Mutter mit Kissen ersticktÖffentlichkeit von Prozess gegen Tochter ausgeschlossen
Bonn/Königswinter – Unter der Kapuze des hellgrauen Sweaters hatte sie ihren Kopf tief vergraben, als die 22-Jährige am Dienstag mit Handschellen in den Bonner Schwurgerichtssaal gebracht wurde. Ihre Verteidigerin holte sie an der Tür ab – und begleitete die junge Frau den langen Weg, an zahlreichen Kameras vorbei, zur Anklagebank. Ihr furchtbares Schluchzen unter der Kopfbedeckung war deutlich zu hören.
Fünf Minuten später wurde ihre mitangeklagte Freundin gebracht: Die 15-Jährige lehnte sich wie erstarrt an den Türrahmen, schaute forsch in die Kameras und ließ sich ungeschützt ablichten, während eine Wachmeisterin ihre Handschellen löste.
Den beiden jungen Frauen wird gemeinschaftlicher Totschlag vorgeworfen. In den Weihnachtstagen 2020 sollen sie in Königswinter die 48-jährige Mutter der 22-Jährigen in ihrem Bett mit einem Kissen erstickt haben.
Das spektakuläre Verfahren um den gewaltsamen Tod der schwerkranken Mutter ging am Dienstag – jedenfalls für die Öffentlichkeit – schnell zu Ende: Denn die Verteidigerin der Jüngeren, Carolin Warner, hatte noch vor Prozessstart beantragt, die Öffentlichkeit für das gesamte Verfahren auszuschließen. Wegen des großen medialen Interesses an dem aufsehenerregenden Fall – nicht zuletzt wegen des jungen Alters der Angeklagten – müsse die 15-Jährige vor Stigmatisierung und auch Bloßstellung geschützt werden, hieß es im Antrag. Auch für die Wahrheitsfindung wäre der Ausschluss von neugierigen Blicken wichtig.
Landgericht Bonn: Zum Schutz der Privatsphäre Öffentlichkeit ausgeschlossen
30 Minuten später gab die 8. Große Strafkammer dem Antrag statt: Das Interesse der Öffentlichkeit, den Prozess mitzuverfolgen, müsse zum Schutz der Privatsphäre der jugendlichen Angeklagten zurückstehen, hieß es im Beschluss. Nicht zuletzt wegen der Lebensbiographie der 15-Jährigen, die laut psychiatrischem Gutachten „nicht unproblematisch“ sein soll. Damit schlossen sich die Türen zum Schwurgerichtssaal – für das gesamte Verfahren.
Erst jetzt konnte der Staatsanwalt die Anklage verlesen: Demnach soll es am zweiten Weihnachtsfeiertag zu einem heftigen Streit zwischen der Tochter und ihrer todkranken, bettlägerigen Mutter gekommen sein. Die ehemalige Krankenschwester hatte abgelehnt, dass die jüngere Freundin in der Nacht zum 26. Dezember in ihrer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in dem Bergdorf Quirrenbach übernachtet.
Als die beiden Angeklagten ein Kissen auf das Gesicht der Mutter legten, brauchte es nicht viel, um ihren Tod herbeizuführen. Denn die 48-Jährige, die seit Jahren ausschließlich von ihrer einzigen Tochter gepflegt wurde, wog nur noch 35 Kilo und überstand den Schmerz nur noch mit Medikamenten und Opiaten.
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Anstatt einen Notarzt zu holen, lebten die beiden Freundinnen drei Tage lang mit der toten Frau unter einem Dach, bis sie einen Plan entwickelten, die Leiche wegzuschaffen: Dafür hatten sie –laut Anklage – den 17-jährigen Freund der Jüngeren um Hilfe gebeten, der zwar keinen Führerschein, aber wohl einige Fahrpraxis hat. Der gemeinsame Plan des Trios: Die Tote sollte in den Rhein bei Bad Honnef geworfen werden.
Aber der Leichen-Transport im Kofferraum des abgemeldeten PKW der Mutter endete bereits nach wenigen hundert Metern mit einer Panne. Das fluchtartig verlassene Auto wurde abgeschleppt: Erst acht Tage später bemerkte ein Mitarbeiter des Abschleppunternehmens einen unangenehmen Geruch. Am 5. Januar entdeckten Polizisten schließlich die Leiche im Kofferraum. Die Tochter geriet schnell in Verdacht. Sie soll bereits im Vorfeld des Prozesses die Tat gestanden haben.
Der 17-Jährige, der damals keinen Führerschein besaß, sitzt seit Dienstag ebenfalls auf der Anklagebank, wenn auch das Scheinwerferlicht ihn nicht so traf: Der Jugendliche, der nicht in Haft ist, war fast unbemerkt in den Gerichtssaal gekommen. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft Strafvereitelung sowie Fahren ohne Fahrerlaubnis vor.
Für den Prozess sind weitere sieben Verhandlungstage terminiert, ein Urteil soll Ende August fallen.