„Ich trau dem Braten nicht“So reagiert der Einzelhandel in Rhein-Erft auf Lockerungen
Rhein-Erft-Kreis – Noch ist die Normalität weit entfernt, doch dem von der Corona-Pandemie gebeutelten stationären Einzelhandel eröffnen sich angesichts der Beschlüsse von Bund und Ländern neue Möglichkeiten.
In Abhängigkeit von der regionalen Entwicklung des Infektionsgeschehens können viele Geschäfte wieder öffnen. Zwar steht die Veröffentlichung der neuen NRW-Landesverordnung noch aus, doch Kreissprecher Marco Johnen, geht davon aus, dass die entscheidende Größe der Inzidenzwert auf Kreisebene sein wird.
Im Rhein-Erft-Kreis bewegte sich dieser Wert zuletzt in der maßgeblichen Spanne zwischen 50 und 100. Somit dürfen die Läden von Montag, 8. März, an je 40 Quadratmeter Verkaufsfläche einen Kunde nach vorheriger Anmeldung empfangen.
Brühl: „Wer diese Chance nicht nutzt, ist kein Händler“
Frank Pohl, Geschäftsmann und stellvertretender Vorsitzender der Interessengemeinschaft Brühler Einzelhändler Wepag, glaubt, dass viele Kollegen die Türen aufsperren werden. „Wer diese Chance nicht nutzt, ist kein Händler“, sagt er. Pohl darf in seinem 1250 Quadratmeter großen Wesselinger Elektronikgeschäft 30 Kunden gleichzeitig hereinlassen. „Die Leute können vorab telefonisch einen Termin vereinbaren“, sagt er. Aber auch spontane Besuche seien möglich. „Dann schauen wir, ob wir unmittelbar Platz haben und direkt einen Termin vergeben können.“
Lange Wartezeiten befürchtet er nicht. Und auch die Registrierung sei in Brühl simpel. Dort helfe vielerorts eine Funktion der Brühl-App. „Man muss am Eingang nur einen QR-Code mit dem Handy scannen und ist schon anonym registriert“, erklärt er. Der Geschäftsmann ist davon überzeugt, dass sich die neuen Möglichkeiten rechnen. „Das bringt mehr als der Außer-Haus-Verkauf für Restaurants“, meint Pohl.
Erftstädter Händlerin „traut dem Braten nicht“
„Ich trau’ dem Braten nicht.“ Andrea Riese, stellvertretende Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Handel und Gewerbe Lechenich (Ahag) bleibt skeptisch. Zu oft seien der Regeln in letzter Sekunde noch einmal geändert worden. Riese, die an der Bonner Straße das Geschäft „Mode exklusiv“ betreibt, könnte theoretisch in der kommenden Woche jeweils eine Kundin in ihren Laden lassen.
Zurzeit können die Frauen bei ihr telefonisch oder im Internet Kleidung bestellen, die sie dann in einer „Auswahltüte“ über eine Theke am Eingang hinausgereicht bekommen, zu Hause anprobieren und dann entweder kaufen oder zurückbringen können.
Frechen: „Existenzbedrohende Situation“ für Einzelhändler
„Viele Einzelhändler befinden sich in einer existenzbedrohenden Situation“, sagt Peter Metz, der Vorsitzende des Aktivkreises Frechen. Deswegen geht er davon aus, dass alle Geschäfte, die ab Montag öffnen dürfen, dies auch tun. „Gerade für kleine Geschäfte ist es vielleicht gar nicht so schlecht, mit Terminvergaben für die Kunden zu arbeiten“, sagt er. Dies könne im Internet geschehen, aber auch mit Listen vor Ort. Gespräche zu den Einzelheiten müssten noch geführt werden.
Metz hat kürzlich das Amt des Aktivkreis-Vorsitzenden übernommen, sein Vorgänger Volker Janzen ist auf den Stellvertreter-Posten gerückt. Erst kürzlich hat Metz sich in der Frechener Fußgängerzone noch einmal genau umgesehen. Er sei erstaunt gewesen, dass die Hälfte der Geschäfte in irgendeiner Form geöffnet habe. In vielen Läden werde den Kunden die Möglichkeit geboten, Waren zu bestellen und abzuholen.
