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Auf EntdeckungstourDie Manheimer Keller erzählen ganz besondere Geschichten

Lesezeit 4 Minuten

Viele Keller, hier unter dem Haus Forsthausstraße 23 waren älter, als die darüber stehenden Gebäude.

Kerpen – Nur noch wenige Gebäude und die alte Pfarrkirche stehen im Umsiedlungsort Manheim-alt. Vor ein paar Jahren noch reihte sich dort Haus an Haus entlang der Straßen. Wie sich der mehr als 1100 Jahre alte Ort über die Jahrhunderte von einzelnen Gehöften zu einem Straßendorf langsam entwickelt hat, versuchen nun Archäologen und Bauhistoriker herauszufinden. Ein wichtiger Anhaltspunkt sind dabei die alten Keller unter den einzelnen Häusern.

140 Keller im historischen Ortskern Manheims sind im Frühjahr 2019 erstmal von Fachleuten besichtigt, 48 dann ausgewählt und im Detail untersucht, fotografiert und ausgemessen worden. Die Arbeiten hat der Kerpener Heimatverein in Auftrag gegeben und begleitet. Die Stiftung Archäologie im Rheinischen Braunkohlerevier förderte sie finanziell.

Der Ort Manheim-alt ist wegen des Tagebaus Hambach fast schon komplett abgerissen worden. Nur die ehemalige Pfarrkirche und wenige Gebäude stehen noch.

Bauhistoriker eines Fachbüros haben die praktische Arbeit übernommen, darunter der Architekt Ekkehard Kandler und die Stadtplanerin Jadwiga Pilarska. Das Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) half dabei. LVR-Archäologe Martin Grünewald sowie Kandler publizierten erste Ergebnisse der Untersuchung im Jahrbuch „Archäologie im Rheinland 2019“. Erst vor wenigen Tagen erhielt der Heimatverein für das so entstandene Kellerkataster den Heimatpreis der Stadt Kerpen, dritter Platz.

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„Viele Keller waren schon zugenagelt und unzugänglich gemacht worden, als wir sie besichtigen wollten“, berichtete Susanne Harke-Schmidt, Vorsitzende des Heimatvereins und Stadtarchivarin. „RWE hat die dann für uns wieder aufgemacht.“ Doch nicht jeder der Keller, die mittlerweile fast alle abgerissen und teilweise bis zu 400 Jahre alt waren, wurde dann auch betreten: „Manche waren kalt und schimmelig, so dass es eklig war, da hineinzugehen.“ Auch gesundheitliche Bedenken gab es durchaus.

400 Jahre alt war der Keller des Hauses am Marktplatz 5a.

Doch die Gelegenheit musste genutzt werden: „Es war eine einmalige Chance, ein Dorf, das aufgegeben worden ist, zu untersuchen“, so Rolf Axer, stellvertretender Vorsitzender des Heimatvereines. Es sei wohl deutschlandweit einmalig, dass alle historisch bedeutsamen Kelleranlagen eines Dorfes untersucht werden konnten. Auch bei den bislang im Zuge des rheinischen Braunkohleabbaus abgebaggerten rund 50 Dörfern sei dies bislang nicht der Fall gewesen, so Grünewald und Kandler in ihrem Beitrag. In der Regel seien nur einzelne Kirchen, Adelssitze oder Friedhöfe erforscht worden.

Spektakuläre Funde, mit denen man auch bei Laien Schlagzeilen machen könnte, haben die Kelleruntersuchungen in Manheim nicht gebracht. Doch für Wissenschaftler und Heimatinteressierte sind die Ergebnisse dennoch interessant, zeigen sie doch über Manheim hinaus, wie sich die Dörfer im Rheinland entwickelt haben.

Susanne Harke-Schmidt und Rolf Axer vom Heimatverein Kerpen begleiteten die Untersuchungen.

So befand sich Manheim anfangs nur aus einer Aneinanderreihung einzelner Gehöfte, wie auch alte Karten etwa von 1826 zeigen. Das spätere Ortsbild zeigte dagegen eine geschlossene Bebauung: „Es hat demzufolge eine umfangreiche Bautätigkeit im fortgeschrittenen 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegeben, die sich durch eine Vielzahl von Kellern mit preußischem Kappengewölbe fassen lässt und scheinbar zwischen den Weltkriegen fortgesetzt wurde“, so Grünewald und Kandler. Die meisten Keller aber seien nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, „was dem Wirtschaftswunder und der Einführung des Baggers bei privaten Bauvorhaben“ zu verdanken sei.

Besonders drei Keller sind interessant: So befand sich unter dem Gebäude der späteren Kreissparkasse am Marktplatz 1 ein Keller mit Korbbogengewölbung, der um das Jahr 1700 eingestuft wird und damit wesentlich älter als das später darüber gebaute Haus war. Der Keller gehörte zur unbebauten Fläche an der Kirche und wies eine seltene Kalkung auf. Kalk wurde früher bei Kontakt zu Leichen und zur Desinfektion verwendet. Es liegt also nahe, dass der Keller seinerzeit als Beinhaus zur vorübergehenden Aufbewahrung von Toten bis zu deren Beerdigung genutzt wurde. Später wurde darüber eine Gastwirtschaft gebaut. Wo einmal Leichen lagen, stapelten sich dann die Bierfässer, was, so die Autoren, eine „bemerkenswerte Umnutzung“ gewesen sei.

Die Leichen von Verstorbenen wurden im Keller am Marktplatz 1 aufbewahrt. Später wurden hier Bierfässer gelagert.

Auch ein ebenfalls als Gastwirtschaft genutztes Jugendstilgebäude von 1910, das am Marktplatz 5a noch steht, verfügt über einen wesentlich älteren Keller, der um das Jahr 1600 entstanden sein könnte. Es handelt sich um einen besonders repräsentativen Gewölbekeller, der wohl für die Kühlung von Bier und Wein verwendet wurde. Aufgrund der „Ortskonstanz von Gaststätten“ sei es wahrscheinlich, dass auf der Parzelle seit Errichtung des Kellers wohl über 400 Jahre lang eine Gastwirtschaft bestand.

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Ein eher unscheinbares Haus an der Forsthausstraße 22 hatte gleich drei Gewölbekeller. Ein Fensterdetail lässt eine mittelalterliche Entstehung vermuten. Auch wurden beim Bau Backsteine verwendet, was früher dem Adel vorbehalten war. So ist zu vermutet, dass an der Stelle einmal eine für das Dorf bedeutende Persönlichkeit gewohnt hat.