PreiskampfBonner Taxizentrale sieht Existenz bedroht und macht Uber schwere Vorwürfe

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Wartende Taxis vor dem Bonner Hauptbahnhof.

Vor dem Bonner Hauptbahnhof warten Taxis auf Fahrgäste. Das dürfen Mietwagen theoretisch nicht.

Uber vermittelt seit einigen Jahren chauffierte Fahrten in Bonn und möchte Taxis ins Boot holen. Die Taxizentrale bleibt auf Abstand.

„Man sieht in Bonn mittlerweile mehr Mietwagen als Taxis“, erklärt Siwar Racho, Vorstand der Taxizentrale Bonn. Ihn stören die Fahrzeuge, die Taxi-ähnliche Dienste leisten und seiner Meinung nach Fahrgäste abwerben. Sie im Stadtbild zu sehen, ist für ihn ein Zeichen der Existenzbedrohung. „Die führen einen aggressiven Preiskampf, um die Taxis zu verdrängen. Dabei sind Taxis Teil des ÖPNV.“ 

Er meint damit das Dienstleister-Unternehmen Uber. Die Plattform bietet über eine App chauffierte Fahrten mit Mietwagen an. Der Preis wird vor Fahrtantritt angezeigt und liegt teilweise weit unter dem Taxi-Preis. Zudem ist in der App sichtbar, wer der Fahrer ist und welche Bewertungen andere Kunden hinterlassen haben. Die Mietwagen sind von außen nur an einer kleinen, blauen Nummer im Heck zu erkennen.

Aktuell würde Uber nicht nur Preisdumping betreiben, wie Racho klagt, sondern auch Wucher. Vor und nach dem Spiel Deutschland gegen Dänemark während der Europameisterschaft 2024 habe er die Preise in der Uber-App geprüft. Dabei wäre laut seiner Aussage der Preis in der App von seinem Startpunkt bis zum Signal Iduna Park in Dortmund 20 Prozent günstiger als der übliche Taxipreis gewesen. Nach dem Spiel sei der Preis für die Rückfahrt vom Stadion zurück um das Fünffache des durchschnittlichen Taxipreises erhöht worden.

Taxi in Bonn: Uber betreibt Preiskampf

Langfristig würden Fahrgäste aus seiner Sicht daher nicht weniger, sondern mehr zahlen. Er verweist auf die „Taxi Deutschland“-App, in der man – ähnlich wie in der Uber-App – ebenfalls den Fahrtpreis vorher sehen und online zahlen kann. 

Unsere Preise werden von der Behörde vorgegeben“, erklärt Racho. Der Taxipreis setze sich aus mehreren Faktoren zusammen: Es gebe einen Grundpreis für die Anfahrt und einen Preis pro gefahrenen Kilometer. Nachts und am Wochenende seien die Preise höher. Wartezeiten kämen hinzu. Nur im Falle eines Staus könnten für den Kunden zuvor nicht einkalkulierte Kosten entstehen. 

„Die stellen sich auf den Friedensplatz in Bonn, wo eigentlich nur Busse und Taxis fahren dürfen. Die stehen auch im Regierungsviertel und am Bahnhof.“ Da Uber eine Mietwagenvermittlung sei, müssten die Fahrer nach einer Fahrt zum Betriebshof zurückfahren. Sie dürften also nicht – beispielsweise an Verkehrsknotenpunkten – auf Kunden warten. „Das ist eine illegale Bereitstellung“. Laut Racho würden Uber-Fahrzeuge diese Regelung aber brechen und auch teilweise Taxi-Halteplätze besetzen. Die Standzeiten von Taxis hätten sich erhöht.

Uber in Bonn: Unternehmen möchte mit Taxifahrern zusammenarbeiten

Uber selbst sieht sich als „Technologie-Unternehmen für Mobilität“. Laut einem Pressesprecher von Uber Deutschland vermittelt die App zwischen Fahrgästen und den Fahrerinnen und Fahrern von lokalen Mietwagenfirmen. „Den ‚Uber-Fahrer‘ gibt es daher nicht“, sagt er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Mit welchen Mietwagenfirmen Uber in Bonn zusammenarbeitet, und wie viele das sind, möchte man uns „aus Wettbewerbsgründen“ nicht sagen. „Aber es sind unter anderem Chauffeurunternehmen dabei, die beispielsweise bei Messen Shuttles fahren.“ 

Zwei Personen schauen auf ein Smartphone, auf dem die Uber-App geöffnet ist. Im Hintergrund ein Fahrzeug mit Uber-Beschriftung.

