollten sich Gedanken machen“, sagte der vorerwähnte Anwohner. „Wir werden maximalen Stress bereiten.“