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Karnevals-Tauschbörse in FrechenDas Ende überfüllter Verkleidungskisten

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Frechen – „Das sieht soooo süß aus und passt wie angegossen. Das müssen Sie einfach nehmen!“, lobt Erika Vogts das aus einer kurzen Lederhose und einer karierten Bluse bestehende Alpenmädel-Kostüm, das Nicole van Boxmeer gerade anprobiert.

Die junge Königsdorferin bewundert sich derweil zunächst noch etwas skeptisch im Spiegel, doch als auch die anderen Besucher ins Schwärmen geraten, ist sie schließlich überzeugt. „Super, das Kostüm sieht ja wirklich toll aus. Ich nehm’s mit“, freut sich die Kundin über das Schnäppchen für die tollen Tage und lässt sich gleich auch noch ein rot-weißes Minikleid im Nikolaus-Stil einpacken.

Dass sie für die Sachen keinen Cent bezahlen muss, macht Nicole van Boxmeers Freude perfekt. Sie lässt einfach eine jecke Perücke und ihr altes Fellkostüm da, das einst als närrische Reminiszenz an die legendäre Mooshammer-Hundedame Daisy gedacht war: „Eigentlich wollte ich mich ja bei Ebay umsehen, aber da kriegt man ja zunächst nur Fotos zu sehen und muss die Sachen zurückschicken, wenn sie nicht passen. Hier kann ich direkt anprobieren und zudem noch Geld sparen.“

Im regulären Handel sind solche Tauschgeschäfte natürlich nicht möglich, aber dieser und eine ganze Reihe ähnlicher Deals wurden ja auch nicht im allseits bekannten Karnevalsgroßmarkt am Stadtrand gemacht, sondern im Frechener Mehrgenerationenhaus in der Hauptstraße. Dort eröffnete Ehrenamtlerin Erika Vogts mit ihren Teamkolleginnen Edeltraud Klein und Conny Winnen am Samstagvormittag die neue Auflage der Karneval-Kostüm-Tauschbörse, die nun schon im siebten Jahr stattfindet und sich als probates Mittel gegen überquellende Verkleidungskisten im heimischen Kleiderschrank wachsender Beliebtheit erfreut.

Alexandra Behrendt beispielsweise besorgt sich hier schon seit drei Jahren regelmäßig neue Kostüme für sich und ihre Kinder. Diesmal lässt sie ein Prinzessinnenkleid da und nimmt eine Sheriffmontur mit. „Weil man ja jedes Jahr etwas anderes anziehen will, häufen sich irgendwann die alten Kostüme, obwohl sie ja eigentlich noch gut in Schuss sind. Tauschen gefällt mir da besser als immer wieder neue Sachen zu kaufen. Es gibt hier natürlich nicht die Riesenauswahl wie im kommerziellen Handel, aber bisher habe ich bei der Börse immer etwas gefunden“, erklärt die Buschbellerin.

Rund 120 Erwachsenen- und 170 Kinderkostüme aller Art, frisch gewaschen und in gutem Zustand, sowie reichlich Zubehörteile wie Hüte, Brillen und Perücken warten derzeit im Mehrgenerationenhaus auf neue Träger. „Mehr kriegen wir in unseren Räumen leider nicht unter“, sagt Erika Vogts, „bei den kleinen Mädchen stehen rosa Prinzessinnen, aber auch warme Fellsachen hoch im Kurs, bei den Jungs sind nach wie vor Cowboy und Indianer angesagt. Ein Renner für Jung und Alt sind kunterbunte Clownskostüme, aber auch Nonnentrachten und Gewänder im Antik- oder Mittelalterstil.“

Grundsätzlich wird bei der Börse nicht gegen Bargeld ver- und gekauft, sondern nur Gebrauchtes gegen Gebrauchtes getauscht. Für Familien, die nicht viel Geld haben und auch nicht viel eintauschen können, gehe auch schon mal ein Kinderkostüm als Geschenk des Hauses über die Theke, verrät Erika Vogts. Eine Ausnahme macht sie an diesem Vormittag für Reinhard und Renate Lipphaus, die sich gegen eine Geldspende etwas aussuchen dürfen, weil sie nichts zum Eintauschen mitbringen konnten.

Denn das Ehepaar stammt ursprünglich aus Westfalen, ist nach vielen Jahren im Ausland erst kürzlich aus Namibia zurückgekehrt, hat sich in Frechen niedergelassen – und steigt mit Anfang 60 jetzt erst in den rheinischen Karneval ein. „Nächste Woche gehen wir auf unsere allererste Sitzung, und da will man sich schließlich nicht blamieren. Um in die kölsche Sprache reinzukommen, habe ich mir extra CDs von den Brings und den Bläck Fööss zulegt“, erzählt Reinhard Lipphaus, während seine Frau ihr im Mehrgenerationenhaus entdecktes China-Gewand in Kombination mit einer mittelalterlichen Kappe vorführt: „Sieht spitze aus! Und ich ziehe eine alte Seppellederhose an. Prima Sache, diese Tauschbörse.“

Die Kostüm-Tauschbörse im Frechener Mehrgenerationenhaus Oase (Hauptstraße 172) ist bis einschließlich Dienstag, 10. Februar, samstags von 10 bis 14 Uhr sowie dienstags und mittwochs von 14 bis 18 Uhr geöffnet.