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Braunkohle - und was dann?Tagebauflächen könnten künftig für Windparks genutzt werden

Lesezeit 3 Minuten

Heutige Tagebauflächen könnten als Standort für Windparks und Photovoltaikanlagen dienen.

  1. Im Erftstädter Rathaus hat eine Informations- und Diskussionsveranstaltung mit dem Titel „Braunkohle - und was dann?“ stattgefunden.
  2. Unter anderem wurde vorgeschlagen, bei Sturmschäden auf Fichtenplantagen anstatt neuer Bäume lieber Windräder aufzustellen.
  3. Davon war nicht jeder begeistert.

Erftstadt – Aus der parteipolitischen Führungsarbeit hat sich der frühere Grünen-Fraktionsvorsitzende im NRW-Landtag komplett zurückgezogen. Das hält Reiner Priggen aber nicht davon ab, weiter kräftig Wind zu machen – was man durchaus wörtlich nehmen kann: Priggen ist seit knapp drei Jahren Vorsitzender des nordrhein-westfälischen Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE) und gilt in dieser Funktion als einer der führenden Windkraft-Lobbyisten im Lande.

So überrascht es nicht, dass sich der 66-jährige Aachener auch am Freitagabend im Erftstädter Rathaus bei der LEE-Informations- und Diskussionsveranstaltung „Braunkohle – und was dann?“ für einen konsequenten Ausbau der Wind- und auch der Sonnenkraftnutzung stark machte.

Zuspruch und Kritik

Dafür erntete er bei den Diskussionspartnern auf dem hochkarätig besetzten Podium Zustimmung im Grundsatz, aber auch Widerspruch im Detail. Priggen und sein LEE-Kollege Heinrich Lieser beklagten bitter, dass der Windkraftausbau in NRW seit Jahresbeginn praktisch fast zum Erliegen gekommen sei, was bereits Tausende von Arbeitsplätzen gekostet habe. Dafür machten sie vor allem die CDU/FDP-Landesregierung verantwortlich. Sie erschwere den Ausbau etwa mit ihren Versuchen, die Abstandsgrenze von neuen Windkraftanlagen zur Wohnbebauung auf 1500 Meter zu verdoppeln.

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1000 Meter Abstand seien ein guter Kompromiss. Gregor Golland als stellvertretender Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion und Dietmar Brockes als energiepolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion hielten entgegen, dass die Windkraft letztlich nur eine Chance habe, wenn die Akzeptanz in der Bevölkerung beispielsweise durch besseren Abstandsschutz gesteigert werde. Viel Potenzial verspreche zudem die Modernisierung bestehender Windparks.

Windräder statt Wald

Kopfschütteln insbesondere bei Brockes erntete Priggen für seine Forderung, vermehrt Waldflächen für die Windkraft zu nutzen und beispielsweise durch Stürme zerstörte Fichtenplantagen nicht neu aufzuforsten. „Es ist doch widersprüchlich, fürs Amazonasgebiet lautstark Aufforstungen zu fordern, die zerstörten eigenen Wälder dann aber lieber brachliegen und für Windkraft nutzen zu wollen. Mit Blick auf den Klimaschutz brauchen wir auch hier bei uns nicht weniger, sondern mehr Wald.“

Lieser zeigte die erheblichen Flächenpotenziale auf, die auch auf den Gebieten der rheinischen Tagebaue für Wind und Sonne nutzbar gemacht werden könnten. „Entschädigungen für RWE für den früheren Kohleausstieg sollten an die Bedingung geknüpft werden, diese Flächen auch tatsächlich für die Erneuerbaren zu nutzen.“ Einig waren sich von Priggen und Lieser über Golland und Brockes bis hin zur Erftstädter Beigeordneten Monika Hallstein und dem RWE-Tagebauplaner Michael Eyll-Vetter alle Diskussionsteilnehmer in einem anderen Punkt: Nach der erfolgversprechend vorangetriebenen Strukturwandelgesetzgebung müsse sehr bald auch ein Kohleausstieg- und Energiewendegesetz folgen.

Umsetzung der Kommissionsempfehlungen

„Zum zweiten Standbein der Kommissionsempfehlungen – dem versprochenen Kohleausstieg und dem zugesagten Ausbau der Erneuerbaren speziell in den Kohlerevieren – liegt noch überhaupt nichts Konkretes vor. Aber auch dieses Versprechen muss nun endlich eingelöst werden“, forderte Priggen.

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Auch RWE-Mann Eyll-Vetter sprach sich für eine zügige „1:1-Umsetzung der Kommissionsempfehlungen“ aus und ließ zumindest andeutungsweise durchblicken, wie es in den drei rheinischen Tagebauen weitergehen könnte. Der Tagebau Inden könne demnach plangemäß bis 2030 zu Ende geführt werden, während in Hambach „erhebliche Veränderungen der Planung“ zu erwarten seien. Mit Blick nach Garzweiler sprach er davon, auch diesen Tagebau „wie geplant weiterzuführen“, zwar nicht wie ursprünglich vorgesehen bis 2045, sondern nur bis 2038 – dafür aber mit „erhöhter Abbaugeschwindigkeit.“