Nach Urteil wegen TotschlagsProzess gegen Odenthalerin soll neu verhandelt werden
Odenthal/Köln – Es war ein spektakulärer Indizienprozess, der vor gut einem Jahr am Kölner Landgericht mit einer achtjährigen Haftstrafe wegen Totschlags für eine Odenthalerin (62) endete. In der Begründung der Vorsitzenden Ulrike Grave-Herkenrath hieß es, die 62-Jährige habe ihren Mann in der Nacht auf den 17. Juni 2019 in einer „eruptiven Spontantat“ eine tödliche Stichverletzung zugefügt.
Wie diese Zeitung aus unterrichteten Kreisen erfuhr, hat der 2. Strafsenat am Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil in der Revision aufgehoben und zur Neuverhandlung ans Landgericht zurückverwiesen. Weder der BGH noch Verteidiger Ingmar Rosentreter wollten dies zunächst bestätigen.
Die Odenthalerin bestritt die Tat bis zuletzt
Rückblende: Beim ersten Prozesstag Anfang Februar 2020 erschien die 62-Jährige guten Mutes. Sie lächelte, winkte Bekannten im Zuschauerbereich zu, umarmte gar einen ihrer Verteidiger. Bei der Urteilsverkündung anderthalb Monate später schüttelte die 62-Jährige wiederholt den Kopf, brach in Tränen aus, wirkte, als wolle sie sich am liebten die Ohren zuhalten.
Bis zuletzt hatte die Odenthalerin die Tat nachdrücklich bestritten. Doch die Kammer unter Vorsitz von Ulrike Grave-Herkenrath befand: „Nur Sie kommen als Täterin in Frage.“ Zu Gunsten der Angeklagten und entgegen der Annahme der Staatsanwaltschaft, die lebenslange Haft wegen heimtückischen Mordes gefordert hatte, war das Landgericht nicht davon ausgegangen, dass das Opfer im Schlaf erstochen worden war.
Die Tatwaffe wurde nie gefunden
Zum Tatgeschehen führte das Gericht aus, dass es zu einem Streit zwischen den Eheleuten gekommen sein müsse, in dessen Verlauf die Angeklagte ihrem Mann mit Tötungsabsicht einen Stich mit einem Messer oder einem Brieföffner versetzt habe.
Eine Tatwaffe wurde indes nie gefunden. Den bedingten Tötungsvorsatz hatte die 4. Große Strafkammer wie folgt begründet: Es sei allgemein bekannt, dass Stiche in die Herz-Lungen-Gegend tödlich sein könnten.
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Unter anderem die Feststellungen zum Tötungsvorsatz rügte der BGH. Die Kammer könne, um den Mordvorwurf zu entkräften, nicht zugunsten der Angeklagten die Hypothese aufstellen, die Tat sei in einem Streit spontan und von Angesicht zu Angesicht begangen worden, diese Annahme dann aber zur Tatsachengrundlage für die Bejahung des Tötungsvorsatzes der 62-Jährigen ins Feld führen.
Das gehe insbesondere dann nicht, wenn das Gericht zum Tatgeschehen selbst keine objektiven Feststellungen treffen konnte. Ferner zeigte sich der 2. Strafsenat besorgt, dass das Landgericht in der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht alle relevanten Umstände in eine Gesamtschau einbezogen habe. Wann es zur Neuauflage des Prozesses kommt, blieb zunächst unklar.