Winfried Kösters, Ortsbürgermeister aus Ahe, schlägt vor, dass Kitas auch ungelernte Kräfte einstellen dürfen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
FachkräftemangelKita in Bergheim wünscht sich mehr Flexibilität

Noch befindet sich die Kita WeltKulturKinder in Bergheim-Ahe in einem Container. Womöglich zieht sie noch in diesem Jahr in ein neues Gebäude.
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Wie kann der Fachkräftemangel in Kitas bekämpft werden? Diese Frage trieb Winfried Kösters um, als er sich ein eigenes Bild der Lage machen wollte und die Kita WeltKulturKinder in Ahe besuchte. Der Ortsbürgermeister kam mit einem konkreten Lösungsvorschlag, den er mit den Fachleuten besprach: Den Kitas soll erleichtert werden, auch Menschen einzustellen, die keine Fachkräfte sind.
Denn es kommen zu wenige Erzieherinnen und Erzieher nach. Und ein schlechtes Kita-Angebot schafft eine lange Kette an Problemen. Wo Kita-Plätze fehlen, kommen Fachkräfte mit Kindern allgemein schlechter in den Beruf. Zudem können Kitas Kinder schlechter fördern, wenn sie überlastet sind, was ihre beruflichen Chancen mindert und Frustpotentiale weckt – und im Endeffekt dadurch, dass weniger qualifizierter Nachwuchs folgt, den Fachkräftemangel weiter wachsen lässt. „Frühkindliche Bildung wird der Wirtschaftsförderungsfaktor der Zukunft sein“, sagt Winfried Kösters. Die Wirtschaft müsse das erkennen.
Bergheimer Kitaleiterin warnt vor dem Fachkräftemangel
Dabei sieht Kitaleiterin Petra Winkel die WeltKulturKinder in Ahe noch als personell gut ausgestattet an, nur eine Stelle müsse nachbesetzt werden und dafür sei schon jemand gefunden. Betrachtet man aber die gesamte Kitalandschaft, gehöre sie einer Generation von Erzieherinnen an, die schon bald in Rente gehen wird. „Wir werden über kurz oder lang, spätestens wenn meine Generation die Segel streicht, ein Riesenproblem kriegen, weil wir deutlich zu wenig Fachkräfte haben“, sagt Petra Winkel.
Bisher haben sich die Kitas immer wieder mit den Gegebenheiten arrangiert, die ihnen vorgesetzt wurden. Auch das Gebäude, in dem die WeltKulturKinder seit Jahren betreut werden, ist dafür beispielhaft: Es ist ein länglicher, graublauer Containerbau. Aus der Aufschrift „WeltKulturKinder“ am Zaun ist nur noch ein „RKIN E“ übriggeblieben, eine Plakette am Briefkasten trägt dafür den ganzen Namen und weist auf den Träger hin: die Diakonie Michaelshoven.
Es ist ein Kontrast zum bunten Treiben drinnen, wo Erzieherinnen mit viel Herzlichkeit dafür sorgen, dass insgesamt 40 Kinder eine gute Zeit haben. „Ich mache den Job seit 1987 und habe es noch nicht einen Tag bereut“, sagt Petra Winkel. „Und das wird auch bis zum Ende so bleiben. Weil ich überzeugt davon bin, dass das, was wir tun, existentiell wichtig für unsere Gesellschaft ist.“
Auch ungelernte Kräfte sollen an Kitas arbeiten dürfen
Doch die Menschen, die sich wie Winkel für diesen Berufsweg entscheiden, werden weniger. Deshalb plädiert Kösters für eine kreative Lösung: Gegen eine Aufwandsentschädigung könnten auch ungelernte Kräfte bei der Kita aushelfen, etwa Rentner, die Spaß im Umgang mit Kindern haben. Nicht jede Tätigkeit in einer Kita müsse von einer Fachkraft durchgeführt werden.
Sabrina Wagner, Geschäftsführerin der Kindertagesstätten der Diakonie Michaelshoven, steht dem Vorschlag offen gegenüber. Sie betont: Es brauche trotzdem weiterhin Fachkräfte. „Früher hatten wir für eine Ausschreibung 30 Bewerbungen, heute haben wir eine Ausschreibung ein halbes Jahr offen.“ Und dann müssen sie noch schauen, ob die Bewerber die richtigen Anforderungen mit sich bringen. Es herrsche also weiterhin großer Handlungsbedarf, etwa bei der Anerkennung von Abschlüssen aus dem Ausland.
Aber sie wünscht sich mehr Flexibilität im Umgang damit, wen die Kitas überhaupt einstellen dürfen. Wichtig sei vor allem, dass eine Person die richtige Haltung mitbringe und zum Team passe, und das könne die Kita auch selbst beurteilen. Im Moment gebe es noch Gesetze, die das nicht ermöglichen. „Man kann nicht als ungelernte Kraft auf dem Personalschlüssel, der nun mal durch das Kinderbildungsgesetz vorgegeben ist, in einer Kita eingesetzt werden.“ Den Menschen müsse der Weg in das Berufsumfeld Kita erleichtert werden.
Winfrieds Kösters sieht sich nach seinem Praktikum bei den WeltKulturKindern bestätigt, wie wichtig ein gutes Kita-Angebot für die Gesellschaft ist. „Die wichtigste Lebenseinheit, um weichenstellend zu sein, sind die ersten Lebensjahre.“ Diese werden die WeltKulturKinder womöglich noch in diesem Jahr nicht mehr im Container verbringen. Gegen Ende des Jahres wird voraussichtlich ein neues Gebäude mit Platz für 110 Kindern fertig, in das die Kita ziehen wird. Auch wenn sich das Team über die Jahre mit dem Container arrangiert habe, freue sich Petra Winkel auf das neue Gebäude. Und rührt die Werbetrommel für ihren Beruf: „Ich glaube, dass es nichts Großartigeres gibt, als Verantwortung für die Zukunft mitzutragen.“