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Trotz Krankheit und EklatLandrat Santelmann (CDU) will wieder ins Kreishaus zurück

Lesezeit 4 Minuten

Umbauten am Kreishaus

Rhein-Berg – Ob Unternehmer, Sporttrainer oder Fußballfan beim Public Viewing am Dienstagabend – kaum jemand, mit dem man dieser Tage im Kreisgebiet spricht, kann sich das vorstellen: „Der kommt doch nicht wieder zurück!? Ins Kreishaus? Nein...“

Doch genau das steht offenbar nächste Woche an. Nach acht Wochen krankheitsbedingtem Ausfall wegen einer Corona-Erkrankung und einem zwischenzeitlich öffentlich gewordenen Eklat zwischen der gesamten Kreisverwaltung und dem Kreishauschef über dessen Arbeits- und Führungsstil der vergangenen Jahre will Landrat Stephan Santelmann (CDU) in der nächsten Woche mit der schrittweisen Rückkehr in sein Amt beginnen und auch wieder erste Repräsentationstermine wahrnehmen.

Landrat Stephan Santelmann

„Der Arzt ist der Meinung, die Genesung ist so weit fortgeschritten, dass dies möglich ist“, sagt der 55-Jährige auf Anfrage dieser Zeitung.

Einfach so weitermachen wie zuvor, dürfte unterdessen nicht nur wegen der offenen Verwerfungen zwischen Verwaltung und Landrat nicht funktionieren, sondern auch deshalb nicht, weil die Kreistagspolitik über die einzelnen Fraktionen hinweg Veränderungen wie das Wiederhochfahren des von Santelmann zwischenzeitlich stillgelegten Krisenstabs nicht wieder zurückgedreht wissen will und sich diesbezüglich deutlich hinter die Kreisverwaltung und den von Kreisdirektor Dr. Erik Werdel (CDU) geführten Krisenstab gestellt hatte.

Neues Verhältnis definieren

„Für uns ist es wichtig, dass es jetzt eine neue Struktur gibt“, sagt CDU-Kreistagsfraktionsvize und Kreisparteichef Uwe Pakendorf. Nach Informationen dieser Zeitung ist von einer kompletten Umstrukturierung der Kreisverwaltung die Rede, in der der Landrat sich künftig auf Außenvertretung des Kreises und Repräsentation konzentriert, während der Kreisdirektor die interne Verwaltungsführung übernimmt. Am Freitag soll dazu ein mehrstündiges Gespräch des Landrats und der führenden Verwaltungsmitarbeiter in Begleitung eines Moderators stattgefunden haben.

„Es geht darum, dass die Verwaltungskonferenz und der Landrat ihr Verhältnis zu einander nochmal definieren“, so CDU-Fraktionschef Johannes Dünner. „Es geht um einen Modus Vivendi, eine tragfähige Aufgabenverteilung zu finden“, sagt der Politiker und spricht von der Hoffnung auf die reinigende Wirkung der „gewitterähnlichen Situation“ in den vergangenen Wochen.

Fraglicher Umgang mit Mitarbeitern

Wie tief die Gräben bereits aufgerissen waren, lange bevor Santelmann den Krisenstab in einer brisanten Phase der Pandemie nach Ostern stillgelegt hatte, das hatte auch ein Schreiben des Personalrats gezeigt, das der Redaktion vorliegt. In diesem hatten sich wie berichtet die Mitarbeitervertreter der Kreisverwaltung „schockiert und fassungslos“ darüber gezeigt, wie der Landrat mit Mitarbeitenden umgegangen sei, wie durch ihn Interessen von Privatpersonen oder Institutionen in die Kreisverwaltung „gesteuert“ worden seien und so eine Stimmung im Haus entstanden sei, wie sie der „Personalrat noch nie erlebt“ habe.

Vom einfachen Sachbearbeiter bis zur Führungskraft hatte es in der Folgezeit Zustimmung zu dieser Einschätzung gegeben; selbst Mitarbeiter aus der Kölner Stadtverwaltung, wo Santelmann bis 2017 Amtsleiter gewesen war, hatten sich gemeldet und von ähnlichen Erfahrungen berichtet. Nach Informationen dieser Zeitung hatten sich die Führungskräfte der rheinisch-bergischen Kreisverwaltung mit einem eigenen Schreiben explizit hinter die Diagnose des Personalrats gestellt.

Wille zur Aufarbeitung

Entsprechend gab es einige Sorgen, als nun durchsickerte, dass Stephan Santelmann zurückkommen werde. „Es ist uns wichtig, dass nun Vereinbarungen über die veränderte Struktur getroffen und gehalten werden“, betont CDU-Parteichef Pakendorf und versichert, dass „kein Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Angst haben muss vor der Rückkehr“.

Santelmann selbst spricht im Telefonat mit dieser Zeitung davon, dass es vieles „aufzuarbeiten“ gebe – „auch von mir.“ Die Krankheit sei neben einer „Zeit der Sorge“, von Langzeitwirkungen der Viruserkrankungen verschont zu bleiben, auch eine „Zeit des Nachdenkens“ gewesen. „Ich werde behutsam wiederkommen, und wir werden das in Ruhe angehen“, sagt er. Zunächst werde es auf eine Mischung von Homeoffice und Präsenztermine hinauslaufen, so Santelmann.

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Nach Informationen dieser Zeitung ging es beim Gespräch am Freitag aber auch um einen räumlichen Umzug des Landrats innerhalb des Gebäudes. Aus dem Kreishaus gab es dazu gestern noch keine Aussagen. Auch Kreisdirektor Dr. Erik Werdel war nach dem Gespräch mit Santelmann und den führenden Verwaltungsmitarbeitern in weiteren Sitzungen und für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Landrat Santelmann selbst gibt sich auf Anfrage betont zurückgenommen. Wie er mit dem Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit und bei der Bevölkerung umgehen will, der durch sein aus dem Ruder gelaufene Krisenmanagement bereits Wochen vor der Erkrankung entstanden ist? „Bei der Aufarbeitung werden wir alles in den Blick nehmen müssen“, sagt er kurz und fügt hinzu: „Da werden wir uns in Ruhe dransetzen. In ein paar Tagen sind wir da sicher schlauer.“