Ayari und Imed Riathi konnten sich mit einem Sprung retten, ihr Lebenstraum ging in Flammen auf. „Das waren Ausländerfeinde“, vermutet eine Stammkundin.
„Dachte, dass alles vorbei ist“Brüder berichten von dramatischen Szenen in Seelscheider Brandnacht
„Warum?“ schreit Ayari Riathi laut in den Himmel. „Mein Lebenswerk wurde zerstört.“ Dann bricht er in Tränen aus. Das Restaurant „Haus im Park“ war am vergangenen Montag in Flammen aufgegangen. Nach den kriminalpolizeilichen Ermittlungen und der Auswertung der Spuren gehen die Staatsanwaltschaft Bonn und die Polizei Bonn von einem versuchten Tötungsdelikt aus – eine Mordkommission ermittelt. Auch ein fremdenfeindlicher Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden.
„Ausland raus“ sei noch vor dem Brand hastig auf die Hauswand gesprüht worden, berichtet Riathi. Der Schriftzug ist noch zu sehen. Eine Frau zeigt ein Foto auf ihrem Handy. Ein weißer Kühlschrank, der auf der anderen Seite des Hauses stand, ist ebenfalls mit ausländerfeindlichen Parolen besprüht worden. Das Bild soll aus der Brandnacht stammen.
Brüder lagen hilflos auf dem Boden neben ihrem brennenden Restaurant
Riathi sitzt noch im Rollstuhl. Er hat sich beim verzweifelten Sprung aus dem ersten Stock das Bein gebrochen. Sein Bruder Imed folgte ihm in der Brandnacht auf diesem Weg aus den Flammen. Er hat fünf gebrochene Rippen. Als die Brüder eine Woche später erstmals gemeinsam zum Brandort kommen, verlässt gerade ein Ermittlungsteam der Polizei den Tatort. Sieben Tage ist es jetzt her, noch immer werden Spuren gesichert. Der Staatsschutz ermittelt inzwischen. Das geschieht bei möglichen ausländerfeindlichen Straftaten. Die betroffene Familie hat tunesische Wurzeln.
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Für Riathi ist dies der erste Besuch nach dem Brand. Er konnte erst vor wenigen Stunden das Krankenhaus verlassen. „Es ist nicht sicher, ob die Brüche von Schien- und Wadenbein alleine heilen können. Vielleicht muss ich operiert werden“, berichtet der 55-Jährige mit zitternder Stimme. Und er erzählt von der Brandnacht. „Ich bin in meinem Zimmer in der ersten Etage aufgewacht, weil ich keine Luft mehr bekommen habe. Alles war voller Rauch. Hustend öffnete ich die Tür zum Nebenzimmer. Imed schlief noch. Ich habe ihn wachgerüttelt.“ Beide hätten sich in völliger Dunkelheit zum hinteren Teil des Gebäudes durchgekämpft. Der Sprung in die Tiefe aus dem Fenster zum Hof sei die einzige Möglichkeit gewesen, ihr Leben zu retten.
„Wir lagen am Boden. Ich wollte zu ihm, ihn schnell vom Brandort wegziehen, doch meine Beine versagten“, erinnert er sich. Sein Bruder neben ihm habe vor Schmerz gestöhnt. Hilflos habe er, nur mit einer Unterhose bekleidet, auf dem Boden gelegen. Auch sein Bruder habe sich nicht mehr bewegen können. „Man denkt dann, dass alles vorbei ist.“
Die lebensrettende Flucht vor den Flammen durch das Erdgeschoss war nicht mehr möglich gewesen
Noch bevor Feuerwehr und Polizei gekommen seien, sei die Nachbarschaft am Brandort gewesen. „Sie haben uns schnell in Sicherheit gebracht“, sagt er dankbar. In Decken eingewickelt, von den Nachbarn betreut, warteten die beiden Männer auf den Rettungswagen. „Überall war Blaulicht, Menschen liefen umher, Flammen loderten, dunkler Rauch stieg in den Himmel – um mich rum brach alles zusammen.“ Riathi ist in Seelscheid beliebt. Passanten, die ihn im Rollstuhl sitzend erkennen, sprechen ihm spontan Trost zu.
Sabine Prakken aus Lohmar ist auch gekommen. Sie hat einen Korb mit Kleidung dabei. Die beiden Männer haben alles bei dem Feuer verloren. Sie war zusammen mit ihrem Mann Norbert der letzte Gast vor der Brandnacht. „Um 22.15 Uhr sind wir gegangen. Ayari hat dann die Haupteingangstüre abgeschlossen“, berichtet sie. „Gut zwei Stunden später wurde sie aufgebrochen“, berichtet Riathis Sohn Yassin. Die Täter hätten sich so Zutritt zum Haus verschafft, um den Brand zu legen. Zum Glück seien er und seine drei Geschwister nicht im Haus gewesen. „Jeder in Seelscheid wusste, dass auf der ersten Etage Menschen wohnen“, so eine Stammkundin. „Das waren Ausländerfeinde, die wollten alle durch das Feuer umbringen“, ergänzt sie. Ihren Namen möchte sie nicht nennen. „Sonst bin ich vielleicht die nächste auf der Liste.“
Riathi weiß noch nicht, wie es jetzt weitergeht. Seit sieben Jahren bietet er in seinem Restaurant mediterrane Küche an. Er war zufrieden mit dem Umsatz. Viel Stammkunden seien regelmäßig gekommen. Bevor er nach Seelscheid ging, war Riathi Chefkoch bei „Zwölf Apostel“ am Heumarkt in der Kölner Altstadt. Gerda Hess ist ebenfalls zum Brandort an der Zeithstraße gekommen. „Wir müssen ein Zeichen gegen rechte Gewalt setzen“, sagt sie. Am 8. Juli habe es einige hundert Meter entfernt eine Schießerei an der Bushaltestelle „Seelscheid Post“ gegeben. Es habe Beschimpfungen, möglicherweise mit ausländerfeindlichem Inhalt, gegeben. Der Verbindungsbeamte zum Staatsschutz in Bonn wurde später eingeschaltet.