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Brief von 2009 aufgetauchtBlessemer sehen Kritik an Kiesgrube bestätigt

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Erftstadt-Blessem – Es war ein Wochenende der gemischten Gefühle für die Menschen in Erftstadt-Blessem. Einerseits die heftigen Regenfälle, vor allem in der Eifel, die Flüsse und Bäche wieder bedrohlich anschwellen ließen.

Bei vielen wurde mit der Erinnerung an die Flutkatastrophe vom Juli die Angst wieder lebendig. Andererseits die Nachricht, die bestätigte, was ein Großteil der Bürger seit Jahren behauptet hat: Der Hochwasserschutz an der Kiesgrube war unzureichend, die Böschung zu steil. Zwei Gutachten belegen das.

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Der frühere Blessemer Ortsbürgermeister Helmut Zimmermann zeigt den 13 Jahre alten Brief an die Stadt und jenen, den er nun zwecks Nachverfolgung an die amtierende Bürgermeisterin geschrieben hat.

„Ich habe versucht, mich abzulenken“, beschreibt Anne Bär ihre Gefühlslage angesichts des hohen Wasserstands der Erft. Die Blessemerin ist Initiatorin der gelben Banner, die an vielen Stellen im Ort den Protest gegen die Kiesgrube manifestieren.

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Blessemer wiesen immer wieder auf fehlenden Hochwasserschutz hin

Zu den Gutachten sagt sie: „Jetzt haben wir den Fuß in der Tür, um zu verhindern, dass dort jemals wieder Kies abgebaut wird.“ Der Blessemer Jürgen Köllen hat den steigenden Wasserstand genau beobachtet. Sogar um 1.30 Uhr in der Nacht war er an der Erft. „Der Pegel sinkt zentimeterweise“, vermeldete er am Montagmorgen.

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Plakate wie dieses am Blessemer Ortseingang an der Frauenthaler Straße finden sich an vielen Stellen in dem von der Flut heimgesuchten Stadtteil.

Dass die Böschungen der Kiesgrube steiler gewesen sein sollen als genehmigt, hatten viele Blessemer schon in den ersten Tagen nach dem Unglück im Juli gesagt. Aber auch am Hochwasserschutz gab es Kritik. Gottlieb Richardt, Geschäftsführer des Bürgerforums Blessem, erinnert sich, dass vor allem die mittlerweile verstorbene Beate Schulz-Matthies immer wieder darauf hingewiesen hatte.

Sie hatte den Reitstall auf dem Gelände der Blessemer Burg geführt. Die Reste ihrer Reithalle hingen noch Wochen nach der Flut über dem Abgrund. „Der kleine Erdwall taugt nicht als Hochwasserschutz“, habe sie mehr als einmal gesagt, berichtet Richardt. Schulz-Matthies befürchtete, Hochwasser könne den Deich unterspülen. Denn die Hochwassersicherung habe nur aus einer kurzen Betonwand und einem Erdwall bestanden.

Keine Antwort auf Schreiben zu Sicherheitsrisiko der Kiesgrube in 2009

Der frühere Blessemer Ortsbürgermeister Helmut Zimmermann hat bereits im Sommer 2009 an den damaligen Bürgermeister Ernst-Dieter Bösche geschrieben. In dem Brief heißt es: „In der letzten Zeit mehren sich die Fälle, dass durch Erdbewegungen Häuser einstürzen, riesengroße Löcher entstehen, Straßenführungen unterbrochen werden usw. Die Bevölkerung ist stark beunruhigt.“ Dann kommt Zimmermann auf die Kiesgrube zu sprechen. „Ich bitte, mir mitzuteilen und zu bestätigen, dass an dieser Kiesgrube kein Sicherheitsrisiko besteht, weder für die dort arbeitenden Menschen noch für die Bevölkerung.“ Der Ehrenbeamte wollte ferner wissen, welche geologischen und hydrologischen Untersuchungen durchgeführt worden waren und welches Ergebnis diese erbracht hatten. „Ich kann mich nicht erinnern, auf mein Schreiben jemals eine Antwort bekommen zu haben“, berichtet Zimmermann.

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Dem ehemaligen Beigeordneten Heinz Küpper war Zimmermanns Brief beim Ordnen seines Archivs aufgefallen. Er informierte seinen Parteikollegen über den Fund. Zimmermann hatte zwar ein eigenes Archiv. Doch das befand sich im Keller seines Hauses und ist dem Hochwasser zum Opfer gefallen. Zimmermann hat sich nun an Bürgermeisterin Carolin Weitzel gewandt mit der Bitte herauszufinden, ob und welche Antwort es seitens der Stadtverwaltung auf sein Schreiben gegeben hat.

In der Kiesgrube der Rheinischen Baustoffwerke haben inzwischen Arbeiten zur Rekonstruktion der Südseite begonnen begonnen. Das bestätigt RWE-Power-Pressesprecher Guido Steffen. Auch an der westlichen Randböschung werden Hochwasserschäden beseitigt. 120.000 Kubikmeter Kies werden auf dem Gelände umgelagert. Der kommerzielle Betrieb der Anlage ruht bis auf weiteres.