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Platz für AnsiedlungAbbruchbagger frisst sich durch die Malzfabrik in Hürth-Kalscheuren

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Das Foto zeigt einen Bagger, dessen Greifer ein altes Blechsilo auseinanderreißt.

Der Abbruchbagger frisst sich durch die alten Blechsilos der Malzfabrik.

Produziert wird in der Malzfabrik der Familie Thywissen schon seit Jahren nicht mehr. Jetzt wird die drei Hektar große Fläche freigemacht.

Noch stehen die beiden rund 30 Meter hohen Silos aus Stahl und Beton, in denen einst der Rohstoff Getreide und das Produkt Malz gelagert wurden. Doch darum herum frisst sich der Greifer des Abbruchbaggers bereits durch die alte Bausubstanz der früheren Malzfabrik C. Thywissen in Kalscheuren. Bis zum Sommer sollen auch die beiden markanten Landmarken dem Erdboden gleichgemacht werden. Das knapp drei Hektar große Gelände wird fast komplett abgeräumt. Lediglich die Malzmühle und eine Lagerhalle werden vorerst stehen bleiben.

Produziert wird in der Malzfabrik, die 1902 von Winter & Salomon gebaut und 1936 an das Familienunternehmen Caspar Thywissen verkauft wurde, bereits seit Jahren nicht mehr. Mehr als ein Jahrhundert lang wurden in dem Hürther Werk Gersten- und Weizenmalz für Brauereien hergestellt. Die Kapazität lag bei bis zu 24.000 Tonnen im Jahr, berichtet Diplom-Kaufmann Dominik Baum, der das 185 Jahre alte Unternehmen, das in Neuss eine Ölmühle betreibt, in sechster Generation leitet.

2012 war Schluss mit der Malzproduktion in Hürth

In der Malzmühle in Kalscheuren wurden bis zu 10.000 Tonnen Malzmehl, Farbmalzmehl, Aromamalzmehl, Brauhausschrot und Brennmalz gemahlen. Abnehmer waren Bäckereien und Backmittelproduzenten. Nach einem Großbrand im Jahr 1989 baute Thywissen auf dem alten Sportplatz hinter dem Firmengelände eine neue Mühle, die bis 2021 in Betrieb war, aber zuletzt nur noch zugekauftes Malz verarbeitete.

Mit der Malzproduktion war in Hürth bereits 2012 Schluss. Im Jahr zuvor hatte das Unternehmen, dessen Malzsparte nach einer Fusion im Jahr 2006 sogar Marktführer in Deutschland war, das Malzgeschäft an die australische Firmengruppe GrainCorp verkauft. Die Hürther Malzfabrik blieb aber im Besitz der Familie Thywissen.

Ein Stich mit einer alten Ansicht der Malzfabrik.

Der Stich zeigt eine frühe Ansicht der im Jahr 1902 gegründeten Malzfabrik in Hürth-Kalscheuren.

Doch im Januar 2012 verkündete das Unternehmen das Aus für die Malzproduktion in Kalscheuren. Hintergrund sei die sinkende Nachfrage nach Braumalz, hieß es damals. Die Hürther Produktion sei nicht mehr ausgelastet gewesen. Neun der 15 Arbeitsplätze fielen damals weg.

Die Hürther Malzfabrik sei aufgrund ihrer geringen Kapazität nicht mehr rentabel gewesen, sagt Geschäftsführer Baum heute. Andere Fabriken hätten es auf die doppelte bis vierfache Produktionsmenge gebracht. Auch der Standort sei ein Nachteil gewesen. Anderswo seien Malzfabriken logistisch sinnvoll am Wasser errichtet worden, so Baum.

Hürth: Fläche wird für Neuansiedlungen freigemacht

Um die Fläche besser vermarkten zu können, hat sich das Familienunternehmen nun zum Abbruch der Fabrikgebäude entschlossen. „Investoren müssen sich dann nicht mehr mit den uralten, verwinkelten Gebäuden herumplagen und haben vielleicht mehr Fantasie, was man mit dem Gelände machen kann“, glaubt Baum. Andere Altlasten gebe es auf dem Gelände nicht.

Dennoch ist der Abbruch aufwendig. Das liege auch daran, dass es unter den Gebäuden teils Tiefkeller über zwei Etagen gebe, die zwölf Meter tief in den Boden reichen, berichtet Fidelis Thywissen, einer der Gesellschafter und früherer Geschäftsführer.

Auch wenn der Betrieb schon lange stillgelegt sei, berühre ihn der Abbruch der alten Fabrik, sagt Thywissen, der in Hürth lebt und lange Vorsitzender des Arbeitskreises Wirtschaft war. „Damit endet eine Tradition für Kalscheuren und auch für unsere Familie.“ Für Hürth ergebe sich aber durch den Abbruch die Chance auf Neuansiedlungen, blickt Geschäftsführer Dominik Baum optimistisch in die Zukunft.