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Gegen AfD-PolitikerSPD in Hürth kritisiert späten Rücktritt von Fraktionschef Gottschalk nach Schlägerei

Lesezeit 3 Minuten
Das Foto zeigt zwei Männer mit einem Blumenstrauß vor besetzten Tischen in einem Saal.

Lukas Gottschalk (l.), hier im Bild mit dem Hürther Parteichef Frederick Schuh bei einer Mitgliederversammlung 2022, legt seine Mandate nieder. (Archivbild)

Nach dem Fußtritt gegen einen AfD-Politiker legt Lukas Gottschalk (SPD) alle Mandate Ende Januar nieder. Zu spät, kritisieren Genossen.

Die Umstände des Rücktritts ihres Fraktionsvorsitzenden Lukas Gottschalk sorgen für Unmut in der Hürther SPD-Stadtratsfraktion. Gottschalk hatte nach der Kneipen-Prügelei am Wochenende vor Weihnachten zunächst erklärt, seine politischen Aktivitäten ruhen zu lassen. Erst knapp drei Wochen später kündigte der 32-jährige Sozialdemokrat an, seine Mandate im Stadtrat und im Kreistag zurückzugeben und sich aus der Kommunalpolitik zurückzuziehen – allerdings erst zum Monatsende.

Die SPD-Fraktion hat noch keinen neuen Fraktionsvorsitzenden gewählt. „Uns sind die Hände gebunden“, sagte Margit Reisewitz, bisher stellvertretende Fraktionsvorsitzende. „Gottschalk hat angekündigt, dass er erst zum 31. Januar zurücktritt. Offensichtlich macht er das sehr ungern.“ Von ihrer Internetseite hat die Hürther SPD-Fraktion ihn aber bereits gelöscht. Dort wird nun Margit Reisewitz als kommissarische Vorsitzende aufgeführt.

Hürth: SPD-Politiker geriet in der eigenen Fraktion unter Druck

Der SPD-Mann aus Kendenich war nach dem Vorfall in der Kneipe am 21. Dezember auch in der eigenen Fraktion unter Druck geraten. Ein von der AfD verbreitetes Video aus einer Überwachungskamera zeigt, wie Gottschalk mit Begleitern am frühen Samstagmorgen in der Gaststätte Adlerhof in Alt-Hürth mit einer Gruppe um den AfD-Ratsherrn Norbert Raatz aneinandergerät. Zu sehen ist, wie Gottschalk Raatz mit gestrecktem Bein in den Bauch tritt.

Gottschalk hatte anschließend erklärt, mit fremdenfeindlichen Sprüchen provoziert worden zu sein. Seine Verlobte sei sexistisch beleidigt worden. Die Kriminalinspektion Staatsschutz in Köln ermittelt unter anderem wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung und der Volksverhetzung.

Kommissarische Fraktionschefin wirf Gottschalk zögerlichen Rückzug vor

„Die SPD-Fraktion distanziert sich massiv von diesem Verhalten“, sagte die kommissarische Vorsitzende nun. Sie sei auch verärgert darüber, dass Gottschalk sich nur sehr zögerlich zum Rückzug durchgerungen und die Parteifreunde erst kurzfristig per E-Mail darüber informiert habe, dass er seine Mandate niederlegen werde. In der Fraktion habe sich Gottschalk danach nicht mehr blicken lassen. Reisewitz: „Er ist von der Bildfläche verschwunden.“

Gegenüber dieser Redaktion hatte Gottschalk am 10. Januar erklärt, er habe Bürgermeister Dirk Breuer und Landrat Frank Rock per E-Mail über seinen Mandatsverzicht informiert. Nach Angaben von Kreissprecher Thomas Schweinsburg muss die Erklärung aber persönlich gegenüber dem Landrat abgegeben werden. Dazu werde Gottschalk am heutigen Donnerstag (23. Januar) im Kreishaus in Bergheim erwartet. Mit Bürgermeister Dirk Breuer habe Gottschalk einen Termin am 29. Januar, so Büroleiter Tobias Püllen.

SPD-Politiker aus Hürth will Aufwandsentschädigung spenden

Auch wenn Gottschalk bereits angekündigt hatte, sein politisches Engagement ruhen zu lassen, stehen ihm für Januar noch Aufwandsentschädigungen zu. Als Fraktionsvorsitzender im Hürther Stadtrat bekommt er laut Bürgermeisterbüro eine pauschale Aufwandsentschädigung von 1633,50 Euro im Monat. Dazu kommen nach Angaben von Kreissprecher Schweinsburg 431,77 Euro für das Kreistagsmandat.

Gottschalk wies den Vorwurf zurück, er habe seinen Rückzug hinausgezögert. „Ich war viele Jahre lang in der Politik aktiv, das gibt man nicht so einfach auf“, sagte er dieser Redaktion. Dass er seine Mandate erst zum Ende des Monats niederlege, bezeichnete er als „reine Formalie“. Um die Aufwandsentschädigung sei es ihm dabei jedenfalls nicht gegangen, so Gottschalk: Er denke darüber nach, das Geld zu spenden.

SPD-Fraktion will am 3. Februar einen neuen Vorsitzenden wählen

Den Fraktionsvorsitz habe er bereits am 23. Dezember in einer E-Mail an die SPD-Ratsmitglieder niedergelegt. „Seitdem bin ich nur noch einfaches Ratsmitglied“, sagte Gottschalk. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Michael Kleofazs bestritt diese Darstellung allerdings auf Nachfrage.

„Wichtig ist, dass Lukas Gottschalk die Konsequenzen gezogen hat“, sagte der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Dierk Timm, dieser Redaktion am Mittwoch (22. Januar). „Ich hätte mir allerdings eine schnellere Entscheidung gewünscht.“

Die Hürther SPD-Ratsfraktion will am 3. Februar einen neuen Vorstand wählen, so Geschäftsführer Kleofasz. Im Stadtrat und im Kreistag ist die Nachfolge Gottschalks geregelt. Nachrücken sollen jeweils die Koppelkandidaten: Frank Baer, Ortsvorsteher von Kendenich, in den Stadtrat und Sarah Renz aus Alt-Hürth in den Kreistag.