Anhand der Uber-App können sich Nutzer wahlweise ein Uber oder ein Taxi rufen.

Uber arbeitet seit dem Vermittlungsstart in Bonn im Oktober 2021 auch mit Bonner Taxifahrern zusammen. Deutschlandweit sollen es 5000 Taxifahrer sein. Die Nutzenden können sich ein Taxi über die Uber-App buchen – zum Taxameter-Preis.

Aus der Sicht von Uber eine Win-win-Situation: Taxifahrer könnten sich über Uber etwas dazuverdienen, wenn ihre Auftragslage niedrig sei. „Wir haben bei Uber immer Fahrermangel – da freuen wir uns, wenn wir die Zusammenarbeit mit Taxifahrern ausbauen können.“ Eine Grundgebühr gebe es nicht, aber eine „Service-Gebühr“ pro vermittelter Fahrt. Diese betrage in den ersten 12 Monaten fünf, danach sieben Prozent.

Laut Sprecher seien es vor allem Taxizentralen, die mit Mietwagenvermittlungsplattformen ein Problem hätten – weil Uber genau diese Arbeit übernehme.

Für den Vorstand der Bonner Taxizentrale ein schwieriges Thema: „Die Fahrer unserer Taxizentrale Bonn sind freie Unternehmer und zahlen einen festen Monatsbeitrag. Warum sollten sie dann noch an Uber zahlen?“ 

Uber klagt über die Rückkehrpflicht

Zu dem Vorwurf, die Uber-Fahrer würden sich illegal bereitstellen, entgegnet der Sprecher von Uber, dass die Rückkehrpflicht bei Folgeaufträgen entfalle. Wenn sich während der Fahrt mit einem Gast zum Bahnhof ein weiterer Fahrgast meldet, darf der Uber-Fahrer also auch direkt jemanden mitnehmen. Er dürfe aber nicht, wie bei einem Taxi, vom Straßenrand herangewunken werden. Zwar sehe der Nutzer eine Darstellung von Fahrzeugen in der App, wie weit ein Uber vom eigenen Standort entfernt sein soll. Doch dabei werde laut Sprecher aus Datenschutzgründen nicht der echte Standort angezeigt. Die leeren Rückfahrten seien Pflicht – für das Unternehmen spräche diese Praxis gegen den Gedanken der Nachhaltigkeit. 

„Wir stellen durch aufwändige Prüfungen sicher, dass ausschließlich lizenzierte Unternehmen Fahrten über die Uber-App vermittelt bekommen“ erklärt der Sprecher zudem. Die Fahrten seien versichert, alle Fahrer bräuchten einen Personenbeförderungsschein, ein polizeiliches Führungszeugnis und müssten einen ärztlichen Test bestehen. Sollten Verstöße gegen geltendes Recht oder vertragliche Pflichten durch einzelne Fahrer oder von Seiten der Mietwagenfirmen entstehen, sehe sich Uber in der Position, Fahrer in der App zu sperren oder Verträge mit den Firmen aufzulösen.

Preise bei Uber steigen mit der Nachfrage – und sinken zeitgleich

Zum Vorwurf des zuvor genannten „Preisdumping“ entgegnet der Sprecher des Unternehmens, dass die Preisgestaltung bei Ubers Generalunternehmer „Safedriver Ennoo“ liege. Angebot und Nachfrage würden den Preis „dynamisch“ regeln: Bei erhöhter Nachfrage, wie beispielsweise an Silvester, falle der Preis für den Fahrgast höher aus. Sei die Gesamtauslastung des Unternehmens – bundesweit gesehen – hoch, könnte Uber aber auch besonders günstige Preise anbieten. 

Die Nutzung der App ist bisher kostenlos. Laut Nutzungsbedingungen behält sich das Unternehmen vor, eine Gebühr einzuführen. „Das ist aber bisher nicht geplant“ erklärt uns der Sprecher. Auch eine Erhöhung der Service-Gebühr für Taxifahrer sei bisher nicht beabsichtigt.