Eine Umfrage des Netzwerks Correctiv untersucht, wie gut Deutschland auf den Klimawandel vorbereitet ist. Wir haben genauer nachgefragt.
Schwammstadt und HitzeplanWie sich Rhein-Berg auf Folgen des Klimawandels vorbereiten will
Langwierige Hitzewellen, Dürren, Hochwasser und Starkregen sind Extremwettereignisse, die auch in unserer Region immer häufiger vorkommen. Es sind deutliche Zeichen des Klimawandels, die sich hier bemerkbar machen. Und an solche Wettereignisse müssen sich Länder und Städte besser anpassen.
Das macht auch eine Umfrage des Recherchenetzwerks Correctiv, NDR Data, BR Data, und WDR Quarks deutlich. Die Recherche hat untersucht, wie die Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland auf die Anpassung an Folgen des Klimawandels vorbereitet sind.
Demnach erwarten die Kreise und Städte in der Region, bis zum Jahr 2050 eine zunehmende Belastung und auch finanzielle Schäden durch extreme Wetterlagen wie Dürre, Hitzewellen, Starkregen und Überflutungen. Extremwettereignisse dieser Art gefährden die Sicherheit, Gesundheit und Existenz vieler Menschen.
In allen Kreisen und Städten der Region um Köln zeigen die Daten klar, wovor Expertinnen und Experten schon lange gewarnt haben. Es wird heißer – in diesem Fall: Es gibt mehr besonders heiße Tage. In den 30 Jahren von 1961 bis 1990 hatte Köln durchschnittlich 6,2 Tage über 30 Grad Celsius im Jahr. Im Zeitraum von 1993 bis 2022 waren es fast doppelt so viele mit 11,3. Das ist ein Anstieg von etwa 83 Prozent.
Und damit entwickelt Köln sich nicht einmal am drastischsten, auch wenn die Anzahl der Hitzetage hier am höchsten ist. Den deutlichsten Anstieg zeigen die Daten im Kreis Euskirchen. In den letzten 30 Jahren gab es hier zwar nur durchschnittlich 5,7 Hitzetage (das sind genauso viele wie in Leverkusen vor 1990), aber ausgehend von 2,2 Tagen im Betrachtungszeitraum zuvor ist das mehr als eine Verdopplung.
Ebenfalls mehr als doppelt so viele Hitzetage sehen der Oberbergische Kreis und der Rheinisch-Bergische Kreis. Am wenigsten stiegen die Hitzetage in Bonn an (69 Prozent, von 6,4 auf 10,8). Der Rheinisch-Bergische Kreis liegt hier im unteren Mittelfeld. Aber: Die Hitzetage haben sich auch hier mehr als verdoppelt. Die 4,4 Tage zwischen 1961 und 1990 steigerten sich um etwa 107 Prozent zu den 9,1 Tagen, die von 1993 bis 2022 der Durchschnitt waren. (pic)
Wie die Netzwerk-Umfrage zeigt, verfügt jedoch nur ein Viertel der Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland schon über ein Klimaanpassungskonzept. Wie ist die Lage im Rheinisch-Bergischen Kreis? Gibt es ein Konzept für Klimaanpassung? Welche Maßnahmen hat der Kreis bereits ergriffen, um gegen Fluten, Dürre und Starkregen besser gewappnet zu sein? Wir stellen die Umfrageergebnisse vor und haben beim Kreis noch einmal genauer nachgefragt.
Seit 2021 gibt es in Rhein-Berg ein beschlossenes „Klimaschutzteilkonzept zur Anpassung an den Klimawandel“. Doch was ist das eigentlich? Hinter dem umständlichen Namen verbirgt sich ein kreisweites Programm, um sich an häufiger auftretende Extremwetterereignisse infolge des Klimawandels – wie eben Fluten, Hitze und Hochwasser – anzupassen. Es geht hierbei also explizit nicht um Klimaschutzmaßnahmen wie die Verringerung von Emissionen. Deshalb können Städte und Kreise auch beispielsweise ein Klimaschutzkonzept und ein Klimaanpassungskonzept haben, die einander ergänzen.
Vor allem gegen die Extreme Starkregen und Trockenheit will man sich wappnen
Im Frühjahr 2020 habe die Kreisverwaltung die „Hydrotec Ingenieurgesellschaft für Wasser und Umwelt mbH“ und die „energielenker Beratungs GmbH“ beauftragt, ein solches Konzept zu erstellen, teilt eine Kreissprecherin auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit. Ebenso sollte eine Starkregengefahrenkarte erstellt und eine „vertiefende Analyse der Auswirkungen weiterer möglicher Klimawandelfolgen auf die Bereiche Gesundheitsschutz und Landwirtschaft/Forstwirtschaft“ durchgeführt werden. Auch weitere Fachexperten, die Kreiskommunen und die Bevölkerung seien an der Strategie beteiligt.
Das Anpassungskonzept solle mit konkreten Maßnahmenvorschlägen sowohl der Kreisverwaltung als auch den Kommunen als Orientierungs- und Handlungsrahmen dienen, um sich gegen künftige Auswirkungen des Klimawandels zu wappnen. Konkret geht es dem Kreis vor allem darum, die Folgen von „Hitze und Trockenheit zu minimieren“, ebenso wie von Starkregenereignissen. Die Menschen, Immobilien und Infrastruktur sollen geschützt werden und Schäden möglichst abgemildert, wie beispielsweise aufgeheizte Innenstädte durch zu wenig Grünflächen oder zu wenige Wasserflächen, wodurch es leichter zu Dürren kommen kann.
