Die Minister Neubaur und Krischer setzen sich für ICE-Instandsetzungswerk im Rheinischen Revier ein. Was für den Rhein-Erft-Kreis spricht.
„Eine Riesenchance“Viel Zuspruch für ICE-Werk in Rhein-Erft – aber auch mahnende Stimmen
Das Werben der Landesregierung bei der Deutschen Bahn um ein ICE-Instandsetzungswerk im Rheinischen Revier findet im Kreis viel Zuspruch, doch gibt es auch mahnende Stimmen.
Die Bahn hatte das Werk ursprünglich im Raum Nürnberg für rund 400 Millionen Euro bauen wollen, war aber von den Plänen wieder abgerückt, unter anderem, weil es am vorgesehenen Standort Probleme mit der Beseitigung von Kampfmitteln und großen Widerstand in der Bevölkerung gab.
Daraufhin hatten die NRW-Minister Mona Neubaur (Wirtschaft) und Oliver Krischer (Verkehr) das Rheinische Revier als Standort für das Instandsetzungswerk ins Spiel gebracht, unter anderem mit Blick auf große Flächen am Tagebau Hambach und die Infrastruktur der Kohlebahnen, die nach dem Aus der Braunkohleverstromung in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2030 nicht mehr benötigt werden.
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Bei einem Flächenbedarf von 40 Hektar müsste der Standort mit Bedacht gewählt werden
„Eine solche Ansiedlung hätte sicherlich eine deutliche positive Strahlkraft auf die Region, um auch mit einer zukunftsorientierten Mobilitätsform die Energiewende voranzutreiben“, sagt Bergheims Bürgermeister Volker Mießeler (CDU). Bei einem Flächenbedarf von 40 Hektar müsse der Standort aber mit Bedacht gewählt werden, „um die Menschen in unmittelbarer und mittelbarer Umgebung mit einer derartigen Ansiedlung in dieser Größenordnung nicht über Maß zu belasten.“
Bedburgs Bürgermeister Sascha Solbach (SPD) sieht in einer solche Ansiedlung eine „herausragende Bedeutung“ für das Revier: „Ich hoffe sehr, dass die Landesregierungen Flächen im Blick hat, die von der Größe und der erweiterten Infrastruktur geeignet sind für ein solches Vorhaben und dass diese bestenfalls im Kernrevier der hauptbetroffenen Kommunen gefunden werden.“
Und: „Sollte es eine reale Chance auf neue, tarifliche Industriearbeitsplätze für unsere Region geben, erwarte ich, dass Land, Bund und Region alle Chance versuchen gemeinsam zu nutzen und wir dabei auf die üblichen politischen Reflexe verzichten.“ Das Revier suche nach mehreren neuen Leitindustrien – „ein ICE Werk wäre also eine Riesenchance eine solche neu zu finden“.
Das RWE-Werksbahnnetz verfügt über Anschlüsse ans öffentliche Schienennetz
RWE stehe den Überlegungen der Landesregierung „sehr positiv“ gegenüber, sagt Sprecher Guido Steffen. „Ein ICE-Werk würde den Strukturwandel im Revier mit neuen, hochwertigen Arbeitsplätzen voranbringen. Unser Unternehmen könnte dazu in mehrfacher Hinsicht beitragen.“
Das Werksbahnnetz verfüge bereits über Anschlüsse ans öffentliche Schienennetz, sodass auch ICEs zu jedem Betriebspunkt gelangen könnten. Zudem gebe es an vielen Stellen des Reviers große, ans Gleis angebundene Betriebsflächen, die sich für eine Umnutzung eigneten. „Unsere Hauptwerkstatt Grefrath in Frechen ist heute schon ein Dienstleister für die Instandsetzung von rollendem Material – hauptsächlich für eigene Lokomotiven, Waggons und sonstigen Schienenfahrzeugen, aber auch für externe Kunden.“
Elsdorf sieht sich eher als Zuschauer, begrüßt aber die Pläne
Der beschlossene Ausstieg aus der Braunkohleförderung und -verstromung werde zu einem deutlichen Wegfall industrieller Arbeitsplätze in der Region führen, sagt Susanne Kayser-Dobiey, Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises. „Hier ist jede Kompensation sehr willkommen.“
In Elsdorf sieht man sich eher als Zuschauer. „Wir haben von den Plänen der Landesregierung aus der Zeitung erfahren und bisher keine Detailinformationen erhalten, wo ein ICE Werk im Rheinischen Revier verortet sein könnte“, sagt Pressesprecher Ulrich Sturm. Grundsätzlich würden die Pläne begrüßt.
Landrat Frank Rock sagt: „Ich freue mich, dass die Landesregierung das Rheinische Revier als landesweiten Wirtschaftsfaktor erkennt und gemeinsam die Region entwickeln möchte. Als wichtiger Verkehrsknotenpunkt mit einer hervorragenden Infrastruktur sollten wir die bestehende Infrastrukturen, Kohlebahnen und Flächen im Rheinischen Revier gezielt nutzen und ausbauen, insbesondere im Bereich Gewerbe und Industrie.“
Ein ICE-Werk würde neue Arbeitsplätze und Investitionen in die Region bringen und somit dazu beitragen, die Wirtschaft des Rhein-Erft-Kreises und des gesamten Rheinischen Reviers zu diversifizieren. Es sei jedoch auch wichtig, weitere Wirtschaftszweige in der Region zu stärken, um die nachhaltige Entwicklung zu sichern. „Unsere Wasserstoffpotentialstudie verdeutlicht beispielsweise die wachsende Bedeutung von Wasserstoff als alternative Energiequelle. Die Deutsche Bahn plant, vermehrt auf wasserstoffbetriebene Züge zu setzen. Deshalb wäre ein ICE-Werk im Rhein-Erft-Kreis für alle Beteiligten von Vorteil“, so Rock.
Zustimmung kommt auch von Bodo Middeldorf, dem Geschäftsführer der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR). Die Ansiedlung neuer Betriebe mit zukunftsfesten Arbeitsplätzen, insbesondere im industriellen Sektor, sei ein zentraler Baustein für einen gelingenden Strukturwandel. Das Instandhaltungswerk wäre eine solche Ansiedlung; sie könne eine Perspektive für die vielen gut qualifizierten Arbeitskräfte bieten, die aktuell noch in der Braunkohlegewinnung und -verstromung beschäftigt sind.
Middeldorf ergänzt: „Die Bewältigung des Strukturwandels in kurzer Frist ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie muss über die finanzielle Förderung einzelner Projekte hinausgehen. Der Bund steht in der Verantwortung, auch durch die Ansiedlung bundeseigener Einrichtungen und Unternehmen einen Beitrag zum Aufbau neuer Arbeitsplätze und neuer Wertschöpfung zu leisten. Wir erwarten daher eine ernsthafte Prüfung der Standortoption.“ Gerne steige die ZRR mit der Bahn in die Auswahl potenzieller Ansiedlungsstandorte ein.
Durch die Nähe zu Köln als einem der größten Bahnknotenpunkte Europas, dem Potenzial des gut ausgebauten RWE-Eisenbahnnetzes sowie hervorragend ausgebildeter Fachkräfte biete das Rheinische Revier beste Bedingungen. Anders als in Nürnberg stünden die Bürgerinnen und Bürger arbeitsplatzschaffenden Investitionen, die eine neue Perspektive für die Entwicklung der Region aufzeigten, positiv gegenüber.