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Tour de FranceU23-Bundestrainer Ralf Grabsch zur Leistung der deutschen Fahrer

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Ralf Grabsch bei der Tour de L’Avenir.

Hürth – Vergangene Woche fand das größte Radrennen der Welt, die Tour de France, ihr Ende in Paris. Während der drei Wochen kam es zu einigen Überraschungen, wobei auch einige junge Fahrer aus Deutschland und deutschen Mannschaften zu überzeugen wussten.

U23-Bundestrainer und Vorsitzender des RC Schmitter Köln-Gleuel, Ralf Grabsch, ordnet in einem Gespräch mit Matthias Breuer die Geschehnisse ein und erklärt, warum es für die Lokalmatadoren André Greipel und Nils Politt für eine Top-Platzierung nicht reichte.

Herr Grabsch, wie schätzen Sie die Leistungen der deutschen Mannschaften Sunweb und Bora-hansgrohe bei der Tour de France in diesem Jahr ein?

Ralf Grabsch: Die deutschen Teams Sunweb und Bora-hansgrohe haben mich sehr überrascht durch ihre aggressive Fahrweise. Gerade für Sunweb hat sich die Fahrweise gelohnt, die konnten einige Etappensiege feiern. Zusätzlich hat der Schweizer Marc Hirschi noch die Wertung des aktivsten Fahrers der Tour gewonnen. Das war schon ein starker Auftritt. Bei Bora-hansgrohe hingegen war dieses Jahr viel Pech dabei. Mit Emanuel Buchmann hatten sie einen Mann, der meiner Meinung nach definitiv auf das Podium der Gesamtwertung gehört. Aber sein Sturz wenige Wochen vor der Tour hat ihm wohl etwas mehr den Tritt genommen als gedacht. Peter Sagan hatte auch kein Glück und hat einen Etappensieg und das Grüne Trikot verpasst. Dafür wussten aber Maximilian Schachmann und Lennard Kämna mit ihrer Fahrweise zu überzeugen. Letzterer konnte noch eine Etappe gewinnen. Insgesamt gesehen kann das Team nicht zufrieden sein, weil die Zielsetzung vor der Tour eine ganz andere war.

Das Team Israel Start-up Nation mit den Hürthern Nils Politt und André Greipel hatte vor der Tour einen Etappensieg als Ziel ausgerufen. Das hat leider nicht funktioniert. Wie schätzen Sie ihre Leistung ein?

Der Tourstart stand bei beiden von Anfang an unter keinen guten Vorzeichen. Beide sind angeschlagen in die Tour gegangen und dann noch auf der ersten Etappe gestürzt. Das hat die Jungs zurückgeworfen. Nils ist auf jeden Fall viele Attacken gefahren, um in die Spitzengruppe des Tages zu kommen, aber leider war die Konstellation dieses Jahr für die Ausreißer nie so, dass sie untereinander den Sieg ausmachen konnten. André hatte viel Pech, konnte sich aber zwischenzeitlich mal fangen und hat einen sechsten Platz errungen. Danach hat er wieder einen Rückschlag hinnehmen müssen und verließ daraufhin vorzeitig die Tour. Das ist für ihn sehr schade, weil das vielleicht seine letzte Tour war.

Um auf Lennard Kämna zurückzukommen. Sie konnten Kämna über mehrere Jahre hautnah in den Nachwuchsmannschaften der Nationalmannschaften verfolgen. Was können wir von dem 24-Jährigen noch erwarten?