Zur Methodik
Correctiv.Lokal bezieht sich bei den Dürredaten auf Erkenntnisse des „UFZ Hemholtz Zentrum für Umweltforschung“. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dort sprechen von Dürre, wenn die Feuchtigkeit im Boden „unter das langjährige 20-Perzentil fällt“. Das bedeutet: Wenn man die Werte eines Zeitraums betrachtet, fallen die Werte unter die trockensten 20 Prozent der Jahre. Wie stark die Dürre ist, wird in diesem Schritt noch nicht betrachtet.
Im Rheinisch-Bergischen Kreis hat sich die durchschnittliche Dürredauer zwischen den jeweiligen 30-Jahr-Zeiträumen um 0,2 Monate gesteigert, das sind etwa sechs Tage Dürre mehr. Betrachtet man insbesondere den aktuellen Beobachtungszeitraum, also die Jahre von 1993 bis 2022 genauer, wird klar, wann genau diese Steigerung stattfindet. Waren von 1993 bis einschließlich 2017 etwa noch nur zwei Monate besonders trocken, ist der Anstieg in den letzten fünf Jahren des Zeitraums enorm.
Von 2018 bis 2022 war es mehr als fünf Monate lang zu trocken für die Landwirtschaft. An sogar acht Monaten war es so trocken, dass Wälder nicht mehr ausreichend Wasser ziehen konnten. Das sind drei Viertel des Jahres.
Wichtig zu beachten: Diese Zahlen bilden nicht nur die Tatsache ab, dass es im Sommer trockener ist als im Winter. Im Vergleich zu anderen Werten, die in den entsprechenden Monaten gemessen wurden, muss die Feuchtigkeit im Boden geringer als 80 Prozent der Ergebnisse sein, um als Dürre bezeichnet zu werden. (pic)
Einige Schutzmaßnahmen hat die Verwaltung schon im Blick. So zum Beispiel einen sogenannten Hitzeaktionsplan, der derzeit in den Kommunen Bergisch Gladbach und Leichlingen erstellt werde, erklärt die Kreisverwaltung. Einige Bausteine eines solchen Hitzeplans seien vor allem auf kommunaler Ebene sinnvoll, daher „hat sich die Kreisverwaltung mit den diesbezüglich bereits aktiven Kommunen dazu abgestimmt, welche Inhalte in den kommunalen Hitzeaktionsplänen bearbeitet werden und welche Elemente ein zukünftiger kreisweiter Hitzeaktionsplan enthalten könnte.“
Es geht dabei unter anderem um Maßnahmen wie die Nutzung eines Hitzewarnsystems oder die Vorbereitung der Gesundheits- und Sozialsysteme auf Extremhitze. Wie die Kreisverwaltung mitteilt, wird sie selbst Ende dieses Jahres damit beginnen, Elemente des Teilkonzepts umzusetzen.
Leichlingen arbeitet an einem Schwammstadt-Konzept
Zu Maßnahmen gegen Starkregen gehören unter anderem auch Schwammstadt-Prinzipien. Was heißt das genau? Die Schwammstadt ist ein Konzept im Städtebau, dass Schutz bieten soll, in dem die Stadt sozusagen Wasser aufnimmt und es zwischenspeichert. Das funktioniert beispielsweise durch tiefergelegte, wannenförmige Grünflächen, die als Versickerungsmulden dienen und Regenwasser bei Starkregen auffangen, in einen noch tiefer gelegten Speicherraum leiten und dann zeitverzögert an den Boden abgeben.
Laut Aussage der Kreisverwaltung arbeite derzeit die Stadt Leichlingen an einem Schwammstadt-Konzept, da sie immer wieder von Hochwassern betroffen ist. Für das Projekt hat der Haushaltsausschuss des Bundes 800.000 Euro von seinem 200-Millionen-Programm zugesichert. Am Wilhelm-Gödders-Weg soll eine Mulde angelegt werden, die etwa 10.000 Kubikmeter Regenwasser von umliegenden Dächern auffangen und zwischenspeichern soll.
Rhein-Berg besetzt Stelle für Klimaanpassungsmanagement
Die Stadt Rösrath hat eine Satzung für Dachbegrünung beschlossen. Bei Neubauten sollen Flachdächer oder flach geneigte Dächer demnach grundsätzlich vollständig begrünt werden. So kann Regenwasser stellenweise zurückgehalten werden und die Kanalisation entlastet werden. Die Satzung soll für Gebäude gelten, aber auch für Garagen, Carports und Tiefgaragendächer.
Schwierig seien Maßnahmen zum Schutz vor Klimafolgen vor allem bei der Finanzierung, gibt der Kreis in der Correctiv-Umfrage an. Dort heißt es, der Landkreis finanziere Maßnahmen zur Klimaanpassung „überwiegend oder ausschließlich aus Fördermitteln“. Aus einem Förderprogramm erhält Rhein-Berg so Unterstützung im Zuge des Bundesprogramms „Förderung von Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“.
Der Kreis habe, so die Verwaltung, einen Zuwendungsbescheid für „eine auf drei Jahre befristete Personalstelle im Klimaanpassungsmanagement zur Umsetzung des Konzepts erhalten“. Diese Stelle solle im vierten Quartal besetzt sein, also etwa ab Oktober. Eine Aufgabe des Klimaanpassungsmanagers oder der Klimaanpassungsmanagerin werde es sein, weitere Fördermöglichkeiten zu „identifizieren und zu beantragen“.