Rhein-Sieg-Kreis – An der Sieg halten sich wieder drei oder vier Biber auf. Das berichten jetzt Experten wie Ute Köhler vom BUND und Klaus Weddeling von der Biologischen Station des Kreises. Nachdem erste Fraßspuren des großen Nagers vor drei Jahren gefunden wurden, geht man jetzt davon aus, dass er heimisch geworden ist. Typische Hinweise wurden an immer mehr Stellen gefunden.
Denn sie könnten überall hin, wo sich Gewässer anbieten, schildert die Naturschützerin. Die größten semiaquatischen (sowohl an Land als auch im Wasser lebenden) einheimischen Säugetiere wurden früher hemmungslos vom Menschen verfolgt. Begehrt war vor allem ihr dichter Pelz. Auch ihr Fleisch, vor allem der Schwanz, war beliebt, nachdem die Kirche diesen zum „fischigen Teil des Tiers“ und zur idealen Fastenspeise erklärte. Seinem öligen Drüsensekret, bekannt als Bibergeil, schrieb man im Mittelalter Wunderkräfte zu, die Damenwelt schätzte es als Parfüm. Als Heilmittel gegen Nervenkrankheiten und sogar als Aphrodisiakum war das Sekret begehrt.
„Biber sind das Beste, was einem Gewässer passieren kann“
Die natürlichen Lebensräume der Tiere wurden immer weiter zerstört. Erst vor 40 Jahren wurden wieder die ersten Biber in Düren ausgewildert, danach in der Eifel. Inzwischen trügen die jahrzehntelangen Bemühungen des Naturschutzes Früchte, stellt Klaus Weddeling fest. Die Tiere gelten als naturnahe Landschaftsbauer und schaffen Lebensräume für viele andere Arten.
„Biber sind das Beste, was einem Gewässer passieren kann“, sagt Dr. Lutz Dalbeck, Biologe und Biberexperte von der Biologischen Station Düren. Mit ihren 15 Millionen Jahren Erfahrung im Wasserbau sorgen sie für Strukturen, die den ökologischen Zustand der Gewässer verbessern, wie Totholz und das Zurückhalten von Sedimenten oder Nährstoffen.
Biber schwächen Hochwasser ab und schaffen Lebensraum für seltene und bedrohte Tiere wie Libellen und Amphibien. Biberdämme sorgen für eine deutliche höhere biologische Selbstreinigungskraft von Bächen und Flüssen und bieten vielen Fischarten Winterquartiere.
Dalbeck hält aber ein Konfliktmanagement für notwendig. Denn die Biber haben Feinde, weil sie Bäume fällen. Sie nagen Obstbäume ab oder kommen in ufernahe Gärten, setzen schon mal Äcker unter Wasser oder lassen Fischteiche auslaufen. Trotzdem genießen sie den größtmöglichen Schutz in NRW. Man darf noch nicht mal einen ihrer Dämme einreißen, dann macht man sich strafbar.
Fakten zum Biber
Ausgestorben: vor 150 Jahren
Zurückgekehrt: 2018
Größe: bis zu 1,20 Meter lang inklusive Schwanz
Gewicht: bis zu 35 Kilogramm
Höchstalter: bis zu 30 Jahre
Lebensweise: Einehe und mit Familie, bei der die Jungtiere bis zu zwei Jahre alt sind. Nach drei Jahren werden die geschlechtsreif.
Nahrung: Vegetarier, ernährt sich von Wasserpflanzen, Laub und frischen Baumtrieben (Pappeln, Weiden oder Birken), verschmäht aber auch in Gewässernähe angebaute Zuckerrüben und Maiskolben nicht werden. In vegetationsarmer Zeit frisst er Baumrinden und Zweige.
Lebensraum: Mit gefällten Bäumen staut er Gewässer auf bis zu 80 Zentimeter Tiefe und baut darin Burgen, deren Eingänge immer unter Wasser liegen, oder er höhlt Wohnröhren in Böschungen aus.
Feinde: Menschen, ihre Autos und streunende Hunde. Über die Hälfte der tot aufgefunden Biber wurden Verkehrsopfer, ein Drittel von Wölfen aufgefressen.
Besonderheiten: Sehr scheu, nacht- und dämmerungsaktiv, sieht schlecht, hat aber eine feine Nase. Mit seinen orangegelben, großen Scheidezähnen, die ständig nachwachsen, kann er in einer Nacht Bäume mit einem halben Meter Durchmesser fällen. Sein breiter, abgeflachter Schwanz, auch „Kelle“ genannt, dient als Antriebsruder und Steuer. Biber sind ausgezeichnete Schwimmer und besitzen Schwimmhäute zwischen den Zehen. Sie können bis zu 20 Minuten tauchen. (rö)