Die SHG Handicap wirft der Stadt Bergheim vor, die Belange von Menschen mit Behinderung zu ignorieren. Der Bürgermeister gelobt Besserung.
Brief an BürgermeisterMenschen mit Behinderung kritisieren Stadt Bergheim – Barrierefreiheit gefordert
Es ist ein Rundumschlag, eine Generalabrechnung: Stefanos Dulgerakis und Hannelore Weiland von der Selbsthilfegruppe (SHG) Handicap werfen der Stadtverwaltung vor, die Belange von Menschen mit Behinderung konsequent zu ignorieren.
„Ist die Kreisstadt Bergheim überhaupt in der Lage, Inklusion und Barrierefreiheit nach Recht und Gesetz sowie Normen umzusetzen und nachhaltig zu gewährleisten?“, fragen Dulgerakis und Weiland in einem offenen Brief an Bürgermeister Volker Mießeler. „Die Antwort aus unserer Sicht und Erfahrung hierbei ist eindeutig: Nein!“
Fünfseitiger Brief an den Bergheimer Bürgermeister
Die SHG füllt ihren fünfseitigen Brief mit etlichen Beispielen, in denen aus ihrer Sicht die Interessen von Behinderten missachtet worden seien. So gebe es etwa immer noch keinen Inklusionsbeirat, bei der Gestaltung des Erftboulevards seien weder der Arbeitskreis Inklusion noch die SHG beteiligt und die Freitreppe daher nicht barrierefrei gebaut worden, und der Bergheimer Bahnhof sei weit entfernt von Barrierefreiheit. Nur an einem der beiden Bahnsteige gebe es Aufzüge, und die Rampe am Gleis nach Köln sei nicht barrierefrei. „Sie ist mit 12,6 Prozent Steigung doppelt so steil wie erlaubt.“
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„Das Blindenleitsystem rund um das Einkaufszentrum Intro wurde bereits viermal umgebaut und ist immer noch fehlerhaft“, heißt es weiter. Beim WC im Intro etwa sei die falsche Tür eingebaut worden, so dass Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen seien, es nicht ohne Hilfe aufsuchen könnten. Und: „Warum wurde zum dritten Mal hintereinander der gleiche Fehler begangen, dass eine Blindenleitlinie gegen die Wand führt?“
Dulgerakis und Weiland beklagen, dass die Mitglieder der SHG nicht als sachkundige Bürger bei den Planungen mit einbezogen würden. „Warum werden alle Bauprojekte und Bauänderungen nicht im Arbeitskreis Inklusion vorgestellt, um dort von betroffenen sachkundigen Bürgern überprüft zu werden?“, fragen die beiden in ihrem Schreiben an den Bürgermeister. So sei auch der Tierpark in Quadrath-Ichendorf ohne Beteiligung des Arbeitskreises umgebaut worden.
„Wir müssen deutlich sensibler werden“, räumt Bürgermeister Mießeler ein, jedoch sei nicht alle Kritik gerechtfertigt. Bei den taktilen Elementen für Sehbehinderte etwa sei es sinnvoll, dass sie an einem großen Gebäude wie dem Intro endeten. „Das ist ein großes Hindernis, an dem man sich dann entlang tasten kann“, sagt Mießeler. Die Leitelemente seien mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband Nordrhein abgesprochen worden. „Es stimmt also nicht, dass wir nicht mit Fachleuten Rücksprache halten.“
Dass der Bahnhof noch immer nicht barrierefrei sei, ärgere ihn auch. Die Stadt wolle die Deutsche Bahn nun in die Pflicht nehmen. Mit Vertretern der SHG wolle er sich nächste Woche zusammensetzen. „Wir nehmen die Sorgen und Nöte ernst.“