Bedburg/Garzweiler – Wird Holzweiler eine Halbinsel im Restsee des Tagebaus Garzweiler II? Wenn es nach den gestern vorgelegten Plänen des Tagebaubetreibers RWE Power geht, wird die Ortschaft, die per Leitentscheidung der Landesregierung aus dem Jahr 2016 vor der Umsiedlung gerettet wurde, nach dem Ende des Tagebaus zu mehr als zwei Seiten von Wasser umschlossen. Das letzte Wort ist aber längst noch nicht gesprochen. Erst 2023 wird mit einer Genehmigung des Braunkohlenplans gerechnet.
Im ursprünglichen Plan war Holzweiler ebenso wie Dackweiler und der Hauerhof dazu verdammt, gegen 2030 den Baggern zum Opfer zu fallen. Die Energiewende hatte dazu geführt, dass im Land neu nachgedacht wurde. Das Ergebnis war im vergangenen Jahr die Leitentscheidung, den Tagebau zu verkleinern und die Siedlungen zu erhalten.
Als Prämisse wurde den RWE-Planer aufgegeben, die neue Abbaukante so zu gestalten, dass Holzweiler nur von zwei Seiten von Tagebau und später dem Restsee eingefasst wird, um eine Insellage zu vermeiden. Außerdem soll ein Mindestabstand von 400 Metern zur Ortslage geplant werden.
Am Freitag stellte RWE Power die Pläne Regierungspräsidentin Gisela Walsken, ihren Fachmitarbeitern, Lokalpolitikern und Bürgervertretern aus Holzweiler vor. Walsken bat danach zur Pressekonferenz.
Laut der Planung ist der 400-Meter-Abstand eingehalten. Die Bagger greifen aber deutlich mehr als nur von zwei Seiten zu. Wie Stefan Götz, Leiter des Braunkohlenausschusses bei der Bezirksregierung, ausführte, liegt die Ursache dafür in der Autobahn 61, die später am Ostufer des Sees entlanggeführt werden soll. Wenn die nicht weiter östlich als vorgesehen neu gebaut wird, komme RWE mit den Abraummengen nicht zurecht. Heißt: Da fehlt Erdreich. Dazu muss das Abbaufeld westlich von Holzweiler wieder nach Süden schwenken und damit auch die wichtige Landesstraße 19 kappen.
Beides fand bei der Bezirksregierung keinen Beifall. RWE soll jetzt Pläne vorlegen, in denen die L 19 nach Erkelenz bestehen bleiben kann und der Tagebau den Ort Holzweiler nicht dereinst zur Insel macht.
Denn ohne die gewachsenen Anbindungen sorgt die bestenfalls zur Naherholung nutzbare Insellage für weite Umwege und bis dahin für die Belästigungen durch den Tagebau von zu vielen Seiten.„Das würde erhebliche Belastungen und eine schwierige Situation für Holzweiler darstellen“, sagte Walsken. „Deshalb haben wir eine Planung mit Bestand der Landesstraße 19 eingefordert.“ Walsken sprach von „guten Gesprächen“ mit dem Tagebaubetreiber. Götz wertete den Entwurf als Verhandlungsgrundlage: „RWE Power versucht, das Abbaufeld jetzt so groß wie möglich zu bekommen, um die Mindermengen möglichst gering zu halten.“
Ertrag reduziert sich
Schließlich reduziert sich der Kohleertrag durch die Verkleinerung von Garzweiler II um 400 Millionen Tonnen. „RWE muss uns zwingende Gründe liefern“, sagte Walsken, die anderenfalls auf die Einhaltung der Prämissen pochen will. Udo Kotzea, Abteilungsdirektor für regionale Entwicklung bei der Bezirksregierung, sieht jetzt einen „Abwägungsvorgang“ in Gang gesetzt, an dessen Verlauf „alles an Schutzgütern einzubringen ist“, um am Ende auf ein „rechtssicheres Verfahren nach besten Gesichtspunkten für alle“ zurückblicken zu können. Dazu gehöre eine gründliche Prüfung aller Alternativen.
Götz hält das Konzept „für eine gute Grundlage für den Einstieg in das Verfahren“. Der Braunkohlenausschuss werde darauf achten, „dass jeder Schritt transparent ablaufe“. „Den Bewohnern von Holzweiler wird eine klare Zukunftsperspektive geboten“, resümierte Walsken.
Im Dezember wird der Braunkohlenausschuss die vorgelegten Pläne, die RWE noch wird nacharbeiten müssen, diskutieren. Danach durchlaufen sie die Prüfungen und Planungsschritte, bevor vermutlich 2021 die vereinbarten Dimensionen der Öffentlichkeit zur Beteiligung und für mögliche Einwände präsentiert werden.
Zahlen und Fakten
Der Tagebau Garzweiler II setzt das Abraumfeld Garzweiler zwischen Frimmersdorf und und Erkelenz westlich der Autobahn 44 fort. Auf 48 Quadratkilometern wurde 1995 der Abbau durch die Landesregierung unter Johannes Rau genehmigt. 2006 griffen die Bagger aus dem 1983 aufgeschlossenen Tagebau I auf das neue Feld über. Der Kohleinhalt wird von RWE Power mit 1,3 Milliarden Tonnen angegeben.
Die jährliche Kohlegewinnung liegt bei bis zu 40 Millionen Tonnen. Die Landesregierung hat nach zwei Jahren Diskussion in einer Leitentscheidung beschlossen, das Abbaufeld zu verkleinern, um die Umsiedlung von Holzweiler, Dackweiler und des Hauerhofs durch Verkleinerung des Abbaufeldes zu vermeiden.
Die Kohlegewinnung endet nach derzeitiger RWE-Planung Mitte des Jahrhunderts. Der Restsee soll bis 2080 gefüllt sein.