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Hitlergruß-VideoKreisvorsitzender der Jungen Union in Erklärungsnot

Lesezeit 4 Minuten

Wird von vier bis fünf Jahre altem Video belastet: JU-Vorsitzender Fabrice Ambrosini.

Rhein-Berg – Gegen den Kreisvorsitzenden der Jungen Union (JU), Fabrice Ambrosini, hat nach Informationen dieser Zeitung der Staatsschutz Ermittlungen eingeleitet. Anlass ist ein diese Woche verschiedenen CDU-Politikern und Medien anonym zugespieltes Video, das Ambrosini mit weiteren jungen Menschen bei einer Feier zeigt. Zur dritten (nicht verbotenen) Strophe der deutschen Nationalhymne zeigt ein anderer junger Mann auf dem vier Sekunden langen Video, das der Redaktion vorliegt, offensichtlich den verbotenen Hitlergruß. Auch Ambrosini hebt auf dem Video einen Arm, allerdings den linken, und nimmt ihn nach einigen Sekunden wieder herunter.

„Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen"

Nach Informationen dieser Zeitung hat der Staatsschutz das Videomaterial sowie die E-Mails des anonymen Versenders zwischenzeitlich bei Empfängern des Materials sichergestellt. Eine Einschätzung des Materials von offizieller Seite liegt bislang nicht vor. Aber: „Unser Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen“, so ein Sprecher des Polizeipräsidiums Köln am Freitagnachmittag.

Ambrosini selbst erklärt auf Anfrage, das Video sei vier Jahre alt und bei einer privaten Geburtstagsfeier im Januar 2017 entstanden. Er selbst habe in der rechten Hand ein Handy und „lediglich einige Sekunden den linken Arm hochgehoben“. Ambrosini: „Das war kein Hitlergruß“. Was es dann war? Diese Nachfrage beantwortet der 19-Jährige nicht: „Da war ich gerade 15“, sagt er lediglich.

Dem widerspricht ein anderer Teilnehmer der Feier: „Das Video ist am 3. Februar 2018 aufgenommen worden.“ Zu diesem Zeitpunkt war Ambrosini bereits 16 Jahre alt und Schriftführer im Kreisvorstand der Jungen Union, deren Kreisvorsitz er im März 2020 übernahm.

„Dass es Anfang 2017 war, hat mir ein anderer Teilnehmer auch noch einmal definitiv bestätigt“, hält Ambrosini auf Nachfrage dagegen.

19-Jähriger weist jegliche rechte Gesinnung von sich

Jegliche rechte Gesinnung weist Ambrosini unterdessen strikt von sich. Er habe als Kind eines französischen Vaters selbst Vorfahren, die unter der NS-Herrschaft inhaftiert gewesen seien. Als JU-Kreisvorsitzender habe er sich zudem für eine Erinnerungskultur eingesetzt und unter anderem eine Aktion zur Reinigung von Stolpersteinen, die an NS-Opfer erinnern, initiiert.

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Der Kreisvorstand der CDU wollte es unterdessen noch vor Aufnahme der Ermittlungen des Staatsschutzes nicht bei der Erklärung einer „Jugendsünde“ bewenden lassen. Im Gegenteil: „Rechtes Gedankengut hat in unserer Partei keinen Platz und wird nicht toleriert“, sagte CDU-Kreisvorsitzender Uwe Pakendorf, als er von dem Video Kenntnis erlangte. Umgehend berief er eine außerordentliche Sitzung des CDU-Kreisvorstands ein, vor dem sich Ambrosini am späten Mittwochabend verantworten und erklären sollte.

CDU-Kreisvorstand äußert sich nach Sondersitzung

Ergebnis: „Fabrice Ambrosini hat sich in der Kreisvorstandssitzung vollständig und glaubhaft von jeglicher extremistischer Gesinnung distanziert“, so Pakendorf: „In der Vergangenheit haben wir von Fabrice Ambrosini in der JU und CDU niemals Äußerungen und Handlungen erlebt, die ihn auch nur in die Nähe entsprechenden Gedankenguts gebracht haben.“ Allerdings habe sich der CDU-Kreisvorstand auch noch einmal „in aller Form gegen jegliches rechtsextreme oder antisemitische Gedankengut und entsprechende Handlungen“ ausgesprochen. „Jetzt hängt alles daran, dass die Aussagen, wie wir bekommen haben, der Wahrheit entsprechen“, betont Pakendorf am Freitag. „Sollte sich herausstellen, dass etwas nicht vollständig der Wahrheit entspricht, hätte auch der Beschluss, den wir im Kreisvorstand herbeigeführt haben, keine Grundlage mehr.“

Fabrice Ambrosini, der im Gespräch mit dieser Zeitung vor der Sitzung noch erklärt hatte, es mache ihn „traurig, dass mich da jemand ganz offenbar in die rechte Ecke stellen will“, hat zwischenzeitlich angekündigt, sämtliche Ämter in der CDU und der JU so lange ruhen lassen, bis der gegen ihn erhobene Vorwurf juristisch aufgeklärt sei. Zudem hat er laut CDU-Kreisvorstand angeboten, seine politischen Ämter in den Fraktionen im Kreistag und im Rat der Stadt Bergisch Gladbach zur Verfügung zu stellen.

Die Linke: Video in CDU schon seit zwei Jahren bekannt

Der Kreisverband der Partei Die Linke wirft der CDU unterdessen vor, dass sie verschweige, dass das Video dort längst bekannt gewesen sei. „Das Video wurde schon vor zwei Jahren im CDU-Vorstand Bensberg-Moitzfeld diskutiert und auch der Kreisvorsitzende musste davon gewusst haben“, so Tomás M. Santillán, Sprecher des Kreisverbandes der Linken.

CDU-Kreisverbandsvorsitzender Uwe Pakendorf bestätigt auf Nachfrage, dass das Video 2019 Thema im Ortsverband der CDU Bensberg/Moitzfeld gewesen sei. Das Video sei damals aber nicht an die Kreisebene gegangen. Der Ortsverbandsvorstand habe ihm zudem damals versichert, dass es sich um eine „Jugendsünde“ Ambrosinis gehandelt habe und die Sache geklärt sei. Ambrosini erklärt dazu auf Anfrage, dass er sich bereits damals davon distanziert und erklärt habe, dass er mit rechtem Gedankengut nicht zu tun habe.

Das bestätigt auch CDU-Stadtverbandsvorsitzender Thomas Hartmann. Er habe, als er vor zwei Jahren von dem Video gehört habe, Ambrosini darauf angesprochen und deutlich gesagt, dass er rechtes Gedankengut in keiner Form dulde. Schon damals habe Ambrosini gesagt, dass er da „Mist gemacht“ habe und sich wünschte, die Zeit zurückdrehen zu können. „Damit habe ich dann aber auch einen Haken daran gemacht.“