Das Gebäude steht seit mehr als zehn Jahren leer. Aufgrund von Schadstoffbelastung kann es nicht einfach so abgerissen werden.
„Klein-Tschernobyl“Schadstoffe in leerstehendem Uni-Gebäude in Bonn sollen 2025 entfernt werden
Dass das grau-triste Hochhaus an der Römerstraße 164 früher von der Pädagogischen Fakultät der Universität Bonn genutzt wurde, ist noch an der Bushaltestelle vor der Tür zu erkennen. Der Busstopp trägt noch den Titel „Pädagogische Fakultät“. Doch die ist schon seit mehr als 10 Jahren nicht mehr in dem Gebäude untergebracht, ebenso wenig wie andere Abteilungen der Universität.
Wegen massiver Schadstoffbelastung mit PCB musste das Hochhaus im Jahr 2010 geräumt werden und ist seitdem eine Art einsamer „Lost Place“ mitten in der Stadt. Von einigen Studierenden, die zuletzt noch 2010 und 2011 dort Vorlesungen hatten, wurde das Gebäude scherzhaft „Klein-Tschernobyl“ genannt, weil es so trist und leer dastand und immer eine unbehagliche Ausstrahlung gehabt hätte. Die Umrisse des Betonklotzes prägen jedoch nach wie vor Römerstraße im Bonner Norden. Im neuen Jahr sollen nun allerdings die Arbeiten für den schon lange geplanten Abbruch des Gebäudes beginnen.
Schadstoffbelastung: Hochhaus kann nicht einfach abgerissen werden
Das teilt der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB), Eigentümer des Hochhauses, auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit. An dem Gebäude würden derzeit ein Kran und ein Container aufgestellt, Vorbereitungen für die sogenannte Schadstoffsanierung. „Diese beginnt Anfang des kommenden Jahres“, so ein Sprecher von BLB.
Das Gebäude abzureißen, ist keine einfache Aufgabe. Das Hochhaus wurde in den 70er Jahren erbaut, eine Zeit, in der das Stoffgemisch aus PCB (kurz für Polychlorierte Biphenyle) intensiv beim Bau genutzt wurde, unter anderem für Anstriche und Fugenmassen. Die Stoffe sind jedoch seit 1989 verboten, weil sie als krebserregend gelten. Und: Ein belastetes Gebäude kann nicht einfach wie üblich abgerissen oder womöglich sogar gesprengt werden, da sich die Schadstoffe sonst in der Umgebung verteilen.
PCB werden über die Haut und Luft aufgenommen und greifen Nerven, Immunsystem und Leber an. In dem Universitätsgebäude wurde die hohe Belastung mit PCB im Jahr 2004 festgestellt. Das Gebäude wurde jedoch noch jahrelang weiter genutzt – trotz Gefährdung. Wie der Bonner General-Anzeiger berichtete, bestand sogar trotz Luftreinigungsmaßnahmen in dem Gebäude noch 2016 eine PCB-Konzentration, die zehnmal so hoch war, wie der vom Land NRW vorgegebene Grenzwert (300 Nanogramm pro Kubikmeter Raumluft).
„Lost Place“ Bonn: Schadstoffe sollen Anfang 2025 entfernt werden
Im Jahr 2011 war das Gebäude offiziell größtenteils geräumt. Einige Forschende nutzten allerdings Teile des Gebäudes noch bis 2016 „unter strengen Nutzungsregelungen“, erklärte der BLB. Es handelte sich dabei um eine Arbeitsgruppe des Fachbereichs Chemie. Die arbeitete dort mit einem Rasterelektronenmikroskop, das man nicht einfach in einen anderen Bau hätte transportieren können, so die Uni Bonn.
Die Mitarbeitenden vor Ort durften in der Zeit nur unter besonderen Auflagen ins Gebäude. Sie durften zum Beispiel eine bestimmte Aufenthaltszeit nicht überschreiten, „je nach jeweils gemessener PCB-Konzentration“, hatte Andreas Archut, Pressesprecher der Uni Bonn, auf Anfrage erklärt.
Nun wird aktuell der endgültige Abbruch vorbereitet. Der Rückbau ist in zwei Bauabschnitte unterteilt, erklärt ein BLB-Sprecher: die „Schadstoffsanierung“ und den „Mineralischen Abbruch“. Da das Gebäude aufgrund der Schadstoffe vorsichtig abgetragen werden müsse, würden sämtliche Schadstoffe fachgerecht entfernt und dann nachhaltig entsorgt. Dieser Bauabschnitt soll Anfang 2025 beginnen.
Sind die Schadstoffe beseitigt, folgt dann der tatsächliche Abbruch des Hochhauses „inklusive der oberirdischen und unterirdischen Gebäudeteile.“