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Skandal-SchlachthofErmittlungen wegen illegalen Schächtens in Hürth werden ausgeweitet

Lesezeit 4 Minuten
Auf dem Foto ist zu sehen, wie zwei Männer in dem Hürther Schlachthof Schafe schlachten.

Aufnahmen wie diese aus dem Schlachthof in Hürth haben zu Beginn des Jahres 2023 für Fassungslosigkeit gesorgt.

Fotos aus dem kurz zuvor geschlossenen Betriebs hatten Entsetzen und Fassungslosigkeit ausgelöst. Dem Betreiber wurde mittlerweile die Schlachtzulassung entzogen.

Mehr als ein halbes Jahr nach Aufdeckung der massiven Verstöße gegen das Tierschutzgesetz in einem Schlachthof in Hürth sind Polizei und Staatsanwaltschaft nach wie vor damit beschäftigt, Akten und weiteres Beweismaterial zu sichten. Wie der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer auf Anfrage mitteilte, sind die Ermittlungen auf weitere Personen ausgeweitet worden. Es handelt sich um vier Mitarbeiter des früheren Betreibers, einen Belgier. Details könne er nicht nennen, um die Ermittlungen nicht zu gefährden.

Gegen den Betreiber allein richteten sich anfangs die Ermittlungen. Nach der Auswertung des Videomaterials, das das Deutsche Tierschutzbüro in St. Augustin den Behörden ausgehändigt hatte, konnte die Polizei unter Hinzuziehen der Personalakten das Quartett ermitteln. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie Schafe gewaltsam auf den Boden gedrückt werden, ehe ihnen ohne Betäubung die Kehle aufgeschnitten wird.

Hürther Schlachthof: Mistgabeln wurden offensichtlich ins Gesicht der Tiere gestoßen

Das Videomaterial zeigt zudem mehrfach, wie der Betreiber absichtlich Tiere quäle und misshandele. Immer wieder sieht man, wie er Rinder mit Mistgabeln treibt, in einigen Szenen sticht er diese offenbar auch bewusst ins Gesicht der Tiere.

Zudem soll der Betreiber Rinder unsachgemäß betäubt haben. So zeigten einige der Tiere nach dem Bolzenschuss noch klare Anzeichen von Bewusstsein wie Abwehrreaktionen, Schwanzwedeln, Bewegung der Gliedmaßen. Das Veterinäramt des Rhein-Erft-Kreises hatte den Betrieb im Januar 2023 geschlossen und dem Betreiber und seinen Mitarbeitern die Sachkunde entzogen.

Hürther Schlachthof: Landesamt kassiert Schlachtzulassung ein

Mittlerweile hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW auch die Schlachtzulassung einkassiert. Ein Sprecher der Behörde bezeichnete die Vorgänge auf dem Hürther Schlachthof als schwerwiegend – sollten sich die Vorwürfe bestätigen.

Im März waren neue Verdachtsmomente aufgetaucht. Tiere sollen ohne die sogenannte Lebendbeschau geschlachtet worden sein. Das Deutsche Tierschutzbüro hatte daher eine weitere Anzeige wegen Schwarzschlachtens gegen den ehemaligen Betreiber des Betriebs erstattet.

„Auf dem Videomaterial sind mehrere Anlieferungen von Schafen und Rindern zu sehen, die ohne Begutachtung geschlachtet worden sind. In einigen Fällen ist dabei auch der Betreiber des Schlachthofes zu sehen“, sagte Tierschützer Jan Peifer. Der Betreiber hatte über einen Anwalt mitteilen lassen, dass er vom illegalen Schächten nichts gewusst habe.

Möglicherweise handelte es sich bei diesen Tieren um kranke Tiere. Das Deutsche Tierschutzbüro hatte aus dem Umfeld des Betreibers erfahren, dass dieser pro Jahr zwischen 1,5 und zwei Millionen Euro mit dem Schlachthof gemacht haben soll.

Peifer: „Wenn das stimmt, dann ist das sehr beachtlich und aus meiner Sicht nur damit zu erklären, dass er kranke und verletzte Tiere preiswert aufgekauft, dann im eigenen Schlachthof geschlachtet und das Fleisch teuer verkauft hat.“ Eine Anfrage dieser Redaktion dazu ließ der Anwalt des früheren Schlachthof-Betreibers unbeantwortet.

Tierschützer rechnet nicht damit, dass es noch in diesem Jahr zur Anklage kommt

Peifer verfolgt die Ermittlungen mit großem Interesse. Er begrüße außerordentlich, dass die Ermittlungen schon in solch einem weiten Stadium seien und erhoffe, „dass es auch zu einer Verurteilung der Personen kommt. Tierquälerei darf nicht unbestraft bleiben“. Er rechnet nicht damit, dass es noch in diesem Jahr zu einer Anklage kommt.

Die Vorfälle in Hürth werden auch noch einmal die Politik beschäftigen. Nachdem diese Redaktion im Juni über Funde von Tierkadavern im Umfeld des geschlossenen Schlachthofs berichtet hatte, kündigt die SPD-Kreistagsfraktion an, bei diesem Thema noch einmal bei der Kreisverwaltung nachzuhaken. Die Kadaverfunde seien beunruhigend und zeigten, dass es offensichtlich immer noch unreglementierte Schlachtungen im Kreis gebe.

Das Foto zeigt Tierschützer bei einem Einsatz in einem Schlachtbetrieb. Sie tragen weiße Schutzanzüge und leuchten den Stall mit Taschenlampen aus.

Tierschützer bei einem Einsatz in einem Undercover-Einsatz in einem Schlachtbetrieb.

Mit einer Anfrage wollen die Sozialdemokraten unter anderem in Erfahrung bringen, ob es für die Tierquäler inzwischen Konsequenzen gegeben hat. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dierk Timm: „Ich hoffe sehr, dass der ehemalige Betreiber des Schlachthofs nicht mehr mit Tieren arbeiten darf. Aber auch für die beteiligten Beschäftigten muss es Konsequenzen geben. Die aktuellen Kadaverfunde zeigen auch, dass solche Schlachtungen alleine mit behördlicher Überwachung nicht verhindert werden können. Ohne Hinweise aus einer aufmerksamen Bevölkerung geht es nicht.“