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BerufWie ein gelernter Landwirt den Quereinstieg als Lokführer in Rhein-Sieg meistert

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann blickt aus dem Fenster eines Zuges.

Daniel Sandhöfer aus Sankt Augustin ist im zweiten Lehrjahr seines Traumberufs als Lokführer.

Quereinsteiger sollen Personalnöte der Bahn lindern. Wir haben einen gelernten Landwirt und einen Lehramtsstudenten im Führerstand besucht.

Sie sind heiß begehrt bei ihren Arbeitgebern, vor allem aber bei ihren Kunden. Ohne Lok- und Triebzugführer rollt auch auf der Siegtalstrecke kein Rad. S-Bahnen und Regionalexpress bleiben ohne sie in den Depots.

Nikos Helbling ist einer der Lokführer, die vom Bahnhof Windeck-Au S12 und S19 bedienen. Der gelernte Landwirt und Werkzeugmacher ist Quereinsteiger bei der Deutschen Bahn. Daniel Sandhöfer aus Sankt Augustin fährt im zweiten Lehrjahr dem Abschluss entgegen.

„Für mich war das nicht der Traumjob meiner Kindheit“, räumt Helbling ein. In der Schweiz geboren, erlernte er nach der Schule zunächst den Beruf des Landwirts. Ohne eigenen Hof seien die Aussichten allerdings nicht rosig gewesen.

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„Ich habe in wechselnden Berufen gearbeitet und zuletzt eine Ausbildung zum Werkzeugmacher absolviert.“ In der Industrie sei er „gar nicht glücklich gewesen“. Schließlich habe er die letzte Stelle verloren, als die Firma Insolvenz anmelden musste.

Gelernter Landwirt ist mittlerweile Lokführer aus Überzeugung

Ein Werbespot der Bahn habe ihn und seine Frau 2020 angesprochen. „Wir saßen zuhause auf dem Sofa“, erinnert sich Helbling. Von 500 möglichen Berufen sei die Rede gewesen. „Lokführer stand zunächst nicht ganz oben auf der Liste. Außerdem brauchte ich Bedenkzeit.“

Ein Mann sitzt im Führerstand eines Zuges.

Erst Landwirt, dann Werkzeugmacher: Lokführer ist bereits der dritte Beruf für Nikos Helbling.

Nach rund drei Jahren, davon neun Monaten Ausbildung bei der Bahn, ist Nikos Helbling Lokführer aus Überzeugung. „Quereinstieg ist hart“, beschreibt er. Einige Kollegen hätten aufgegeben, manche erst beim Einstieg in den Alltag auf der Schiene. „Das ist schon eine Riesenverantwortung.“

Der Tag beginnt und endet für Helbing, der im rheinland-pfälzischen Asbach wohnt, in Windeck-Au. Die Deutsche Bahn setzt von dort Lokführer ein. Manchmal geht es um 3.25 Uhr los. „Die Einsatzpläne sind akribisch. Da ist jeder Fußweg eingerechnet“, erzählt er. Schließlich soll auch fürs Personal der DB jeder Anschluss passen.

Quereinsteiger findet Landschaft auf der Strecke hinter Hennef reizvoll

Unterwegs ist Nikos Helbling auf den Führerständen der Triebzug-Baureihen 420 und 423. Die ältere war ursprünglich für die Olympischen Spiele 1972 in München konzipiert worden. Jetzt fährt sie fast nur noch im Rheinland. Die jüngere stammt von 1998. Helbling hat gelernt, sie nicht nur zu steuern, sondern unterwegs auch kleinere Störungen zu beheben.

Einmal den Regionalexpress durchs Siegtal bis nach Siegen zu fahren würde ihn auch reizen. Bei der Rangfolge der Lokführer bei DB Regio-NRW, die am stromsparendsten fahren, ist er aktuell auf Platz fünf. „Vor drei Monaten wars Rang zwei.“ Bei allem Anreiz bleibe es aber stets bei der strikten Reihenfolge der Prioritäten: „Sicherheit, Pünktlichkeit, Wirtschaftlichkeit“, unterstreicht der Lokführer.

An der Strecke zwischen Düren beziehungsweise Horrem und Au schätzt der Asbacher vor allem den Abschnitt der Oberen Sieg. Hinter Hennef werde die Landschaft besonders reizvoll. Als besondere Herausforderungen bewertet er die vielen Bahnübergänge im ländlichen Raum.

Dass er ab und an von Fahrgästen den Ärger für Verspätungen abbekommt, findet Helbling ein wenig unfair. Wenn seine S-Bahn mit einem auf die Gleise geschobenen Einkaufswagen kollidiere oder Fußgänger auf der Kölner Hohenzollernbrücke die gesamte Siegstrecke blockierten, sei er am wenigsten verantwortlich.

Lehramtsstudent aus Sankt Augustin macht Ausbildung zum Eisenbahner

Noch nicht allein auf der Strecke ist Daniel Sandhöfer. Auch der Sankt Augustiner ist über einen kleinen Umweg bei der Deutschen Bahn gelandet. Nach dem Abitur hatte der heute 26-Jährige zunächst ein Lehramtsstudium begonnen. Der Kindheitstraum vom Lokführer ließ ihn aber nicht los.

Jetzt will er EiB, „Eisenbahner im Betriebsdienst“, werden und fährt im zweiten von drei Lehrjahren als zweiter Mann auf dem Führerstand einer S-Bahn durchs Siegtal. „Die Begeisterung ist noch immer da“, erzählt er. Dass Quereinsteiger bei der Deutschen Bahn keine Ausnahme sind, bestätigt Bahnsprecher Dirk Pohlmann. „Da gibt es beispielsweise ehemalige Bäcker oder Aldi-Filialleiter. Auch über 50-Jährige sind dabei. Wir machen gute Erfahrungen, weil die Leute wissen, was sie wollen.“

Quereinsteiger erhalten bei der Bahn vom ersten Tag an Tarifgehalt

Die Quereinsteiger werden vom ersten Tag an nach Tarif, beinahe so gut wie fertige Lok- und Triebfahrzeugführer bezahlt. Reguläre Auszubildende bekommen das entsprechende Gehalt erst nach erfolgreicher Prüfung.

Aktuell bilde die Bahn in Nordrhein-Westfalen 225 Lokführer auf regulärem Weg in drei Jahren aus. Rund 100 Quereinsteiger seien in der neun Monate währenden Ausbildung. Ebensoviele wurden im ersten Quartal in NRW eingestellt. Aber Pohlmann betont: „Wir müssen trotzdem echt kämpfen.“