Kritik an Saison-Plänen des FVM„Für Studenten und Berufstätige ist das bedrohlich“
Rhein-Erft-Kreis – Der Fußballverband Mittelrhein (FVM) plant, die Hinrunde der aktuell pausierten Saison bis zum Sommer auszuspielen und zu werten. Nach langer Zeit der Ungewissheit hat der FVM damit eine Perspektive für die Fortsetzung der Spielzeit 2020/2021 aufgezeigt.
Bis zum Sommer soll, abhängig von den politischen Entscheidungen zur Corona-Lage, der Spielbetrieb wieder aufgenommen werden und die noch ausstehenden Spiele der Hinrunde absolviert werden. Auch die Pokalwettbewerbe sollen ausgespielt werden. Dieser nicht unumstrittene Plan des FVM wird zum Lackmus-Test für Fußball unter Wettbewerbsbedingungen in angespannten Zeiten der Pandemie.
Die Trainer der Rhein-Erft-Mannschaften aus der Fußball-Landesliga sehen die Lage kritisch. Bei den Übungsleitern macht sich Ablehnung hinsichtlich der Wiederaufnahme des Trainingsbetriebes in Zweiergruppen, die nicht gewechselt werden dürfen, breit.
Paul Esser: „Für Studenten und Berufstätige ist das bedrohlich“
„Ich halte das für ein unnötiges Risiko“, beginnt der Trainer des SC Germania-Lechenich, Paul Esser. Anstatt einer Fortsetzung noch in diesem Frühjahr, spricht sich Esser für eine Pause bis in den Sommer und einem geregelten Start einer neuen Saison mit ausreichend Vorlaufzeit im Spätsommer aus. „Jeder, der schonmal in Quarantäne war, wird mir da zustimmen. Für Studenten und Berufstätige ist das wirklich bedrohlich“, erklärt Esser.
Seine Spieler halten sich derweil individuell fit. Motivationsdefizite aufgrund der langen Fußball-Pause befürchtet Esser nicht: „Ob wir jetzt drei bis vier Monate pausieren oder direkt sechs, ist eigentlich egal. Wenn es wieder losgeht, werden alle Lust haben.“
Hürther Trainer Fernando Riccio kritisiert Pläne des FVM
Auch Fernando Riccio, Trainer des GKSC Hürth, hat Bedenken. „Wenn es weiter geht, werden wir natürlich alles geben, um da unten rauszukommen“, erklärt Riccio mit Blick auf die Tabelle. „Meiner Meinung nach besteht jetzt das Risiko, dass Teams, für die es in der Tabelle um nichts mehr geht, vielleicht nicht mehr mit vollem Einsatz spielen. Aber das ist nur meine persönliche Meinung“, kritisiert der Hürther Trainer die Pläne des Verbandes.
Seine Mannschaft hat außerdem weiterhin mit verletzungs- und berufsbedingten Ausfällen zu kämpfen, die einen Re-Start erschweren würden. „Aber es nützt alles nichts, wenn es weiter geht, werden wir spielen. Der Fußball ist für uns das Größte“, erzählt er.
Albert Deuker, Trainer des TuS BW Königsdorf, blickt wie gewohnt sehr differenziert auf die derzeitige Situation. „Aus menschlicher Sicht kann ich es nachvollziehen, dass viele sich eine gewisse Perspektive wünschen“, beginnt er sein Plädoyer. Jedoch warnt Deuker vor vorschnellen Entscheidungen, besonders aufgrund der nach wie vor unklaren pandemischen Lage. „Auch wenn meine Mannschaft und ich gerne wieder auf dem Platz stünden, erscheint mir der formulierte Druck auf die Politik als etwas unsachlich.“ Bevorzugen würde Deuker, dass sich alle Beteiligte noch etwas in Geduld üben. Eine Rückkehr auf den Platz sei ja tatsächlich wieder greifbar, jedoch nicht verfrüht und um jeden Preis.
„Was passiert, wenn eine Mannschaft in Quarantäne muss?“
In Brauweiler denkt man ähnlich. Julian Hoffmann, sportlicher Leiter der Grün-Weißen, sieht noch viele offene Fragen. „Grundsätzlich wäre es natürlich wünschenswert, wenn bald wieder gespielt werden könnte. Allerdings muss dafür gesorgt werden, dass ein reibungsloser Ablauf gewährleistet wird“, erklärt Hoffmann. Ein reibungsloser Ablauf sei jedoch keinesfalls garantiert. „Was passiert, wenn eine Mannschaft in Quarantäne muss und der ohnehin schon volle Spielplan noch mehr strapaziert wird?“, fragt der sportliche Leiter in Richtung des FVM. Bei aller Vorfreude überwiegen auch in Brauweiler die Bedenken.
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Die Schlossstädter vom SC Brühl blicken voller Euphorie und Enthusiasmus auf die Fortsetzung der Saison: „Fußball ist unsere Leidenschaft und die schönste Nebensache der Welt, dabei fühlen wir uns lebendig. Wenn wir noch sieben Spiele bekommen, werden wir uns in diesen Spielen zerreißen“, kündigt der Brühler Trainer Leonard Barth an. „Wir haben damit gerechnet, dass es so kommt. Wie der FVM das zu Ende spielen will, ist absolut nachvollziehbar“, erklärt Barth. Risiken sehe er vor allem in der bevorstehenden engen Taktung der Spieltage und der damit einhergehenden Verletzungsgefahr für die Spieler. „Das wird uns Trainer in der Trainingssteuerung vor besondere Probleme stellen.“