ProzessBruder einer Braut schlägt in Odenthaler Bank Polizist mit Schuh

Lesezeit 3 Minuten
Volksbank Berg Filiale Odenthal

In der Odenthaler Filiale der Volksbank Berg spielten sich nach einer Hochzeit frühmorgens hässliche Szenen ab.

In Odenthal wurde fröhlich Hochzeit gefeiert, doch um 6.40 Uhr verlor der Bruder der Braut die Fassung und schlug, nur in Unterhose, zu.

In der Gerichtsverhandlung sehen sich die beiden jungen Männer zum ersten Mal seit ihrem Zusammenstoß im Schalterraum der VR-Bank in Odenthal wieder. Beide sind 27 Jahre alt, beide haben ein gepflegtes Äußeres, sie könnten (Zwillings-)Brüder sein: kurzes schwarzes Haar, kurz geschnittener Vollbart, Polohemd, Jeans.

Es ist an diesem heißen Sommervormittag im Gerichtssaal eine völlig andere Situation als am 5. März 2022, als der Angeklagte Kai G. (Namen geändert) nach der prächtigen Hochzeitsfeier seiner Schwester in einem Hotel in Odenthal morgens um 6.40 Uhr volltrunken im Schalterraum der Volksbank Berg an der Altenberger-Dom-Straße randalierte und der Polizeibeamte Nico P. gemeinsam mit zwei Kolleginnen zum ersten Einsatz der Frühschicht ausrückte.

Randale in Unterhose – und der Anzug ist hinüber

„Aus dem Nichts“, so schildert es Polizist P. vor Gericht, kam die Attacke. Der mit 1,44 Promille erheblich alkoholisierte und womöglich auch bekiffte Student griff die Beamten an, verletzte sie, wurde überwältigt und dabei selbst verletzt. Ihm für damals ein „blaues Auge“ zu bescheinigen wäre beschönigend: Nach den Worten seiner Verteidigerin Iris Stuff fürchtete er zeitweise um sein Augenlicht.

Doch hat es der bis zu der Odenthal-Randale strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getretene Student insbesondere seiner Verteidigerin zu verdanken, dass er am Ende dann doch nur mit einem blauen Auge – dieses Mal im übertragenen Sinne – den Gerichtssaal von Richterin Pauline Willberg verlassen kann: Gegen Zahlung von 1500 Euro an den Kinderschutzbund in Rösrath, entsprechend etwa drei Monatseinkommen, wird das Verfahren eingestellt.

Polizist nimmt Entschuldigung an

Die Anwältin lässt keinen Zweifel daran, dass sich ihr Mandant alles selbst eingebrockt habe. Das sagt der junge Mann auch selbst, als er sich bei dem Polizisten entschuldigt: „Ich möchte sagen, dass es mir echt leid tut!“ Dass die Situation sich so entwickelt habe, gehe allein auf sein Konto.

Anwältin Stuff ergänzt, dass sich Kai G. bereits verpflichtet habe, 400 Euro an eine bei dem Einsatz ebenfalls verletzte Beamtin zu zahlen. Das biete er auch Nico P. an. Der überlegt kurz, nimmt dann an. Kai G. mache eigentlich einen guten Eindruck auf ihn; an dem Morgen hätten wohl „Betäubungsmittel und Alkohol aus Ihnen gesprochen“.

Anfangs komische Situation eskaliert plötzlich

Nach dieser Replik kommt sogar ein kurzer Dialog zustande, als der Beamte auf eine Frage der Verteidigerin erklärt, dass er keineswegs mit der Absicht, jemanden zu verletzen, in den ersten Einsatz gestartet sei. Doch nachdem ihn der andere mit dem Schuh im Gesicht getroffen habe, habe er ebenfalls zugeschlagen und in dem Moment nicht so genau zielen können. Mittlerweile ist der Beamte zur Kripo gewechselt.

Bei aller späteren Dramatik hatte der Einsatz zunächst einer gewissen Komik nicht entbehrt. Kai G. hatte den Vorraum der Bank durcheinander gewirbelt und sah auch selbst reichlich derangiert aus: Die Jacke des eigens gekauften teuren Hochzeitsanzugs war kaputt, die Hose hatte er ausgezogen und lief in Unterhose herum. Einen der beiden Anzugsschuhe hatte er am Fuß, den anderen in der Hand.

Zunächst ließ er sich von den Ordnungshütern nach außen komplimentieren, dann wurde er widerborstig, dreist – und schlug mit dem Schuh ins Gesicht des Beamten. Die Sache, an die sich der Angeklagte nur noch bruchstückhaft erinnern konnte, eskalierte mit weiteren Schlägen, Tritten, Beleidigungen und Bedrohungen. Eine Lehre hat Kai G. aus der Sache immerhin gezogen: Er lässt die Finger vom Alkohol.

Nachtmodus
KStA abonnieren