Hennef – „Ich finde es bemerkenswert, dass du in deinem Alter noch so einen Schritt machst“ – so kommentierte die 14-jährige Luisa den Wechsel ihres Vaters Mirko Bäumer von der erfolgreichen Coverband The Queen Kings zur kölschen Legende Bläck Fööss.
„Wie? In meinem Alter?“ Der 47-Jährige ist über den Spruch seiner jüngsten Tochter noch immer ein wenig baff. Schließlich wird er den Altersdurchschnitt der Fööss (Bömmel Lückerath ist mit 66 Jahren der jüngste, Hartmut Priess mit 73 der älteste) deutlich senken, wenn er zum 1. Januar 2017 offiziell Kafi Biermann (69) als Sänger ablöst.
Nachgedacht hat er über sein Alter aber auch selber schon. Ihm sei klar gewesen, dass seine Rolle als quirliger Frontmann bei den Queen Kings nicht ewig durchzuhalten sei. „Freddie Mercury war der schlanke, dynamische Entertainer.“ Zwar war da mal was mit der Bandscheibe, aber die 110 Konzerte, die er mit seiner Queen-Coverband pro Jahr absolviert, schafft er noch locker, „auch stimmlich. „Ich habe es immer vor mir hergeschoben, dass ich mal einen Plan B brauchen werde. Ich dachte immer, die Antwort kommt schon.“
Kam sie auch – nach einer kurzen Nacht mit wenig Schlaf. „Ich bin um vier Uhr morgens aus Bochum nach Hause gekommen, wo ich mit Pamela Falcon aufgetreten bin, und am Morgen klingelt das Telefon“, erinnert sich Bäumer. Fööss-Keyboarder Andreas Wegener war am Apparat, den er von Coverband-Festivals her kannte. Alarmstufe Rot: Kafi Biermann war krank, drei Konzerte in Königswinter und Troisdorf standen an. Ob Mirko singen könne? Klar. Was?
„Mit den Lustigen Musikanten hatte ich schon das Veedel gespielt“, erzählt er. Doch die anderen Lieder, die er vorschlug, überraschten selbst die kölsche Kultband: „Putschblos“ und „Himmelfahrt“. „Meine Eltern hatten eine Fööss-Kassette, die habe ich früher rauf und runter gehört.“
Dass aus der Vertretung, die auf etliche Auftritte in der Session ausgedehnt wurde, mehr werden könnte, das hatte er nicht gedacht: „Ich wusste nicht, dass Kafi ans Aufhören denkt.“ Erst recht nicht, dass die Mutter aller Kölschbands sich einen neuen Sänger suchen könnte, „der nicht mal aus Köln kommt und den man bei der kölschen Aussprache korrigieren muss“. Auf der Bühne und vor allen Dingen auf den Fahrten von Auftritt zu Auftritt, da merkten die Musiker, dass die Chemie stimmt. „Er passt menschlich zu uns“, sagt Bömmel Lückerath (66).
Trotzdem merkte der Hennefer Lokalmatador schnell, dass er für Auftritte mit einer Institution wie den Bläck Fööss noch einiges zu lernen hat. „Bei den Queen Kings gehört mir die Bühne.“ Bei den Bläck Fööss „muss ich eher mal zurücktreten.“
Grinsen muss er immer noch über einen Auftritt im Karneval, als Erry Stoklosa das „Bickendorfer Büdchen“ sang, und Mirko nicht so recht wusste, wohin mit sich. „Da habe ich dem Keyboarder mit der Rassel auf den Hintern gehauen – und musste mich belehren lassen, dass das nun gar nicht geht.“ Eigentlich auch klar, findet er: „Der Fokus soll ja auf Erry liegen, der singt!“ Gehadert hat er mit dem Wechsel von den Queen Kings, die nun einen neuen Frontmann suchen, zu den Bläck Fööss nicht. „Klar, musikalisch ist das was anderes. Aber letztendlich musst du als Sänger dafür sorgen, dass die Leute Spaß haben!“ Schwerer war es für ihn schon, den Ausstieg den Fans zu erklären. Die Reaktionen auf seine schriftliche Erklärung im Internet erschreckten ihn. „Ich habe mir wahrscheinlich zu viele Gedanken gemacht. Je mehr man von sich preisgibt, desto mehr hauen die Leute drauf. Es gibt Meinungsfreiheit, aber was da auf Facebook passiert, das ist zum Teil menschenverachtend.“ Laufen hilft in solchen Momenten, genau wie auch vor Auftritten: „Da gehe ich gerne joggen, zum Durchlüften“.
Mittelmäßig im Mittelfeld
Früher spielte er noch Fußball, bei TuRa Hennef, bis zur B-Jugend: „Ich war Mittelfeld – und mittelmäßig.“ Wobei: Ein legendäres Tor schoss er dann doch – in der Begegnung Hennef gegen Kölsch Büllesbach, die 24:1 endete. Wie der kleine Bäumer da die Pille trat – unhaltbar. Dummerweise ein Rückpass – und ein Eigentor. „Am Ende des Jahres wollte mich Kölsch Büllesbach zum Torschützenkönig machen.“
1987 feierte Mirko Bäumer seine ersten Erfolge in der Musik mit der Deutschrock-Formation Soweit – Sogut. „In Hennef waren wir ne echte Nummer!“ Im mit 600 bis 800 Leuten proppevollen Saal Wolters in Bröl spielte die Band, die Lieder kann Bäumer immer noch: „Rüdiger, der Spanner – wenn er sonst nichts kann, das kann er“. Auch die Band Hausmarke, die sich aus dem Personal des Lokals Poco Loco in Hennef rekrutierte, avancierte zur Kultband in der Region. Und Bäumer, der zunächst Mathe und Pädagogik studierte („Ich gebe immer noch Nachhilfe in Mathematik!“) und danach als Grafiker arbeitete, merkte schnell: So ein normaler Job, der liegt ihm nicht.
Mit Sascha Sadeghian und Achim Remling, dem Sohn von Wolfgang Petry, gründete er Trade Mark. Das Trio spielte im Vorprogramm von Wolfgang Petry in Berlin vor 70 000 Menschen, absolvierte eine Tour durch Asien und Afrika als Support von Westlife.
Da war Bäumer schon verheiratet und hatte seine erste Tochter Marie, die jetzt 18 ist und gerade Abitur macht. „Während der Tour hat sie gerade laufen gelernt, das habe ich verpasst.“
Aber eigentlich, findet er, passt Musiker und Familienvater sein gut zusammen: „Ich bringe die Kinder zur Schule, ich koche – heute Kartoffelpüree und Kohl mit Fischstäbchen. Meinen Kindern schmeckt’s.“