Hermann Niesig hat den modernen Schlagersound mitgeprägt. Er produzierte in seinem Hürther Kellerstudio etliche erfolgreiche Partyhits.
Im eigenen KellerstudioSo bringt ein Hürther Musikproduzent den Beat in den Schlager
Die Schweizer Band Fäaschtbänkler erhielt in Österreich für ihr Lied „Can You English Please“ zum dritten Mal den Preis der Musikindustrie Triple-Gold-Award, diesmal für 45.000 verkaufte Tonträger. Produziert wurde der Titel im Hürther Studio Earnapping von Hermann Niesig.
Den Preis, eine Holztafel mit eingebrannten Schriftzeichen und drei eingelassenen CD, hat Niesig jüngst im Rahmen eines Konzertes der Fäaschtbänkler in Dortmund bekommen. Sie reiht sich an der Wand des Studios in die vorherigen Auszeichnungen ein. Den ersten Gold-Award hatte Niesig als Autor und Produzent des Titels schon im Jahr 2021 erhalten, zwei Platinauszeichnungen folgten Anfang 2023.
Hürther Musikproduzent lernte Schweizer Band in den Dolomiten kennen
Niesig erinnert sich noch genau, wie das Lied für die Schweizer Band entstanden ist, und zwar am 10. Oktober 2015, während eines Songwriting-Camps in St. Ulrich, einem Ort in den Dolomiten. Eine Woche dauerten diese Workshops in der Regel, mit dem Ziel, in wechselnden Teams jeden Tag einen Hit für die Schlagerszene zu produzieren.
Damals habe er den Leadsänger Andi Frei und den Akkordeonisten Roman Pizio der Fäaschtbänkler zum ersten Mal getroffen. Fäaschtbänkler – das seien solche, die Feste auf Bierbänken feierten, sagt Niesig, und für die Partymusik der fünf Multiinstrumentalisten Programm. Der Titel des Liedes „Can You Please English“ beinhaltet schon die ganze Pointe der Geschichte. Ein junger Mann spricht in der Disco eine Schönheit an, nach langem Zaudern und Rätselraten, was in so einem Fall denn zu sagen sei, auf Deutsch mit Schweizer Akzent.
Ehemaliger DJ aus Hürth bringt den Tanzbeat in den Schlager
Popschlager nennt Niesig die Musikrichtung, der er seinen Stempel aufgedrückt habe. In seiner Jugend legte er als DJ vor allem Techno und House auf, bevor er Zutritt in ein Duisburger Tonstudio erhielt, wo er dem Toningenieur bei der Produktion damaliger Schlager über die Schultern schauen konnte. „Studios waren damals noch so abgezirkelt wie der Vatikan“, erinnert sich der Produzent schmunzelnd.
Niesig begann, mit Techno-Beats und deutschen Schlagertexten zu experimentieren, wollte die Tanzbeats in den Schlager bringen. Er habe einen charakteristischen Produktionsstil entwickelt, einen Sound, der heute den modernen Schlager präge, sagt Niesig. Ein Sound, der in die Musik von Schlagersängern wie Mickie Krause und Ross Antony, DSDS-Teilnehmern wie Sarah Engels und Pietro Lombardi und dem Kinderliedermacher Volker Rosin eingeflossen sei, so der Musikproduzent.
Die bayrische Mundartband VoXXClub habe er in die Vorausscheidung des Eurovision Song Contest 2018 geführt. In den 2010er-Jahren habe er dem Sänger Michael Wendler zum Durchbruch verholfen. Wendlers Gold- und Platinalben zieren das Treppenhaus zum kleinen Kellerstudio im Hürther Einfamilienhaus. Es ist in rotem Samt mit einem hochwertigen Neumann-Mikrofon für nur einen Sänger oder eine Sängerin ausgestattet.
Im Zentrum des Hürther Studios stehen ein analoges Mischpult mit digitaler Schnittstelle, Keyboard und Gitarre. Im virtuellen Tonstudio seines Rechners war zuletzt ein Song aus Niesigs Feder für einen kölschen Sänger geladen. Der Schlager sei in der heißen Phase und demnächst fertig. Gemeinsam mit dem Kölschsänger und einem Hürther Dreigestirn plane er die Veröffentlichung nach einem Flashmob – ein scheinbar spontaner Menschenauflauf – im Einkaufszentrum. „In meinem Geschäft muss man auffallen und polarisieren“, sagt Hermann Niesig.