Leichte Sprache aus HennefSatz für Satz verständlich mit System
- Amtssprache is nicht immer einfach zu verstehen. Umso praktischer also, dass die Stadt Hennef dem entgegenwirkt.
- Vor allem Menschen mit Leseschwäche sollen so auch problemlos den Sinn hinter komplexeren Texten begreifen.
- Stadtsprecher Dominique Müller-Grote erklärt, was es mit der Leichten Sprache auf sich hat.
Hennef – Aufzüge, Rampen und automatisch öffnende Türen tragen zur Barrierefreiheit bei. Unüberwindliche Stufen im übertragenen Sinne hat für viele Menschen aber auch die Sprache. Mit Leichter Sprache versucht die Stadt Hennef auf ihren Internetseiten, den Betroffenen zu helfen. „Hennef ist eine Stadt im Rhein-Land. Hennef liegt in der Nähe von Bonn und Köln. Das Zentrum von Hennef ist direkt an einem Fluss. Der Fluss heißt Sieg.“
Das ist ein Beispiel für einen Text in Leichter Sprache, verfasst von Dominique Müller-Grote. Der Stadtsprecher und Kulturamtsleiter hat einen Lehrgang der „Lebenshilfe“ in Bremen besucht und mit einer Prüfung abgeschlossen.
Keine bildlichen Begriffe
„Leichte Sprache hat im Gegensatz zur einfachen Sprache ein geregeltes System“, erklärt er. Die Sätze sind kurz, durch Absätze voneinander getrennt und enthalten immer nur einen Gedanken. Lange Wörter werden vermieden, bei zusammengesetzten Hauptwörtern wie Bürgermeister wird ein Bindestrich gesetzt: Bürger-Meister. Auch Passivkonstruktionen, Abkürzungen, der Genitiv sowie Verneinungen mit den Wörtern „nicht“ und „kein“ verbieten sich wegen ihrer schwierigen Verständlichkeit. Wer sich in Leichter Sprache ausdrücken will, sollte wegen der Doppeldeutigkeit außerdem auf bildliche Ausdrücke verzichten. „Ausräumen“, so Müller-Grote, könnte in Zusammenhang mit Problemen oder Zweifeln missverstanden werden, weil der Leser an das Ausräumen etwa eines Schranks denkt.
Müller-Grote nennt Zahlen aus einer aktuellen Studie, nach der 12,1 Prozent aller erwachsenen Deutschen im Alter von 18 bis 64 Jahren über eine geringe Lese- und Schreibkompetenz verfügen. 3,4 Prozent beherrschen zwar einzelne Wörter, scheitern aber an Sätzen. 8,1 Prozent können Sätze lesen und schreiben, sind aber auf der Ebene zusammenhängender Texte hilflos. Weitere 20,5 Prozent haben Rechtschreibprobleme. Nur 67,5 Prozent der 18- bis 64-jährigen Deutschen erreicht ein höheres Niveau.
Beispiel aus der Hundesteuersatzung
Im Original: Alle in einem Haushalt aufgenommenen Hunde gelten als von den Haushaltsangehörigen gemeinsam gehalten. Ein zugelaufener Hund gilt als aufgenommen, wenn er nicht innerhalb von zwei Wochen beim Ordnungsamt der Stadt Hennef (Sieg) gemeldet und bei einer von diesem bestimmten Stelle abgegeben wird. Als Hundehalter gilt auch, wer einen Hund in Pflege oder Verwahrung genommen hat oder auf Probe oder zum Anlernen hält, wenn er nicht nachweisen kann, dass der Hund in einer anderen Gemeinde/Stadt der Bundesrepublik bereits versteuert wird oder von der Steuer befreit ist. Die Steuerpflicht tritt in jedem Fall ein, wenn die Pflege, Verwahrung oder die Haltung auf Probe oder zum Anlernen den Zeitraum von zwei Monaten überschreitet.“
In Leichter Sprache: Die Hunde-Steuer-Satzung sagt: Wenn man in Hennef einen Hund hat, muss man Steuer bezahlen. Wenn man einen Hund bei sich zuhause hat, dann ist man ein Hundehalter. Wenn man einen fremden Hund findet, ist man kein Hundehalter. Man muss dann der Stadt sagen: Ich habe einen Hund gefunden. Dafür hat man 2 Wochen Zeit. Die Stadt sagt dann, wohin man den Hund bringen muss. Sagt man der Stadt nichts, dann ist man nach 2 Wochen Hundehalter von dem Hund. Dann muss man Steuer bezahlen. Hundehalter ist man auch, wenn man einen Hund zur Pflege hat, wenn man einen Hund auf Probe hat. Man muss für solche Hunde aber keine Steuer bezahlen, wenn ein anderer woanders schon die Steuer bezahlt. Aber Vorsicht: Wenn man so einen Hund länger als 2 Monate hat, muss man auf jeden Fall Steuer zahlen.“ (kh)
Müller-Grote hat neben Menschen mit kognitiven Einschränkungen jene im Blick, die vorübergehend auf Leichte Sprache angewiesen sind, etwa Patienten nach einem Schlaganfall oder Migranten, die Deutsch lernen wollen. Betreuer von Menschen mit geistiger Behinderung können ebenso profitieren. Auch andere Kommunen, der Rhein-Sieg-Kreis und das Amtsgericht haben bereits Texte in Leichter Sprache formuliert. Im Behindertengleichstellungsgesetz für NRW stehen Soll-Vorschriften für die Träger öffentlicher Belange. In Hennef zählt das Angebot zum Ende 2017 verabschiedeten Aktionsplan Inklusion. „Es geht darum, alle Menschen so zu informieren, dass sie ihren Alltag bewältigen und am öffentlichen Leben teilnehmen können“, sagt Müller-Grote. Freilich ist nur ein Bruchteil der Texte auf den städtischen Internetseiten in Leichte Sprache „übersetzt“. Schwierig wird es bei komplexen Zusammenhängen. So ließe sich zwar der Zweck eines Flächennutzungsplans mit einfachen Begriffen beschreiben, was jedoch weitere Erklärungen erfordere.
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Im Hennefer Rathaus arbeitet Dominique Müller-Grote darauf hin, dass möglichst viele Kollegen, die zu veröffentlichende Texte schreiben, an eine Leichte-Sprache-Version denken. Dazu gibt er Seminare mit Regelkunde und praktischen Übungen (siehe Info-Kasten oben).