Bonn – In ihrem virtuellen Shop war manch verlockendes Angebot: Ob Paris, Barcelona, Brüssel oder Lausanne - Bahntickets mit diesen Zielen gab es zu extrem günstigen Preisen, einige sogar bis zu 50 Prozent billiger. Keine Frage, dass das nicht mit rechten Dingen zugehen konnte. Als Cyber-Crime-Fahnder dem kapitalen Fall auf die Spur kamen, stießen sie auf eine Gruppe von jungen Afrikanern, die die begehrten Fahrkarten im Zugverbindungs-Portal der Deutschen Bahn online bestellten, aber nie im Plan hatten, sie zu bezahlen. Mit abgefishten Kreditkartendaten, die sie sich auf entsprechenden Börsen im Netz besorgt haben sollen, bestellten sie insgesamt 1470 dieser Tickets. Der Schaden allein für die Deutsche Bahn beträgt - laut Anklage - 162 000 Euro.
Bandenmäßiger Betrug wird verhandelt
Vor dem Bonner Landgericht müssen sich seit Dienstag vier Männer im Alter zwischen 27 und 33 Jahren wegen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs verantworten. Allein vom Umfang mit 1600 angeklagten Fällen ein monströses Verfahren: Denn laut Anklageschrift der Spezialeinheit „Cyber Crime" der Staatsanwaltschaft Köln, die 8800 Seiten dick ist, soll das Quartett fünf Jahre lang in wechselnden Besetzungen unrechtmäßig im Netz eingekauft haben. Neben den lukrativen Bahnticketbestellungen en gros - nur in zwei Fällen erkannte das Online-Portal der DB eine illegale Kreditkarte - sollen die Angeklagten mit den unechten Daten auch bei Online-Versandhäusern hochwertige Elektronikartikel sowie Kleidung, Schmuck oder Lebensmittel im Wert von 48 000 Euro bestellt haben.
Paketzusteller abgefangen
Für die Entgegennahme der Ware suchten sich die drei Kameruner und ein Kasache bundesweit echte Adressen im Telefonbuch aus, fuhren mit den zum Nulltarif abgeschöpften Bahntickets zu den Zielorten und versuchten - meist erfolgreich - die Paketzusteller abzufangen. Da die Versandwege im Internet nachzuverfolgen sind, war das keine logistische Herausforderung. Probleme gab es hin und wieder nur, wenn Zusteller misstrauisch wurden. Oder der Postmann doch schneller war als die Angeklagten und - da Name und Adresse nicht übereinstimmten - die Pakete bereits retour geschickt hatte.
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Der dritte angeklagte Betrugskomplex sind Hotelbuchungen bundesweit - Mönchengladbach, Saarbrücken oder Trier beispielsweise -, die sie verschenkten oder auch als Standorte für ihre betrügerischen Tourneen genutzt haben: Manchmal sollen sie die Online-Päckchen als Pensionsgäste entgegen genommen und manipulierte Ausweisdokumente vorgelegt haben. Allein einer der Angeklagten soll mit 43 Emailadressen - und entsprechend vielen Aliasnamen operiert haben.Den Schaden insgesamt beziffert der ermittelnde Staatanwalt Gregory Skavron mit 205 592 Euro.