Lennard und ich haben immer noch ein sehr gutes Verhältnis. Wir stehen zwar nicht in regelmäßigem Kontakt, aber wenn wir uns sehen, tauschen wir uns aus. Lennard ist ein ruhiger Typ und keiner, der von sich selbst behaupten würde, was für ein guter Rennfahrer er ist. Er weiß genau, was er möchte und geht fokussiert seinen Weg. Für eine kurze Phase war er auch in Hürth wohnhaft, aber in einer Zeit, in der er viel unterwegs war. Dadurch hat Lennard hier nie Fuß fassen können. Als Rennfahrer bringt er alles mit, was man so braucht. Im Zeitfahren ist er super stark und auch im profilierten Gelände sowie im Hochgebirge ist Lennard stark unterwegs. Ich traue ihm zu, in den nächsten Jahren bei dreiwöchigen Rundfahrten vorne mitzufahren.

Was bedeutet es einem Verein wie dem RC Schmitter, wenn Fahrer wie André Greipel und Nils Politt am Start der Tour stehen, die auch mal hier bei Ihren Trainingsausfahrten vorbeischauen?

Die Tour ist das Größte, was es für uns Radsportler gibt. Wenn wir Schmitter mit unseren Freunden der Komet-Delia Köln André und Nils am Fernseher anfeuern können, oder wie im letzten Jahr an der Rennstrecke stehen, sind wir natürlich stolz darauf, wie die beiden durch Höhen und Tiefen gehen. Das bekommen die beiden nicht direkt mit. Aber zu meiner Zeit als Profi habe ich mich selbstverständlich im Nachhinein über die Anteilnahme gefreut. Das gibt dem Radprofi einen Schub und auch dem Verein, wovon am Ende jeder profitiert. Das ist viel wert.

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Auch den aktuellen Tour-Gesamtsieger konnten Sie schon vor seiner ersten Tour verfolgen. Hat Sie der Tour-Sieg überrascht, besonders in Bezug auf sein Alter?

Ich bin auf Tadej Pogacar erstmals im Jahr 2018 bei der Tour de L’Avenir getroffen, quasi die Tour für den Nachwuchs. Die Rundfahrt hatte er schon damals auf beeindruckende Art und Weise gewonnen. Pogacar hatte wie bei der diesjährigen Tour keine starke Mannschaft dabei und war eigentlich auf sich allein gestellt. Da konnte ich nur sagen: Das ist ein Ausnahmetalent. Im letzten Jahr hat er dann drei Etappen bei der Vuelta gewonnen, und es zeigte sich, dass er wirklich alle Fähigkeiten mitbringt. Es hat mich aber überrascht, wie er das Abschlusszeitfahren bei der Tour dominiert hat. Das war eine Wahnsinnsleistung. Junge Fahrer wie er sind in Radsportmannschaften momentan auf dem Vormarsch, trotzdem bin ich der Meinung, dass gerade junge Fahrer noch nicht gefestigt sind und große Leistungsschwankungen haben. Das konnten wir dieses Jahr beim letztjährigen Tour-Sieger Egan Bernal beobachten, der vorzeitig vom Rad steigen musste.

Einige Experten sehen seine Leistung dennoch kritisch, gerade weil im Umfeld seines Teams einige Leute sind, die als Fahrer und Teammanager durch Doping auffielen. An einigen Anstiegen fuhr Pogacar sogar schneller als ehemalige Doper. Reicht Talent allein aus, um solche Leistungen zu erbringen?

Natürlich kann ich die Hand nicht ins Feuer legen für Tadej Pogacar und selbstverständlich wirft seine außergewöhnliche Leistung Fragen auf. Er versucht auf jeden Fall alles, um als reiner Sportler dazustehen und veröffentlicht all seine Daten und Werte aus Wettkämpfen und Training. Das sollten wir schon beachten und gutheißen. Auf der anderen Seite hat es einen faden Beigeschmack, wenn Teile des Teams früher mit Doping in Kontakt waren. Trotzdem bin ich der Meinung, dass wir hier die Leistung eines absoluten Topfahrers gesehen haben, der schon in der U23 Außergewöhnliches geleistet hat und besondere Fähigkeiten mitbringt. Solange Pogacar bei seinen Kontrollen negativ getestet wird, ist er auch ein sauberer Sportler.