Bergheimer Händler hat noch viele Fragen vor der Öffnung
„Ich verstehe es nicht und habe noch viele Fragen“, meint Thomas Engelhard, Geschäftsführer der Bergheimer Werbe- und Interessengemeinschaft (WIOG), zu den sich abzeichnenden neuen Regelungen: So sei für ihn unklar, wie das mit den Anmeldungen für Kunden geregelt werden solle. „Muss das vorher telefonisch oder per E-Mail sein, oder reicht es auch, wenn einer einfach bei mir an der Tür klopft?“ Das alles sei „irrsinnig aufwändig“.
Engelhardt betreibt ein Geschäft für Haushaltswaren, Wohnaccessoires und Geschenke in der Fußgängerzone: „Es wäre mir lieber, einfach zwei, drei Leute in meinen Laden lassen zu können.“ Er würde dann schon darauf achten, dass kein Gedrängel oder keine Warteschlange entstehen. Den Abholschalter für Kunden, der gut angenommen werde, wolle man auf jeden Fall weiter betreiben.
Kerpen: AGK ist froh wegen Öffnungen
Den neuen Öffnungsschritt begrüßt Nadine Freialdenhoven von der Aktionsgemeinschaft Kolpingstadt Kerpen (AGK). Dies sei besser als nichts, sagt sie. Zwar erfordere es einen höheren Aufwand, wenn sich Kunden vorher anmelden müssen. „Doch wir in der AGK sind froh, wenn es überhaupt wieder möglich ist, Geschäfte zu öffnen.“
So reagieren die Möbelhäuser im Rhein-Erft-Kreis
Das Frechener Porta-Möbelhaus will ab Montag öffnen, wenn es der Inzidenzwert zulässt. Das gleiche gilt für Möbel Hausmann in Bergheim. „Die neue Landesverordnung müssen wir allerdings noch abwarten“, sagte Holger Wetzel, Pressesprecher der Porta-Unternehmensgruppe. Je nach Inzidenzwert ist vorab eine Terminvereinbarung notwendig. „Dies ist im Internet und telefonisch möglich“, so Wetzel. Es werde auch Personal am Eingang sein, bei dem man nach einem Termin fragen könne – allerdings mit dem Risiko, Wartezeiten in Kauf nehmen zu müssen. Es gelte die Regel, dass jeder Kunde von einem Berater oder Verkäufer begleitet werde.
Das könnte Sie auch interessieren:
Porta setze darüber hinaus weiterhin auf sein vom Tüv zertifiziertes Hygienekonzept, auch wenn demnächst eine Öffnung mit weniger Einschränkungen möglich sein sollte. Zu dem Konzept gehören Einbahnstraßen-Regelungen im Möbelhaus, Desinfektionsmaßnahmen und eine Wärmebildkamera am Eingang, mit der erkannt wird, wie viele Kunden sich im Gebäude befinden.
Bei den Segmüller-Einrichtungshäusern, die auch mit einer Niederlassung in Pulheim vertreten sind, laufen derzeit Gespräche zu möglichen Öffnungen, sagte ein Sprecher.
Hürth-Park wartet auf die Landesverordnung
Das Management im Hürth-Park wartet, wie die Möbelhäuser und die Einzelhändler vor Ort, die Landesverordnung ab. „Klar ist aber natürlich, das wir als Center-Management unsere Mieter womöglich unterstützen wollen“, teilt Enver Savkay, Junior Center Manager, mit und verweist auf das praktizierte und zertifizierte Hygienekonzept.
Die Modekette C&A, die neben der Filiale im Hürth Park auch Geschäfte in Brühl, Frechen und Kerpen betreibt, begrüßt die Möglichkeit der Öffnung, sofern die 40 Quadratmeter-Regelung pro Person in der Verordnung umgesetzt werde. „Für Unternehmen mit großen Filialen ist das hilfreich“, sagt ein Unternehmenssprecher. „Wir werden nach Möglichkeit alle Filialen öffnen.“ Welche Angebote die Kundinnen und Kunden dann in die Geschäfte locken sollen, sind noch nicht bekannt, aber „es wird natürlich Angebote geben, was die Winterware angeht“, teilt das Unternehmen mit.